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LAG Sachsen: 4 Gründe ein Auskunftsverlangen abzulehnen

LAG Sachsen: 4 Gründe ein Auskunftsverlangen abzulehnen

Nachdem in der letzten Entscheidung des BGH zum Umfang des Auskunftsanspruch, eine weite Auslegung angenommen wurde, hat sich das LAG Sachsen mit den Ablehnungsgründen gegen den Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO in einem aktuellen Urteil auseinandergesetzt.

Was war passiert?

Die Parteien stritten um Boni, Auskunftsrecht, Urlaubsabgeltung sowie Arbeitsvergütung für Wochenendarbeit. Der Kläger verlangte Auskunft nach Art. 15 DSGVO vom Beklagten und stellte fest, dass dazu auch Daten gehören würden, aus denen sich unmittelbar die Arbeitszeit (die streitig war) ergebe. Der Beklagte verweigerte die Auskunft mit dem Verweis darauf, dass es dem Kläger lediglich darum gehen würde, sich Beweise für den laufenden Prozess zu verschaffen. Der Beklagte forderte den Kläger auf seinen Anspruch weiter zu konkretisieren, in Bezug auf Zweck, der mit dem Auskunftsantrag verfolgt wird, sowie bestimmte Verarbeitungszwecke, Zeiträume bzw. Datenkategorien zu nennen.

Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO

Der Auskunftsanspruch gewährt ein Auskunftsrecht sowie einen Anspruch auf Überlassung von Kopien. Dieser Anspruch ist nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO innerhalb von einem 1 Monat zu erfüllen und ist als Bringschuld ausgestaltet. Der Anspruch bezieht sich auf personenbezogene Daten. Der Begriff ist in Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 DSGVO geregelt und beinhaltet „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen“.

Umfang des Auskunftsanspruchs

Der Umfang des Auskunftsanspruch ist noch nicht abschließend geklärt. Das letzte Urteil des BGH zum Auskunftsanspruch verstand den Anspruch als sehr weit und zählte zum Umfang auch interne Dokumente und bereits erhaltene Korrespondenz zwischen den Parteien. Zuvor waren die großen Erwartungen an ein wegweisendes Urteil nicht erfüllt worden. Der BGH äußerte sich nicht zum Umfang des Auskunftsanspruch, da er die Klage aus prozessualen Gründen abwies.

Ablehnungsgründe gegen einen Auskunftsanspruch

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden (22.01.2020 – 10 Ca 1523/19) wurde durch das LAG Sachsen (Urt. v. 17.2.2021 – 2 Sa 63/20) abgelehnt. Das LAG nennt bei seiner Entscheidung vier Gründe, weswegen ein Auskunftsanspruch verweigert werden kann.

Bestimmtheit, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO

Im gerichtlichen Verfahren müsse der Auskunftsanspruch den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen, also der Bestimmtheit. Die klageweise Durchsetzung des Auskunftsanspruchs erfordere demnach einen Grund sowie die Angabe eines bestimmten Gegenstandes. Die ledigliche Wiedergabe des Wortlauts von Art. 15 Abs. 1 DSGVO genüge hingegen nicht, so das LAG Sachsen.

„§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verlangt für eine Klage u.a. auch die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs.

Davon entfernen sich die Anträge hier. Sie werden im Wesentlichen begründungslos lediglich in den Raum gestellt und es wird sich auf das Auskunftsrecht aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO unter Wiedergabe des Gesetzeswortlauts bezogen.

Mit Ausnahme des Kontexts zu Überstunden fehlt ein konkreter Sachverhalt bzw. ein konkreter Lebensvorgang, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge abzuleiten gedenkt.“

Funktionswidriges Auskunftsverlangen

Weiter dürfe der Auskunftsanspruch nicht funktionswidrig sein. Ziel der DSGVO sei der Schutz von natürlichen Personen bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten sowie der freie Verkehr solcher Daten. Es ginge dem Kläger im vorliegenden Fall jedoch nicht um Ziele, die die DSGVO schützt, sondern um die Vorbereitung eines  Anspruchsbegehrens gegen den Beklagten.

„Zweck des Auskunftsrechts aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO ist es nicht, den Kläger über seine Arbeitszeiten zu beauskunften, welchen Kontext er aber mehrfach herstellt.

Das ist weder Gegenstand noch Ziel der DSGVO. Diese Verordnung enthält Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten. Sie schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO). Dies wird in Kapitel 3 (Rechte der betroffenen Personen) konkretisiert.

Abschnitt 2 regelt die Informationspflicht und das Recht auf Auskunft zu personenbezogenen Daten. Nach Abschnitt 3 (Berichtigung und Löschung) geht es dann um das Recht auf Berichtigung, das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“), das Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, die Mitteilungspflicht im Zusammenhang mit der Berichtigung und Löschung personenbezogener Daten oder der Einschränkung der Verarbeitung sowie das Recht auf Datenübertragbarkeit (Art. 16 bis Art. 20 DSGVO).

Um all dies geht es dem Kläger nicht. Er beansprucht gerade weder Berichtigung noch Löschung, sondern sucht – funktionswidrig – Auskunft zu Daten, die er zur Vorbereitung eines Anspruchsbegehrens unverändert und vollständig benötigt.“

Präzisierung, Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO

Das Auskunftsersuchen müsse nach Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO präzisiert werden. Es müsse deutlich werden, auf welche Informationen sich der Auskunftsanspruch beziehe.

„Ungeachtet des mehrfachen Verlangens der Beklagten hat der Kläger auch nicht präzisiert, auf welche Informationen oder welche Verarbeitungsvorgänge sich sein Auskunftsersuchen bezieht, bevor sie Auskunft erteilt (Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO).“

Exzessive Anträge, Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b DSGVO

Es dürfe auch kein exzessiver Antrag nach Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b DSGVO vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Anspruch missbräuchlich genutzt wird. Hierzu gehört zum einen der offensichtlich unbegründete Antrag und zum anderen der rechtsmissbräuchliche Antrag, als Beispiel wird in Art. 12 Abs. 5 DSGVO die häufige Wiederholung eines Antrags genannt.

„Das Begehren des Klägers erscheint auch exzessiv, was die Beklagte zur Weigerung berechtigt, aufgrund der Anträge tätig zu werden (Art. 12 Abs. 5 Satz 2 lit. b DSGVO).

Maßgebend für diese Annahme ist der Umstand, dass der Kläger in der Tat das Auskunftsverlangen in den Zusammenhang mit einer begehrten Zahlung über 110.000,00 € gestellt und es erst rechtshängig gemacht hat, nachdem die Beklagte seinen Vorstellungen nicht entsprochen und er zudem auf den erheblichen aus der Beauskunftung resultierenden Arbeitsaufwand hingewiesen hatte.“

Was gehört nun zum Umfang des Auskunftsanspruch?

Der Umfang des Auskunftsanspruch bleibt ein umstrittenes Thema. Es ist fraglich, ob sich das Urteil des LAG Sachsen in der zukünftigen Rechtsprechung verfängt. Es handelt sich schließlich nicht um ein höchstrichterliches Urteil. Die aufgezeigten Ablehnungsgründe gegen einen Auskunftsanspruch dürften dennoch, gerade für Verantwortliche, wichtig sein, da zuletzt Umfang des Auskunftsanspruch sehr weit ausgelegt wurde. Es bleibt spannend, wie sich die Rechtsprechung rund um den Auskunftsanspruch in Zukunft entwickeln wird.

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  • Dank dem OLG München, mit Urteil vom 4.10.2021 (Az 3 U 2906/20), gibt es sicherlich eine Fortsetzung für die Fragen rund um Art. 15.

  • Den Auskunftsanspruch von Motiven abhängig zu machen und konkretisieren zu müssen halte ich für katastrophal. Zwar kann es bei umfangreicher Verarbeitung hilfreich sein wenn der Anfragende konkretisiert, aber das kann nicht dazu dienen etwas verbergen zu wollen. Ich hoffe die „höhere “ Rechtsprechung stellt das bald klar. Außerdem: letztlich könnte man diese Anforderungen immer umgehen, indem man den Auskunftsanspruch stellt und mitteilt, man wolle überprüfen, ob etwas zu korrigieren oder zu löschen ist. Aber Datenschutz soll einfach zugänglich sein, der Bürger nicht irgendwelche juristischen Fallstricke umschiffen müssen.

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