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Das Führungszeugnis – Was müssen Arbeitgeber beachten?

Das Führungszeugnis – Was müssen Arbeitgeber beachten?

Viele Arbeitgeber haben ein Interesse daran, von ihren Bewerbern und potenziellen künftigen Arbeitnehmern ein polizeiliches Führungszeugnis zu verlangen. Schließlich will man ja wissen, wen man sich da ins Boot holt. Aber ist das überhaupt zulässig? Und was ist mit den Rechten der Arbeitnehmer? Mit diesem Beitrag sollen die wichtigsten Fakten zum Führungszeugnis aus datenschutzrechtlicher Sicht einmal dargestellt werden.

Führungszeugnis und Bundeszentralregister

Das Führungszeugnis, früher als polizeiliches Führungszeugnis bekannt, ist eine behördliche Bescheinigung über registrierte Vorstrafen einer Person. Die Regelungen dazu finden sich im Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Es gibt verschiedene Arten:

  • Führungszeugnis für private Zwecke: Enthält nur schwerwiegende Verurteilungen, etwa Geldstrafen über 90 Tagessätze oder Bewährungsstrafen über drei Monate, sofern keine weiteren Vorstrafen bestehen.
  • Führungszeugnis für Behörden: Enthält umfassendere Informationen, etwa auch gerichtlich angeordnete Unterbringungen oder den Entzug einer Gewerbeerlaubnis.
  • Europäisches Führungszeugnis: Relevant für Bewerber aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, da es auch Verurteilungen aus dem Herkunftsland aufführt.
  • Erweitertes Führungszeugnis: Enthält zusätzliche Angaben zu bestimmten Straftaten, etwa im Bereich Sexualdelikte, und ist für Tätigkeiten mit Kontakt zu Minderjährigen erforderlich.

Was darf der Arbeitgeber?

Die Frage, ob und wann ein Arbeitgeber die Vorlage eines Führungszeugnisses verlangen darf, ist in der Praxis häufig relevant. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Vorlagepflicht für Arbeitnehmer. Eine solche Pflicht ergibt sich nur, wenn eine gesetzliche Grundlage vorliegt oder die Tätigkeit eine besondere Zuverlässigkeit erfordert. Das Datenschutzrecht, insbesondere Art. 10 DSGVO, setzt hier enge Grenzen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen ist nur unter behördlicher Aufsicht oder in Ausnahmefällen zulässig.

In der Regel wird das Führungszeugnis erst nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags vorgelegt, um eine Diskriminierung im Bewerbungsprozess zu vermeiden. Der Arbeitgeber darf die Vorlage nur verlangen, wenn dies für die konkrete Tätigkeit erforderlich ist, etwa bei Tätigkeiten mit Minderjährigen (§ 72a SGB VIII) oder in besonders vertrauenswürdigen Positionen wie im Bankwesen oder als Datenschutzbeauftragter.

Was sagt die Rechtsprechung zur Vorlagepflicht?

Die Rechtsprechung hat die Anforderungen an die Vorlagepflicht und den Umgang mit Führungszeugnissen im Arbeitsverhältnis in den letzten Jahren weiter konkretisiert. So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mehrfach betont, dass Arbeitgeber nur dann ein Führungszeugnis verlangen dürfen, wenn dies für die auszuübende Tätigkeit zwingend erforderlich ist. Eine pauschale Forderung ohne konkreten Bezug zur Tätigkeit verstößt gegen das Datenschutzrecht und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers.

Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in Urteilen zur Verarbeitung sensibler Daten klargestellt, dass die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit stets zu prüfen sind. Arbeitgeber müssen daher im Einzelfall begründen, warum ein Führungszeugnis notwendig ist. Die aktuelle Rechtsprechung stärkt damit die Rechte der Arbeitnehmer und betont die Bedeutung des Grundsatzes der Datenminimierung.

Unterschiede zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft

Im öffentlichen Dienst ist die Vorlage eines Führungszeugnisses häufiger gesetzlich vorgeschrieben, etwa bei Tätigkeiten im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe oder bei sicherheitsrelevanten Positionen. Öffentliche Arbeitgeber sind daher oft verpflichtet, ein Führungszeugnis einzufordern und dessen Vorlage zu dokumentieren.

In der Privatwirtschaft hingegen ist die Vorlagepflicht seltener und meist nur bei besonderen Vertrauensstellungen oder gesetzlichen Vorgaben zulässig. Hier müssen Arbeitgeber sorgfältig prüfen, ob die Anforderung eines Führungszeugnisses tatsächlich erforderlich ist. Die Praxis zeigt, dass private Arbeitgeber häufig auf eine Selbstauskunft zu relevanten Vorstrafen zurückgreifen, um auch hier den Grundsatz der Datenminimierung zu wahren.

Wie funktionieren digitale Beantragung und Übermittlung?

Die Digitalisierung hat auch das Verfahren rund um das Führungszeugnis verändert. Seit einigen Jahren ist die Beantragung eines Führungszeugnisses online über das Portal des Bundesamts für Justiz möglich. Arbeitnehmer können das Dokument digital beantragen und erhalten es in der Regel per Post. Eine direkte elektronische Übermittlung an den Arbeitgeber ist bislang jedoch nicht vorgesehen, was datenschutzrechtliche Risiken reduziert, aber auch den Prozess verlängert.

Für Arbeitgeber ergeben sich daraus neue Herausforderungen und Chancen:

  • Sichere Übermittlung: Die Weitergabe des Führungszeugnisses erfolgt meist als Scan oder Kopie per E-Mail oder Upload in ein Bewerberportal. Hierbei sind Verschlüsselung und Zugriffsbeschränkungen zwingend erforderlich, um die Vertraulichkeit zu wahren.
  • Digitale Archivierung: Die elektronische Speicherung muss den Anforderungen der DSGVO entsprechen. Es sind technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um unbefugten Zugriff zu verhindern.
  • IT-Sicherheit: Arbeitgeber sollten sichere Kommunikationswege und geschützte Speicherorte nutzen, um die sensiblen Daten vor unbefugtem Zugriff zu schützen.

Die Digitalisierung bietet Vorteile wie eine schnellere Beantragung und bessere Nachvollziehbarkeit, erfordert aber auch ein hohes Maß an Datenschutz- und IT-Sicherheitsbewusstsein. Zukünftig könnten Schnittstellen zwischen Behörden und Unternehmen geschaffen werden, um eine datenschutzkonforme und selektive Übermittlung relevanter Informationen zu ermöglichen.

Datenschutzkonforme Umsetzung beim Führungszeugnis

Für Arbeitgeber ist es entscheidend, die datenschutzrechtlichen Vorgaben bei der Verarbeitung von Führungszeugnissen einzuhalten. Folgende Empfehlungen sind zu beachten:

  • Datenminimierung: Nur die unbedingt erforderlichen Daten dürfen verarbeitet werden. Eine Kopie des Führungszeugnisses sollte nur in Ausnahmefällen und mit ausdrücklicher Begründung gespeichert werden.
  • Zugriffsbegrenzung: Der Zugriff auf das Führungszeugnis ist auf die Unternehmensleitung und unmittelbar mit dem Bewerbungsprozess betraute Personen zu beschränken.
  • Dokumentation statt Speicherung: In den meisten Fällen reicht ein Vermerk in der Personalakte, dass das Führungszeugnis vorgelegt wurde und keine relevanten Vorstrafen bestehen.
  • Löschfristen: Führungszeugnisse und entsprechende Vermerke sind nach Wegfall des Zwecks unverzüglich zu löschen.

Eine Checkliste für Arbeitgeber könnte daher die folgenden Punkte umfassen:

  • Liegt eine gesetzliche Grundlage oder ein berechtigtes Interesse für die Anforderung vor?
  • Ist die Vorlage für die konkrete Tätigkeit erforderlich?
  • Werden nur die notwendigen Daten verarbeitet und dokumentiert?
  • Ist der Zugriff auf die Daten auf das Notwendige beschränkt?
  • Sind Löschfristen definiert und werden diese eingehalten?

Aktuelle Herausforderungen und Entwicklung

Ein zentrales Problem bleibt, dass das Führungszeugnis keine selektive Auskunft über relevante Delikte ermöglicht. Arbeitgeber erhalten immer das vollständige Dokument, auch wenn nur bestimmte Straftaten für die Tätigkeit relevant sind. Datenschutzrechtlich wäre eine differenzierte Auskunft wünschenswert, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung besser zu schützen. Der Gesetzgeber ist hier gefordert, praxistaugliche Lösungen zu schaffen, etwa durch die Möglichkeit, nur bestimmte Deliktsbereiche abzufragen.

Die Vorlagepflicht von Führungszeugnissen im Arbeitsverhältnis ist rechtlich eng begrenzt und unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben. Arbeitgeber müssen sorgfältig prüfen, ob und in welchem Umfang sie ein Führungszeugnis verlangen und verarbeiten dürfen. Die aktuelle Rechtsprechung und gesetzliche Entwicklungen stärken die Rechte der Arbeitnehmer und betonen die Bedeutung von Datenminimierung und Verhältnismäßigkeit. Die Digitalisierung bringt neue Möglichkeiten, aber auch zusätzliche Anforderungen an Datenschutz und IT-Sicherheit. Eine differenzierte Auskunftsmöglichkeit im Führungszeugnis könnte künftig zu einer besseren Balance zwischen Arbeitgeberinteressen und Datenschutz beitragen.

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  • Und inwieweit darf eine Antragstelle sich Kopien, bei einer Beantragung der Gebührenbefreiung, von anderen Nachweisdokumenten machen? Oder reicht da eine Nachweisvorlage?

    • Die Grundsätze des Verbots mit Erlaubnisvorbehalts sowie der Datenminimierung (im Artikel beschrieben) gelten für jede Verarbeitung personenbezogener Daten. Also müsste man sich auch in Ihrem Fall fragen, ob die Antragstelle eine Rechtsgrundlage für die Vorlage der konkreten Nachweisdokumente hat. Im zweiten Schritt wäre zu klären, ob eine Speicherung der Nachweisdokumente durch eine Kopie gerechtfertigt ist oder die Vorlage der Dokumente ausreichen muss. Dabei kommt es auch auf den Inhalt der Nachweisdokumente an.

  • Hallo, wenn der Arbeitgeber (Schulbereich NRW-offener Ganztag) nur die Vorlage des Zeugnisses dokumentieren darf – wer trägt dann die Kosten?

  • Das Zitat aus dem grauen Kasten (§ 72a Abs. 5 SGB VIII) bezieht sich nur auf neben- und ehrenamtlich Tätige und kann daher nicht auf Beschäftigte bzw. die Speicherung in der Personalakte angewendet werden

    • Es ist richtig, dass die Vorschrift für neben- und ehrenamtlich Tätige gilt. Zumindest bei nebenamtlich tätigen Personen dürfte aber – genau wie bei hauptamtlich Tätigen – eine Personalakte geführt werden. Auch dieses Arbeitsverhältnis unterliegt im Hinblick auf die Rechte und Pflichten den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften. Daher besteht aus unserer Sicht hier ebenfalls eine Relevanz bezüglich der Speicherung der Angaben aus dem Führungszeugnis.

  • hallo ,ich habe eine. Frage ,bin vorbestraft und habe seit über 3 Jahren kein Eintrag,würde ich damit einen Job erhalten können wen es gefordert wir me Zeugniss ?

  • Hallo liebes Team, ich arbeite als Erzieher in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Mein erweitertes Führungszeugnis musste ich zu Beginn im Original bei meinem Arbeitgeber abgeben. Dieses verblieb im Original in meiner Personalakte. Nun habe ich dieses Arbeitsverhältnis gekündigt. Jetzt teilte mir man mit, das mein Orginal erweitertes Führungszeugnis beim ehemaligen Arbeitgeber verbleit. Ist dies rechtens oder darf ich das Original wieder zu meinem Verbleib einfordern? Ich arbeite in Sachsen.

    • Zu dieser Frage gibt es tatsächlich keine ausdrücklichen Regelungen. Im Endeffekt dürfte es eine Frage der Abstimmung mit dem Arbeitgeber sein, was mit dem Original passiert. So kann der Verbleib davon abhängen, wer die Kosten für die Erstellung getragen hat oder wie alt das Führungszeugnis inzwischen ist. Sofern das Arbeitsverhältnis schon mehrere Jahre angedauert hat, dürfte das damalige Führungszeugnis meist wieder überholt sein. Zur Dokumentations- und Nachweispflicht reicht im Regelfall eine Kopie des Führungszeugnisses.

      Daher: Es kommt darauf an! Bitte haben Sie Verständnis, dass wir im Rahmen unseres Blogs keine Rechtsberatung im Einzelfall erteilen können.

  • In unserem Theaterverein wird ein Jugendschutzsiegel angestrebt. Die Vorgaben der Stelle, die dieses ausstellt, sieht ein erweitertes Führungszeugnis für alle Personen vor, die mit den Kindern arbeiten. In unserem Fall sind das alles Ehrenamtliche: Regisseur, Spielleitung, Jugendleitung, aber auch Bauteam (für Arbeitseinsätze), Maske, Kostüme, etc. Wo ist hier eine sinnvolle Grenze zu ziehen, von wem ein solches Zeugnis verlangt wird?

    • Das erweiterte Führungszeugnis ist vorgeschrieben für Ehrenamtliche, die Minderjährige beaufsichtigen, betreuen, erziehen oder ausbilden. Bei der Spielleitung oder der Jugendleitung dürften diese Attribute eher zutreffen als z. B. beim Bauteam. Hier kommt es aber stets auf den konkreten Einzelfall an.

  • Klar, dass Führungszwecke und entsprechende Vermerke unverzüglich nach Wegfall des Zwecks zu löschen sind. Aber wann endet denn der Zweck genau? Ich würde jetzt mal sagen, spätestens mit Weggang des Mitarbeiters.
    – Oder gibt es vielleicht noch Regelungen, die eine Firma auch nach dem Weggang eines Mitarbeiters noch dazu verpflichten können nachzuweisen, dass es sich an seine Pflichten gehalten hat (und wenn ja, wie lange)?
    – Ab wann gilt ein Führungszeugnis als veraltet (das würde ja auch einen Verarbeitungszweck der veralteten Daten beenden)? Gibt es Best Practices, in welchem Turnus ggf. neue Daten einzuholen sind?

    • Der Zweck endet sicherlich spätestens mit dem Ausscheiden des jeweiligen Mitarbeiters. Ggf. auch schon eher, das hängt von der Art des Führungszeugnisses und der konkreten Tätigkeit ab. Ausnahmen sind denkbar, wenn z. B. im noch laufenden Arbeitsverhältnis konkrete Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen bestehen.
      Im laufenden Arbeitsverhältnis darf der Arbeitgeber grundsätzlich keine Führungszeugnisse von seinen Beschäftigten fordern, es sei denn, es gibt konkrete Anhaltspunkte für etwaige Missstände oder Pflichtverletzungen seitens des Arbeitnehmers. Hierbei muss jedoch das Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben, d. h. der Arbeitgeber darf seine Forderungen nur so weit durchsetzen, wie es zur Aufklärung der betreffenden Sachverhalte erforderlich ist.

  • Hallo, wir dokumentieren bei Ehrenamtlichen in unserer Vereinsarbeit, die mit Kinder umgehen, nur die Vorlage des erweiterten Führungszeugnisses in einer Liste. Das erweiterte Führungszeugnis bleibt beim Besitzer. So verarbeiten wir nur Daten mit einem geringen Sicherheitsrisiko für die betroffene Person.

  • Kann und muss die Anforderung der Informationssicherheitsstandards wie die ISO 27001 zur Sicherheitsüberprüfung von Mitarbeitern im Einstellungsprozess als gesetzliche Vorgabe angesehen werden? Wie kann in diesem Zusammenhang eine datenschutzkonforme Überprüfung durchgeführt werden?

    • Ein Führungszeugnis ist keine direkte Anforderung der Norm ISO 27001, kann aber als Teil des Prozesses der Personalsicherheit gemäß Anhang A.7.1.1 eine Maßnahme sein, um die Zuverlässigkeit von Mitarbeitern zu überprüfen. Die ISO 27001 erfordert, dass Unternehmen im Rahmen der Personalsicherheit (vor der Einstellung, während der Beschäftigung und bei Änderung/Beendigung) Sicherheitsprüfungen durchführen, die mit geltenden Gesetzen und dem Datenschutz vereinbar sind.
      Neben dem Führungszeugnis können aber weitere Maßnahmen (beispielsweise Prüfung der Echtheit von Lebensläufen und Zeugnissen, die Überprüfung auf EU-Sanktionslisten oder vorhandene Vertraulichkeitserklärungen) im Rahmen der Personalsicherheit gemäß ISO 27001 erforderlich sein.

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