Der Winter steht vor der Tür. Mit ihm und seinen kälteren Temperaturen steigen, wie jedes Jahr, die Krankheitsfälle. Wie eine Krankmeldung beim Arbeitgeber korrekt zu erfolgen hat und welche Informationen zu übermitteln sind, möchten wir uns im folgenden Artikel genauer anschauen.
Der Inhalt im Überblick
- Was ist eine Krankmeldung?
- Welche Daten enthält die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
- Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, warum ich krank bin?
- Was, wenn der Arbeitgeber an der Krankmeldung zweifelt?
- Ausnahme: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
- Geheime Krankenakten sind jedenfalls nicht die Lösung
- Krankmeldung: Die Diagnose ist und bleibt Privatsache
Was ist eine Krankmeldung?
Grundsätzlich bedeutet eine Krankmeldung, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren und – falls die Krankheit länger dauert – eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Dabei dürfen Arbeitgeber die Vorlage der Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem ersten Tag einfordern. Gesetzlich, d. h. nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes, hat der Arbeitnehmer bei einer Arbeitsunfähigkeit, die länger als drei Kalendertage dauert, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens am vierten Tag vorzulegen.
Seit 2023 wird der gelbe Schein durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt. Seitdem sind Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsdaten ihrer gesetzlich versicherten Mitarbeiter elektronisch bei den Krankenkassen abzurufen. Wie dies datenschutzkonform möglich ist, haben wir uns hier angesehen.
Welche Daten enthält die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?
Neben allgemeinen Informationen, wie Name des Arbeitnehmers, Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit, informiert die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung den Arbeitgeber grundsätzlich darüber, dass der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig ist. Im Ergebnis lässt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung damit einen Rückschluss auf den Gesundheitszustand des Arbeitsnehmers zu und ist damit als Gesundheitsdatum im Sinne des Art. 4 Nr. 15 DSGVO zu qualifizieren.
Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, warum ich krank bin?
Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitgeber von Arbeitnehmern über die konkrete Ursache der Krankmeldung informiert werden wollen. Doch ist das Nennen der konkreten Diagnose durch den Arbeitnehmer tatsächlich erforderlich oder genügt nicht vielmehr die schlichte Information über die krankheitsbedingte Abwesenheit?
Grundsätzlich unterfallen Art, Ursache und Umfang der Erkrankung der Privatsphäre des Arbeitnehmers. Die Informationspflicht einer Krankmeldung beschränkt sich auf die Arbeitsunfähigkeit sowie die voraussichtliche Dauer der Abwesenheit, denn nur diese sind letztlich für den Arbeitgeber relevant. Ein Arbeitnehmer muss einem Arbeitgeber nicht sagen, warum er krank ist. Eine Ausnahme und damit eine Pflicht zur Mitteilung der Erkrankung gilt nur bei ansteckenden Krankheiten, bei denen ein wichtiges betriebliches Interesse besteht, etwa weil sich auch Arbeitskollegen angesteckt haben könnten.
Was, wenn der Arbeitgeber an der Krankmeldung zweifelt?
Sollte der Arbeitgeber an der Richtigkeit der Krankmeldung des Arbeitnehmers zweifeln, stellt sich die Frage, inwieweit eine Überprüfung der ärztlichen Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitgeber rechtlich möglich ist.
Fortsetzungserkrankung vs. Wiederholungserkrankung
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nur zu einer Entgeltfortzahlung von bis zu sechs Wochen verpflichtet. Danach übernimmt die Krankenkasse mit dem Krankengeld die Kosten. Bei einer Fortsetzungserkrankung, die vorliegt, wenn dieselbe Krankheit erneut auftritt und die Arbeitsunfähigkeit damit auf demselben Grund beruht, muss der Arbeitgeber nur in den Ausnahmefällen des § 3 EntgFG weitere sechs Wochen die Entgeltfortzahlung tragen.
Anders hingegen bei Wiederholungserkrankungen. Diese liegen vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers auf jeweils verschiedenen Gründen beruhen. Somit liegt auch jeweils eine neue Erkrankung vor und der Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung von bis zu sechs Wochen entsteht jedes Mal neu. Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen also deutlich länger zur Entgeltfortzahlung verpflichtet sein. Er hat daher ein wirtschaftliches Interesse daran, zu wissen, ob es sich um eine Fortsetzungs- oder um eine Wiederholungserkrankung handelt.
Die Beweislast, dass es sich bei der Erkrankung des Arbeitnehmers um eine Fortsetzungserkrankung handelt und der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung nur für einen Zeitraum von sechs Wochen besteht, liegt beim Arbeitgeber. Da dieser allerdings kaum in der Lage ist, das Bestehen einer Fortsetzungserkrankung darzulegen, kann er entweder, sofern der Arbeitnehmer gesetzlich versichert ist, nach den Regelungen des SGB X bei der zuständigen Krankenkasse nachfragen, ob eine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Anderenfalls kann der Arbeitnehmer auf Antrag des Arbeitgebers den behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht entbinden. Die zu übermittelnden Informationen beschränken sich in diesem Fall allerdings ebenfalls ausschließlich auf die Mitteilung, ob eine Fortsetzungserkrankung angenommen werden kann oder nicht. Eine Übermittlung der Diagnose darf hingegen auch in diesem Fall nicht erfolgen.
Hat der Arbeitgeber weitere Handlungsmöglichkeiten?
In der Regel lässt den Arbeitgeber lediglich ein Bauchgefühl an der Krankmeldung des Arbeitnehmers zweifeln. Konkrete Anhaltspunkte bzw. eine eindeutige Sachlage werden nur in Einzelfällen vorliegen. Sollten sich die Zweifel verstärken, kann es hilfreich sein, das persönliche Gespräch mit dem Beschäftigten zu suchen. In diesem ist der Beschäftigte allerdings ebenfalls nicht verpflichtet, über die Erkrankung Auskunft zu geben. Zusätzlich ist es dem Arbeitgeber erlaubt, sich den Nachweis über die Arbeitsunfähigkeit bereits ab dem ersten Tag vorlegen zu lassen. Sollte der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht rechtzeitig vorlegen oder der Arbeitnehmer ernsthafte Zweifel im Sinne des SGB V an der Arbeitsunfähigkeit vortragen können, können Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einer sog. Zusammenhangsanfrage bei der Krankenkasse, d. h. bei berechtigten Zweifeln kann ein Arbeitgeber erfragen, ob vorhergehende Arbeitsunfähigkeiten aufgrund derselben Krankheit bestanden. Darüber hinaus kann von der Krankenkasse verlangt werden, dass diese eine gutachterliche Stellungnahme bei einem unabhängigem Gutachterteam, dem medizinischen Dienst, einholt. Eine entsprechende Begutachtung kann von der Krankenkasse allerdings abgelehnt werden, sofern die Arbeitsunfähigkeit aus den vorliegenden Diagnosen eindeutig nachvollzogen werden kann. Sollte eine Stellungnahme jedoch eingeholt werden, kann diese den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern.
Darf der Arbeitgeber zusätzlich einen Detektiv beauftragen?
Die Überwachung von Beschäftigten durch einen Privatdetektiv ist hingegen nur innerhalb enger rechtlicher Grenzen möglich (BAG, Az.: 2 AZR 597/16). Der Detektiv erhebt im Rahmen seiner heimlichen Observation nicht nur allgemeine Daten zu Aufenthaltsorten und Aktivitäten, sondern gegebenenfalls auch Gesundheitsdaten, sofern der sichtbare Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Rahmen der Beobachtung dokumentiert wird. Für diese Daten ist der Arbeitgeber verantwortlich im Sinne der DSGVO. Eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten liegt in diesem Zusammenhang allerdings nur vor, sofern die Verarbeitung erforderlich ist, damit der Verantwortliche, die ihm aus dem Arbeitsrecht erwachsenden Rechte ausüben kann. Ob das Vorliegen einer entsprechenden Rechtsgrundlage angenommen werden kann, lässt sich generell nicht beantworten, sondern ist vielmehr eine Entscheidung des Einzelfalls.
Ausnahme: Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Nach § 167 Abs. 2 SGB IX muss ein Arbeitgeber allen Arbeitnehmer – langzeiterkrankte sowie häufig kurz erkrankte –, die jährlich länger als 6 Wochen abwesend sind, ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten. Im Rahmen dessen wird erörtert, wie die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen vorgebeugt werden kann. Dafür müssen dann natürlich auch die Gründe für die vorherigen Krankmeldungen angeben werden.
Eine Pflicht zur Teilnahme am BEM für den Mitarbeiter existiert grundsätzlich nicht. Die Angabe der Gründe für die krankheitsbedingte Abwesenheit ist somit freiwillig. Sollte der Arbeitnehmer die Teilnahme allerdings ablehnen, kann sich dies im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung und bezüglich möglicher Sozialleistungsansprüche negativ für ihn auswirken, sodass ein gewisser Druck besteht. Dafür sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen, die an die Durchführung des BEM-Verfahrens gestellt werden, relativ hoch und Verstöße können dem Mitarbeiter in einem anschließenden Kündigungsstreit positiv zu Gute kommen.
Geheime Krankenakten sind jedenfalls nicht die Lösung
Dass das Ausforschen von Gründen der Krankmeldung durch Vorgesetzte keine gute Idee ist, zeigt ein Bußgeldverfahren gegen den schwedischen Modekonzern H&M aus dem Jahr 2019.
Unter anderem wurden in diesem Fall Mitarbeitende nach krankheitsbedingter Abwesenheit zu einem „Welcome Back Talk“ eingeladen. In diesem Gespräch wurden sodann weitere Informationen zu den Hintergründen der Krankmeldung erfragt und diese Daten in einer geheimen Datenbank für die Führungskräfte gespeichert. Letztlich kam dieses Vorgehen durch einen Konfigurationsfehler ans Licht, aufgrund dessen das Netzwerklaufwerk mit den betroffenen Informationen eine kurze Zeit für alle Mitarbeitenden sichtbar war. Das Ende vom Lied waren ein immaterieller Schadensersatz von 2.500 € für alle Mitarbeiter und ein Bußgeld in Höhe von 35,3 Millionen Euro durch die Hamburger Datenschutzaufsichtsbehörde.
Krankmeldung: Die Diagnose ist und bleibt Privatsache
Die Krankmeldung des Arbeitnehmers ist ein heikles Thema und aufgrund der Verarbeitung von Gesundheitsdaten datenschutzrechtlich an besondere Voraussetzungen geknüpft. Bei tatsächlichen Zweifeln sind dem Arbeitgeber grundsätzlich einige Möglichkeiten geboten, um die Richtigkeit der Bescheinigung zu überpüfen. Doch eins steht im Ergebnis fest: Die konkrete Diagnose ist und bleibt die Privatsache des Arbeitnehmers.
Hallo,
im Absatz : Muss ich meinem Arbeitgeber sagen, warum ich krank bin? im zweiten Satz sollte es vermutlich „Nennen“ heißen, richtig ?
Auch erschließt sich mir die Formulierung/Differenzierung zwischen „Fortsetzungserkrankung“ und „Wiederholungserkrankung“ nicht. Okay, als Selbstständiger kämpfe ich nicht mir dem gelben Schein und aus Sicht des Datenschutz spielt es wohl eher eine untergeordnete Rolle.
Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Abschnitt noch einmal überarbeitet und hoffen, dass der Unterschied aus dem Text jetzt klarer ersichtlich wird.