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„Ich kenne meine Rechte“– Gelten Betroffenenrechte grenzenlos?

„Ich kenne meine Rechte“– Gelten Betroffenenrechte grenzenlos?

Wir alle kennen diesen Satz, wenn auch meist in einem anderen Kontext. Der Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist die immerwährende Aufgabe des Datenschutzrechts. Bürger sollen die Freiheit haben selbst darüber zu befinden, was mit ihren Daten geschehen soll. Dies gewährleistet die freie Entfaltung in einer vielfältigen Gesellschaft einerseits, kann jedoch andererseits den Interessen von Unternehmen oder Behörden entgegenstehen, die personenbezogene Daten zu unterschiedlichsten Zwecken verarbeiten wollen. Ziel des Datenschutzrechts ist es daher, diese widerstreitenden Interessen in einen Ausgleich zu bekommen.

Ausnahmen und Beschränkungen der Betroffenenrechte

Im Datenschutzrecht gibt es bekanntermaßen eine Vielzahl von Betroffenenrechte und über diese wurde bei uns immer wieder berichtet. Auch, dass es Ausnahmen und Beschränkungen bei den Betroffenenrechten gibt. Diese sollen im Folgenden kompakt dargestellt werden, insbesondere vor dem Hintergrund, da diese nicht immer einfach auffindbar sind und sich z.T. auch aus einem Zusammenspiel aus DSGVO und BDSG ergeben.

Informationspflichten und Auskunftsanfragen

Die Informationspflichten und Auskunftsanfragen zählen zweifellos zu den wichtigsten Rechten der von einer Datenverarbeitung betroffener Personen. Beide sollen gewährleisten, dass betroffene Personen den Überblick und damit die Kontrolle über die Verwendung ihrer Daten wahren können.

Die Informationspflicht steht dabei ganz am Anfang des Datenverarbeitungsprozesses. Sobald personenbezogene Daten erhoben werden, ist darüber seitens des Verantwortlichen zu informieren. Anschließend, wenn die Daten bereits erhoben sind, steht betroffenen Personen das Auskunftsrecht gegenüber dem Verantwortlichen zu. Unter verschiedenen Voraussetzungen besteht für den Verantwortlichen jedoch keine Pflicht zur Information, bzw. die Betroffenen verfügen nicht über ein Auskunftsrecht:

  • Betroffene Personen verfügen bereits über die Informationen
    (Art. 13 Abs. 4 bzw. Art. 14 Abs. 5 lit. a DSGVO)
    Soweit der betroffenen Person die Informationen bereits bereitgestellt wurden oder diese schon kennt (bspw. angesichts einer Direkterhebung), entfallen die Informationsrechte. Anders, soweit sich diese personenbezogenen Daten ändern. Geänderte Daten können als neu angesehen werden.
  • Forschung, Wissenschaft, Archive
    (Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO, §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2 BDSG)
    Soweit durch die Wahrnehmung der Rechte der betroffenen Person die Verwirklichung von Forschungs- oder Statistikzwecken unmöglich gemacht oder ernsthaft beeinträchtigt werden würde. Wenn bestimmte Daten für wissenschaftliche oder Archivzwecke erforderlich sind und eine Information oder Auskunft über diese einen unverhältnismäßigen Aufwand erzeugen würden, gilt dies ebenfalls.
  • Allgemein anerkannte Geheimnisse Dritter
    (Art. 14 Abs. 5 lit. c DSGVO, § 29 Abs. 1 BDSG)
    Soweit durch die Erfüllung des Anspruchs Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen, besteht dieser nicht.
  • Übermittlung an Sicherheitsbehörden
    (§§ 33 Abs. 3, 34 Abs. 1 Nr. 1 BDSG)
    Soweit sich die Begehren der betroffenen Personen auf die Übermittlung von personenbezogenen Daten an deutsche Nachrichtendienste beziehen oder dadurch die Sicherheit des Bundes berührt wird, bestehen die Rechte nicht.
  • Unverhältnismäßiger Aufwand
    (Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO, §§ 32 Abs. 1 Nr. 1, 34 Abs. 4 BDSG)
    Soweit nach den Umständen des Einzelfalls die betroffene Person nur über ein als gering anzusehendes Interesse an den Daten verfügt, so kann die Information im Fall der Erhebung aufgrund eines unverhältnismäßigen Aufwandes beim Verantwortlichen unterbleiben. Bei Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten besteht ein Auskunftsrecht grundsätzlich ebenfalls nicht.
  • Gefährdung einer vertraulichen Übermittlung an öffentliche Stellen
    (§ 32 Abs. 1 Nr. 5 BDSG)
    Soweit die personenbezogenen Daten durch den Verantwortlichen für einen anderen Zweck weiterverarbeitet werden sollen und die Informationen eine vertrauliche Übermittlung an öffentliche Stellen gefährden würde.
  • Gefährdung der Aufgabenerfüllung einer öffentlichen Stelle
    (§§ 32 Abs.1 Nr. 2, 33 Abs.1 Nr. 1 lit. a, 34 Abs. 1 Nr. 1 BDSG)
    Soweit durch die Wahrnehmung der Rechte die ordnungsgemäße Erfüllung von Aufgaben einer Behörde gefährdet wäre und die Interessen der betroffenen Personen an der Rechtewahrnehmung nicht überwiegen. Einschränkend gilt dies bei der Informationspflicht im Fall der Erhebung, soweit die personenbezogenen Daten durch den Verantwortlichen für einen anderen Zweck weiterverarbeitet werden sollen.
  • Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
    (§§ 32 Abs. 1 Nr. 3, 33 Abs. 1 Nr. 1 b, 34 Abs. 1 Nr. 1 BDSG)
    Soweit durch die Wahrnehmung der Rechte die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen. Einschränkend gilt dies bei der Informationspflicht im Fall der Erhebung, soweit die personenbezogenen Daten durch den Verantwortlichen für einen anderen Zweck weiterverarbeitet werden sollen.
  • Geltendmachung von Ansprüchen
    (§ 32 Abs. 1 Nr. 4 BDSG)
    Soweit die Erteilung der Information über die beabsichtigte Weiterverarbeitung die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen.
  • Vertragliche oder gesetzliche Aufbewahrungspflicht
    (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 BDSG)
    Soweit die Daten nur aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen, nur der Datensicherung dienen, eine anderweitige Verarbeitung ausgeschlossen ist und eine Auskunftserteilung unverhältnismäßig aufwändig wäre.
  • Aufgrund anderer Rechtsvorschriften
    (Art. 14 Abs. 5 lit. d DSGVO)
    Soweit die personenbezogenen Daten gemäß dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten dem Berufsgeheimnis, einschließlich einer satzungsmäßigen Geheimhaltungspflicht, unterliegen und daher vertraulich behandelt werden müssen.

Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“)

Wie genau das mit dem Löschen und Löschen lassen funktioniert erfahren Sie natürlich auch bei uns.

  • Art. 17 Abs. 3 lit. a, e DSGVO
    Soweit die Verarbeitung erforderlich ist zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung sowie Information verwendet wird oder wenn die Verarbeitung der Geltendmachung von Rechtsansprüchen dient.
  • Art. 17 Abs. 3 lit. b, c DSGVO
    Soweit die Verarbeitung der Daten der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten oder die Verarbeitung aus Gründen des öffentlichen Interesses im Bereich der öffentlichen Gesundheit erforderlich ist.
  • Art. 17 Abs. 3 lit. d DSGVO
    Soweit die Verarbeitung der Daten für Zwecke der Forschung, Wissenschaft oder Statistik erforderlich ist und deren Löschung dies unmöglich machen oder zumindest ernsthaft beeinträchtigen würde.

Recht auf Einschränkung der Verarbeitung

Alle notwendigen Informationen zum Recht auf Einschränkung der Verarbeitung finden Sie in unserem Blog.

  • § 27 Abs. 2 BDSG
    Bei Forschungs- oder Statistikzwecken, soweit der ursprüngliche Zweck durch die Einschränkung der Verarbeitung nicht mehr erreicht oder ernsthaft beeinträchtigt werden würde.
  • § 28 Abs. 4 BDSG
    Soweit dadurch im öffentlichen Interesse stehende Archivzwecke ernsthaft beeinträchtigt werden würden, besteht grundsätzlich kein Einschränkungsrecht.

Viele Rechte – viele Einschränkungen

Der europäische, wie auch der deutsche Gesetzgeber hat die Ansprüche betroffener Personen mit zahlreichen Einschränkungen versehen. Den eingangs erwähnten praxistauglichen Interessensausgleich zu gewährleisten ist nicht einfach. Obgleich viele Ausnahmen bestehen, fällt bei genauerer Betrachtung aber auf, dass diese insbesondere im nicht-öffentlichen Bereich nur selten Anwendung finden. Verantwortliche sollten mit den Betroffenenrechten, und, bezogen auf die eigene Tätigkeit, mit den Ausnahmen vertraut sein.

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  • Sehr schöne Aufstellung. In der Praxis glaubt mindestens die Hälfte der Betroffenen, dass ihre Rechte bedingungslos gelten, bspw. bei Lösch- oder exzessiven Auskunftsanfragen.

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