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Online-Vorstellungsgespräch: Datenschutz beim Videointerview

Online-Vorstellungsgespräch: Datenschutz beim Videointerview

Eine Bewerbung verschickt und zack, wenn man Glück hat, flattert auch schon die Einladung zum Videointerview in das E-Mail-Postfach. Videointerviews im Bewerbungsverfahren erfreuen sich spätestens seit der Corona Krise offensichtlicher Präsenz und gleichzeitig auch Beliebtheit. Doch welche Aspekte sind bei der Durchführung von Videointerviews datenschutzrechtlich zu beachten?

Vor- und Nachteile eines digitalen Vorstellungsgespräch

Videointerviews zum Auftakt oder zur vollständigen Durchführung eines Bewerbungsverfahrens gibt es schon seit geraumer Zeit. Dennoch erlebte in Zeiten von Corona und Kontaktbeschränkungen auch die Digitalisierung im Bereich des Bewerbermanagements eine neue Hochphase. Videointerviews im Bewerbungsgespräch sind mittlerweile gängige und häufige Praxis, derer sich eine Vielzahl an Unternehmen als Alternative zum persönlichen Vor-Ort-Termin bedient. Für beide Parteien, d.h. sowohl für Bewerber als auch für Arbeitgeber bringt die Umsetzung per Videointerview diverse Vorteile. Neben Kosten- und Zeitersparnis für längere An- und Abreisen, ermöglichen die Videointerviews weniger Organisationsaufwand und damit auch weniger Stress für beide Seiten. Nachteile wie technische Probleme im Rahmen des Videointerviews oder generell der fehlende persönliche Eindruck des Gegenübers bei einem Vorstellungsgespräch vor Ort können jedoch auf der anderen Seite ebenfalls nicht von der Hand gewiesen werden.

Videointerviews aus Datenschutzsicht

Werden Videointerviews für das Bewerbungsverfahren eingesetzt, ist aus datenschutzrechtlicher Sicht zu beachten, dass hierbei auch eine weitreichende Datenverarbeitung stattfindet, welche einer geeigneten Rechtsgrundlage bedarf.

Einwilligung als unumstrittene Rechtsgrundlage

In Videointerviews werden Bild- und Tonaufnahmen – und damit personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO) – verarbeitet.

Als Rechtsgrundlage kommt hierfür die Einwilligung nach § 26 Abs. 2 BDSG in Betracht:

„Erfolgt die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten auf der Grundlage einer Einwilligung, so sind für die Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung insbesondere die im Beschäftigungsverhältnis bestehende Abhängigkeit der beschäftigten Person sowie die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt worden ist, zu berücksichtigen.“

Voraussetzung ist, dass die strengen Vorgaben der Einwilligung erfüllt sind. Die Einwilligung muss folglich informiert, freiwillig, ausdrücklich, unmissverständlich und widerruflich von den Betroffenen erteilt werden. Gerade um den Punkt der Freiwilligkeit sicherzustellen, sollte Bewerbern eine überzeugende und umsetzbare Alternative zum Videointerview geboten werden. Dies kann beispielsweise das Angebot des persönlichen Vorstellungsgespräches in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers sein. Zudem empfiehlt es sich, dass der Arbeitgeber schriftlich vermerkt sowie den Bewerbern kommuniziert, dass bei einer Verweigerung des Videointerviews keine Nachteile entstehen. Hinsichtlich der Freiwilligkeit der Einwilligung wird man bei Bewerbern somit grundsätzlich festhalten können, dass eine solche nicht gegeben sein wird, wenn die Teilnahme an einem Videointerview Voraussetzung für den Zugang zum Bewerbungsverfahren ist. Wird die Durchführung des Videointerviews ausdrücklich gewünscht, wird man von einer Freiwilligkeit ausgehen können.

Die Einwilligung wird, so auch im Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit
Nordrhein-Westfalen,
für das Durchführen eines Videointerviews regelmäßig als zulässige Rechtsgrundlage im Rahmen der Videointerviews angesehen.

Vorsicht bei der Anwendung des § 26 Abs. 1 S.1 DSGVO

Während bisher auch § 26 Abs.1 S.1 BDSG („zur Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich“) von einigen Datenschutzbehörden als mögliche Rechtsgrundlage betitelt wurden, ist seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Datenverarbeitung im Beschäftigungskontext Vorsicht geboten. Mit seinem Urteil vom 30. März 2023 stellte der EuGH klar, dass nationale Rechtsvorschriften nicht als „spezifischere Vorschriften“ i.S.d. Art. 88 Abs. 1 DSGVO zählen, sofern diese kein „Mehr“ zur DSGVO bieten und nicht die Voraussetzungen des Art. 88 Abs. 2 DSGVO erfüllen. Angekreidet wurde, dass der § 23 HDSIG lediglich eine Wiederholung der in Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO aufgestellten Anforderungen sei. In Rede stand damit zwar eine Klausel aus dem hessischen Beschäftigtendatenschutz, diese ist jedoch identisch mit dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG. In der Konsequenz hat das Urteil auch Auswirkungen auf die deutsche Regelung zum Beschäftigtendatenschutz. Diese Auswirkungen sind jedoch bei genauer Betrachtung durch die direkte Anwendung der DSGVO Vorschriften gut abzufangen. Verarbeitungen, welche zuvor auf § 26 Abs.1 S.1 BDSG gestützt wurden, können nach Prüfung des Einzelfalles und Zweck der jeweiligen Datenverarbeitung auch überwiegend auf Art. 6 Abs. 1 lit b oder lit f DSGVO gestützt werden.

Art. 6 Abs. 1 lit b und lit f als Rechtsgrundlage für Videointerviews

Letztlich hängt es von den speziellen Umständen und dem Stadium des Bewerbungsprozesses ab, in welchem das Videointerview stattfindet. Je nach Situation ist sodann zu prüfen, ob auch eine andere Rechtsgrundlage als die Einwilligung in Betracht käme. Dies macht vor allem vor dem Hintergrund Sinn, dass eine Einwilligung zwar eine starke jedoch auch widerrufbare Rechtsgrundlage darstellt.

So kann Art. 6 Abs. 1 lit b DSGVO bspw. für Datenverarbeitungen herangezogen werden, die zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich sind und die auf Anfrage der betroffenen Person, d.h. in unserem Falle auf Wunsch des Bewerbers, erfolgen.

Handelt es sich um einen HR-Mitarbeiter, welcher am Videointerview mit dem Bewerber teilnimmt, liegt es nahe, dass man auch für diesen Mitarbeiter, den Arbeitsvertrag als Rechtsgrundlage heranzieht. Dies gilt insbesondere, wenn dessen Tätigkeits- und Aufgabenbereich offensichtlich oder ausdrücklich die Einstellung von Personal umfassen und folglich die Teilnahme am Interview zur Auswahl des potentiellen neuen Arbeitnehmers zur Erfüllung seiner vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung erforderlich ist.

Bei beiden genannten Varianten des Art. 6 Abs. 1 lit b DSGVO ist allerdings stets genau zu prüfen, ob auch eine tatsächliche Erforderlichkeit vorliegt.

Des Weiteren bleibt die Möglichkeit der Prüfung des Art. 6 Abs. 1 lit f DSGVO. Hiernach müsste die Datenverarbeitung im Rahmen des Videointerviews zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen erforderlich sein und dementsprechend keine datenschutzbezogenen Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Bewerbers oder des Mitarbeiters, der das Interview durchführt, überwiegen. Folglich muss eine Interessenabwägung zugunsten des (zukünftigen) Arbeitgebers ausfallen.

Welche Rechtsgrundlage herangezogen werden sollte und herangezogen werden kann, hängt somit immer vom Einzelfall und einer hierauf bezogenen datenschutzrechtlichen Prüfung ab.

Sonderfall: Aufgezeichnete Videointerviews

Bei einem Videointerview mit Aufzeichnung von Bild und Ton handelt es sich regelmäßig um ein zeitversetztes, automatisiert geführtes Interview, bei dem der Bewerber Fragen eingeblendet bekommt, die er ohne Beteiligung einer weiteren Person beantworten muss und seine Antworten aufgezeichnet werden. Nachträgliche Korrekturen oder Wiederholungen von Fragen sind dabei in der Regel nicht möglich.

In einem derartigen aufgezeichneten Videointerview ist ein schwerer Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bewerbers zu sehen – und zwar auch, wenn das Verfahren nur zur „manuellen“ Auswertung an sich zulässiger Fragen dient.

Im Gegensatz zu einem Bewerbungsgespräch vor Ort ermöglicht die Aufzeichnung von Bild und Ton nämlich eine detailliertere und intensivere Auswertung nicht nur des verbalen, sondern auch des nonverbalen Verhaltens (etwa Mimik, Gestik, Tonfall). Eine derartige Auswertung ließe sich daher allenfalls für Berufe mit starkem Öffentlichkeitsbezug (bspw. Moderator einer Fernsehsendung) auf Art. 6 Abs. 1 lit b DSGVO stützen. Für die meisten Berufe dürfte sich eine derartige Auswertung nur schwerlich rechtfertigen lassen und aufgezeichnete Videointerviews für die Bewerberauswahl nicht erforderlich sein.

Entscheidend ist das Ausmaß der Auswertung

Sollte die Aufzeichnung eines Videointerviews ausnahmsweise zulässig sein, ist weiterhin das Ausmaß der anschließenden Auswertung entscheidend. Nicht zulässig ist es z.B., aufgezeichnete Videointerviews unter dem Aspekt der Profilerstellung anschließend einer Sprachanalyse zu unterziehen. Damit ist nicht gemeint, dass eine Profilerstellung etwa darauf abzielt das (Fremd-)Sprachniveau des Bewerbers zu ermitteln, was durchaus einen legitimen Zweck darstellen kann.

Vielmehr werden bei einer Profilerstellung durch Sprachanalyse aus dem Gesprächsverhalten eines Bewerbers mithilfe einer entsprechenden Software, Erkenntnisse über dessen Persönlichkeitsmerkmale ermittelt.

In Anlehnung an die DSK-Liste wäre bei einer automatisierten Auswertung von Video- oder Audio-Aufnahmen zur Bewertung der Persönlichkeit der Betroffenen auch zwingend eine Datenschutz-Folgenabschätzung für die Verarbeitung durchzuführen.

Finger weg von aufgezeichneten Videointerviews

Eine derartige Profilerstellung mittels Sprachanalyse stellt – gleichgültig auf welchen Erkenntnismethoden sie basiert – einen gravierenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dar. Eine derart ausgeweitete Verarbeitung von Gesprächsmerkmalen ist im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 lit b DSGVO nicht als erforderlich anzusehen. Auch kann der Arbeitgeber die Profilerstellung nicht über eine Einwilligung des Bewerbers absichern. Zumindest aufgrund des Aspektes der Freiwilligkeit ist die Wirksamkeit derartiger Einwilligungen stark anzuzweifeln.

Pflichtprogramm: Datenschutzhinweise, AVV & Datensicherheit

Neben der Prüfung der Rechtsgrundlage dürfen die weiteren datenschutzrechtlichen Maßnahmen nicht in den Hintergrund geraten. Zu beachten ist, dass der Bewerber über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten im Bewerbungsverfahren transparent informiert werden muss, (Art. 13 DSGVO). Soll für das Live-Videointerview eine entsprechende Software eingesetzt werden, ist darauf zu achten, dass diese die Vorgaben der DSGVO einhält, insbesondere zu Privacy by Design und Privacy by Default. Zwar ist es umstritten, ob mit externen Videokonferenzanbieter immer ein Auftragsverarbeitungsvertrag (Art. 28 DSGVO) abgeschlossen werden muss, wir empfehlen aber bis zur Klärung der Rechtslage dies weiterhin zu tun sowie eine sorgfältige Auswahl des Dienstleisters vorzunehmen. Sowohl bei eingesetzten Cloud-Dienstleistern als auch beim Einsatz eines Videokonferenz-Tools sind die datenschutzrechtlichen Vorgaben umzusetzen und ist eine entsprechende Dienstleisterprüfung im Vorhinein durchzuführen (Art. 25 DSGVO).

Videointerview nicht ohne Einzelfallprüfung

Aus der Perspektive des Datenschutzes ist insbesondere bei der Festlegung der Rechtsgrundlage eine detaillierte und aufmerksame Einzelfallprüfung geboten. Vor dem geplanten Einsatz eines Videointerviews ziehen Sie daher am besten ihren Datenschutzbeauftragten zu Rate, damit dieser das geplante Vorhaben datenschutzrechtlich bewerten und bei sämtlichen erforderlichen datenschutzrechtlichen Maßnahmen unterstützen und beraten kann.

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  • Nach Ihrer Einschätzung bedeutet das, dass jede Art von Profilerstellung datenschutzrechtlich nicht erlaubt ist. Ob ich ein Profil aufgrund von Sprachanalyse, Fragebogen oder persönlicher Einsätzung des Interviewers mache, macht mE nach keinen datenschutzrechtlichen Unterschied – weil keine anderen Daten entstehen. Aber es würde den kompletten Bewerbungsprozess, wie er heute oft exisitiert, verhindern. Und ob ein Unternehmen eine gewisses Persönlichkeitsprofil erfordert, muss schon noch dem Unternehmen überlassen werden, weil es sonst keine Lenkungsmöglichkeit für Betriebskultur und andere unternehmerische Freiheiten gibt.

    • Verboten ist es mE nur, wenn dies ohne Wissen des Bewerbers gemacht wird. Wenn ich vor der Bewerbung weiß, was auf mich zukommt, kann ich mir überlegen, ob ich da abeiten möchte oder nicht.
      Schwierig wird es nur, und hier besteht der Zweifel an der Freiwilligkeit der Einwilligung, wenn ich erst nach er Bewerbung, bzw. im Bewerbungsgespräch erfahre, wie und zu welchem Zweck meine Daten verarbeitet werden.

    • Im Beitrag wird nicht „jede Art von Profilerstellung“ als unzulässig bewertet. Die Beiträge in diesem Blog können nicht immer alle Aspekte umfassend beleuchten, weil dies den Rahmen sprengen würde. Thematisiert wird vorliegend die Profilerstellung durch Sprachgebrauchsanalyseverfahren bei aufgezeichneten Videointerviews. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes wird die Erhebung eines umfassenden Persönlichkeitsprofils mittels Sprachgebrauchsanalyse unzulässig sein. Es geht nicht darum, ob man sich (zulässigerweise) überhaupt ein Bild über die Persönlichkeit des Bewerbers machen darf, sondern über die Art und Weise, in der dies stattfindet.
      Bei einem Sprachgebrauchsanalyseverfahren wird eine detailliertere und intensivere Auswertung ermöglicht, als es bspw. ein grobes Bild über die allgemeine Persönlichkeit des Bewerbers in einem Vor-Ort-Gespräch ermöglicht. Der individuelle Sprachgebrauch ist nicht lediglich ein äußeres Attribut, sondern bildet ein Kernelement der menschlichen Persönlichkeit. Anhand des reinen Sprachgebrauchs – also der Art und Weise wie eine Person redet – in einem automatisierten Verfahren ein Ergebnis über die Soft Skills des Bewerbers erstellen zu lassen, unterscheidet sich auch erheblich von dem persönlichen Eindruck, einem Rollenspiel oder Fragebogen, bei dem der Bewerber den Prozess selbst mit steuern kann.

  • @Schmidt: Wie wollen Sie denn freiwillig einwilligen, wenn Sie überhaupt keine Wahl haben sondern einwilligen müssen, weil das Bewerbungsverfahren des Unternehmens sonst für Sie gelaufen ist? Da fehlt es schon per se an der Freiwilligkeit. Die Einwilligung ist zudem kein Allheilmittel, mit dem Sie alles rechtfertigen und sie bei Belieben einholen können, damit “alles ok” ist. Sie können auch nicht davon ausgehen, dass alles was stattfindet auch immer rechtskonform erfolgt. Wo kein Kläger da kein Richter und in der Regel werden kaum Bewerber gegen einen Arbeitgeber vorgehen (keinen Rechtsschutz oder der Glaube “die werden sich ja sicherlich ans Gesetz halten und der Ablauf erlaubt sein”).

    Aber abgelehnte Bewerber wären letztlich diejenigen, die hier tätig werden müssten, anstatt die Absage abzuhaken und weiter zu suchen. Wird man letztlich genommen, geht man doch erst Recht nicht gegen den Arbeitgeber vor – selbst wenn das Verfahren unzulässig war anhand dessen man ausgewählt wurde: wer will es sich denn direkt mit dem Arbeitgeber verscherzen? Dasselbe sieht man doch auch anhand der seit Jahren immer wieder gepriesenen Fragen, die im Bewerbungsgespräch unzulässig sind – und was ist? Trotzdem fragen so viele Unternehmen im Vorstellungsgespräch solche arbeitsrechtlich unzulässigen Fragen ab – auch Unternehmen von einer Größe und Bekanntheit, wo man nur den Kopf schütteln kann, über so viel Unwissenheit oder vorsätzlichem Verhalten.

    • Hallo Stiller Leser, entweder haben sie meine Antwort nicht richtig gelesen, oder ich habe mich unverständlich ausgedrückt. Ich kann sehr wohl freiwillig einwilligen, wenn ich von vorne herein (also bevor ich mich dort bewerbe) darüber informiert werde, auf welche Art meine Bewerberdaten verarbeitet werden (Profilbildung, Sprachanalyse, usw.). Wenn ich das nicht möchte, dann bewerbe ich mich dort nicht – fertig. Wo es nicht mehr wirklich freiwillig wird, und das habe ich auch so geschrieben, ist, wenn mir erst beim Vorstellungsgespräch vor Ort eine Einwilligungserklärung für alles mögliche „unter die Nase geschoben“ wird. Aber auch hier kann ich immer noch aufstehen und gehen. Ich habe auch nie behauptet, dass eine Einwilligung ein Allheilmittel ist, und alles was stattfindet immer rechtskonform ist. Sorry, dass ist schlichtweg falsch und in meine Antwort hineininterprediert.

      • Hallo Schmidt, danke für die Rückmeldung, aber ich habe Sie glaube ich nicht falsch verstanden. Sie schließen hier falsche rechtliche Wertungen. Sie können gerade nicht vorher freiwillig einwilligen, wenn Ihnen gesagt wird oder Sie die Information erhalten, dass eine unzulässige Profilbildung stattfindet. Ihre Aussage hierzu ist: dann bewerbe ich mich dort nicht – fertig. Das mag ja ihre Konsequenz sein. Ändert aber nichts daran, dass es keine freiwillige (und somit keine wirksame) Einwilligung ist, weil die Teilnahme an einem vorgegebenen Bewerbungsprozess dann die Voraussetzung für den Zugang zum Bewerbungsverfahren ist (wird auch im Beitrag zutreffend angesprochen).
        Dasselbe Szenario, wenn Sie plötzlich vor Ort eine Einwilligungserklärung für alles mögliche „unter die Nase geschoben“ bekommen und diese unterschreiben „müssen“. Nur weil auf diesem Papier Einwilligung steht, heißt es nicht, dass eine solche überhaupt zulässig ist. SIE mögen dann vielleicht Jemand sein, der aufsteht und geht – aber es wird aus der Berufssuche heraus sicherlich mehr Bewerber geben, die dieses Papier in der Hoffnung auf einen Job (unfreiwillig) unterschreiben oder schlichtweg davon ausgehen, dass dies so in Ordnung sein wird. Und das ist es eben nicht. Der Arbeitgeber hat keine wirksame Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung, weil die Einwilligung unwirksam ist. Eine Einwilligung kommt nur in Betracht, wenn Sie überhaupt auch eine Wahl und keine Benachteiligung im Falle der Nichterteilung haben – in ihren beiden geschilderten Fällen haben Sie dies jedoch nicht, wenn Sie sich ohne Einwilligung für den weiteren Bewerbungsablauf disqualifizieren und nicht weiter berücksichtigt würden. Das Ergebnis kann doch nicht sein „dann gehe ich halt und suche mir einen anderen Arbeitgeber, soll jemand anderes Unwissendes seine Daten hergeben“ sondern sollte vielmehr lauten „Arbeitgeber müssen ihre Verfahren datenschutzkonform gestalten und andernfalls Konsequenzen spüren“.

  • Wieso unter dem Abschnitt „Lifeverfolgung des Bewerbungsgesprächs“ so ohne Weiteres die „Erforderlichkeit“ aus dem § 26 Abs. 1 S. 1 als Rechtsgrundlage für den Arbeitnehmer in Betracht kommt, erschließt sich mir nicht. Auch die sogenannte „Freiwilligkeit“ wird hier leichthin angenommen, wenn „ausdrücklich“ gewünscht (????) und „gleichwertige Alternative zum Vor-Ort-Gespräch“ geboten wird? Sehr schwammig (kumulativ oder alternativ) und hier keinerlei Berücksichtigung der ablehnenden Argumentation zu „Erforderlichkeit“ und „Freiwilligkeit“ im Bewerberverhältnis von den Aufsichtsbehörden. Ich sehe hier keine andere Situation. Ich habe schon eine Einwilligungserklärung mit den anzukreuzenden entsprechenden Kästchen (vor Ort, WhatsApp, Skype) für Bewerber gesehen. Gaaanz freiwillig und wirklich „ausdrücklich gewünscht“??
    I.K.

    • Wenn Sie bereits derartige (Verständnis???-)Probleme mit der grundsätzlichen Thematik haben, sollten Sie sich vielleicht einmal anhand von Kommentaren und Aufsätzen schlau machen. Wieso soll es nicht freiwillig sein, wenn Ihnen in der Einwilligungserklärung genauso die Vor-Ort-Alternative angeboten wird? Sie haben dann die Wahl und können genauso gut auch persönlich hinfahren. Warum Sie nicht erkennen, ob das kumulativ oder alternativ ist, kann ich nicht nachvollziehen – das ergibt sich doch schon aus dem Zusammenhang. Ebenso, dass bei der Erforderlichkeit auch wirtschaftliche Kriterien Berücksichtigung finden können sollte allgemein bekannt sein. Und genau so steht es doch dort: „Insbesondere wenn der Bewerber weit entfernt wohnt, kann ein solches Videointerview eine zeitsparende und kostengünstige Alternative darstellen.“

      Bei den Aufsichtsbehörden haben sich überhaupt nur 2 – und das nach alter Rechtslage und sehr eingeschränkt – dahingehend geäußert, dass Video-Interviews einen Datenschutzverstoß darstellen…und dies wie gesagt auch recht knapp und pauschal und ohne überhaupt unterschiedliche Konstellationen zu berücksichtigen. Es gibt daher zu Recht sehr viele gewichtige Stimmen dagegen. Auch hier kann ich Ihnen nur empfehlen zunächst einmal etwas Eigenmühe an den Tag zu setzen (notfalls unter Erwerb der entsprechenden Literatur), anstatt zu erwarten, dass ein informativer und hilfreicher kostenfreier Blog, für den ich sehr dankbar bin, Ihnen all Ihre Unklarheiten und Fragen zu einer Thematik doch bitte in jeglichen Facetten näher beleuchtet.

      Was manche Leute sich heutzutage (vom Tonfall) im Internet herausnehmen und fordern, erstaunt mich wirklich sehr.. Dann investieren Sie gefälligst und lesen entsprechende Aufsätze – man kann hierzu nämlich, wie zu jedem Thema, auch eine gute zweistellige Anzahl an Seiten drüber schreiben. Ansonsten überdenken Sie vielleicht auch einmal Ihre schnippische Ausdrucksweise.

  • Dieser Beitrag wurde umfassend überarbeitet und neu veröffentlicht.
    Alle vorherigen Kommentare und unsere Antworten beziehen sich auf die alte Version des Beitrags und können daher unter Umständen nicht mehr aktuell sein.

  • Lieber Dr. Datenschutz, vielen dank für die Aktualisierung. Es wirkt, als wenn der Anspruch an die Prüfung der Rechtsgrundlage (6-1-b oder 6-1-f) für ein Videointerview im Bewerbungsprozess sehr hoch ist. Im Rahmen der Bewerbung kommt es in der Regel zu Kommunikation per E-Mail und Telefon. Auch hier werden personenbezogene Daten verarbeitet und es wird ebenfalls eine Rechtsgrundlage benötigt. Es wirkt so, als ob es „schwieriger“ ist die passende Rechtsgrundlage für ein Videointerview zu finden, als für ein Telefonat oder eine E-Mail. Es ist und bleibt doch alles Telekommunikation. Ist das so oder einfach nur falsch verstanden?

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