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Überwachung am Arbeitsplatz – Das ist Unternehmen erlaubt

Überwachung am Arbeitsplatz – Das ist Unternehmen erlaubt

Potenziell kann jeder Arbeitnehmer eine Gefährdung für den Arbeitgeber sein – damit machen Anbieter von Spionagesoftwares Werbung, um Arbeitnehmer am Arbeitsplatz systematisch zu überwachen. Wie sehen die Interessen der beiden Parteien in solchen Fällen aus? Welche Zwecke werden mit einer Überwachung verfolgt und wovor müssen die Arbeitnehmer geschützt werden? Antworten auf all diese Fragen sowie die Rechte des Arbeitnehmers als auch die möglichen Überwachungsformen durch den Arbeitgeber sind Thema des heutigen Beitrages.

Interessen des Arbeitgebers an der Arbeitnehmerüberwachung

Spoiler-Alert: Die Interessen des Arbeitgebers entsprechen nicht den der Arbeitnehmer, wer hätte das gedacht. Die Gründe für das Interesse an einer Arbeitnehmerüberwachung können ganz unterschiedlich sein. Zum einen kann etwas Ernsthaftes vorgefallen sein. Zum anderen kann es aber auch sein, dass der Arbeitgeber ein Kontrollfreak oder Stalker ist und das Verhalten am Arbeitsplatz überwachen möchte. Neben diesen überspitzten Gründen können mit der Überwachung aber natürlich auch äußerst wichtige Zwecke verfolgt werden.

Welchen Zweck verfolgt die Überwachung?

Die kreativen Köpfe können als Zweck natürlich so alles nennen, was ihnen in den Sinn fällt: Wer sucht, der findet. Doch zu den in der Praxis am häufigsten verfolgten Zwecke gehören folgende:

  • Kontrolle der arbeitsvertraglichen Pflichten:
    Der Klassiker. Hier geht es in der Regel um die Frage, ob Arbeitszeitbetrug begangen wurde. Es kann sich erstrecken bis hin zur Erfüllung der Arbeits-, Treue-, Handlungs- oder Gehorsamspflicht.
  • Vorbeugung einer Haftung bei datenschutzrechtlichen Verstößen:
    Bad News – ein Datenschutzvorfall. Wenn dieser auf den Mitarbeitenden zurückzuführen ist, herrscht immer noch keine Einheitlichkeit, ob die DSGVO oder das OWiG bei der Haftung zu berücksichtigen ist. Im Gegensatz zu dem Haftungsansatz nach § 41 BDSG, §§ 30, 130 OWiG haften Unternehmen im Sinne des Art. 83 DSGVO für Datenschutzverstöße eines jeden Mitarbeiters. Nur bei einem bewussten Fehlverhalten des Mitarbeiters, was nicht zu seinem unternehmerischen Aufgaben- und Tätigkeitsbereich gehört, haftet das Unternehmen nicht. Dieser Ansatz kann demnach auch als Zweck angesehen werden.
  • Vorbeugung von kartellrechtlichen Absprachen:
    Oh no. Welcher der Mitarbeitenden war in Kartellen verwickelt und wusste von den Absprachen? Das kommt erst zum Zeitpunkt von Ermittlungsverfahren ans Licht. Doch in solchen Fällen tickt die Zeit: Denn welcher Beteiligte zuerst handelt und den Sachverhalt der Kartellbehörde vorlegt, kann von der Kronzeugenregelung profitieren. Und wie kann erreicht werden? Wahrscheinlich mit einer Überwachung…
  • Schutz vor internen Tätern:
    Die Gefahr kommt nicht immer von außen. Die Anzahl der Unternehmen, die von Wirtschafts- und Cyberkriminalität betroffen waren, steigt von Jahr zu Jahr. Mit insgesamt 57% waren interne Täter bei schwerwiegendsten Delikten mit 31% Hauptverantwortlicher und mit 26% Mittäter zusammen mit externen Tätern. Eines der vielleicht am einfachsten zu begehenden Straftaten gehört das Verraten von Geschäftsgeheimnissen. Um sich hiervor zu schützen, erscheint eine Überwachung für Arbeitgeber plausibel.
  • Abwehr von Cyber-Angriffen, die Mitarbeiter ausnutzen:
    Wenn der eigene Mitarbeiter zum Risikofaktor Täter von Cyber-Angriffen nutzen die Gutgläubigkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen aus. Um dieser Methode entgegenzuwirken, wird die Überwachung als Maßnahme eingesetzt.

Interessen des Arbeitnehmers am Schutz vor Überwachung am Arbeitsplatz

Auch wenn der Arbeitgeber gewisse Gründe zur Überwachung hat bzw. in Theorie hätte, so ist es bedingungslos nicht umzusetzen. Denn seitens des Arbeitnehmers besteht auch das Interesse, sich vor Überwachungen am Arbeitsplatz zu schützen. Doch wovor müssen die Arbeitnehmer denn überhaupt beschützt werden und welche Rechte spielen hierbei eine Rolle? Der Perspektivwechsel auf Arbeitnehmerseite verrät die Antwort.

Welche Rechte des Arbeitnehmers spielen bei der Mitarbeiterüberwachung eine Rolle?

Obwohl die Grundrechte im Prinzip als Abwehrrecht gegen staatliches Handeln gelten, entfaltet der Schutzgehalt auch im Privatrecht seine Wirkung, indem er auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften strahlt (Bundesarbeitsgericht BAG, Urt. v. 16. 11. 2010 – Az. 9 AZR 573/09, Rn. 41.). Das Interesse des Arbeitnehmers wird in diesen Fällen grundrechtlich geschützt. Die einschlägigen Grundrechte der Arbeitnehmer sind das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG und die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG. Diese beiden Grundrechte im Zusammenhang gelten als das allgemeine Persönlichkeitsrecht. In den Schutzbereich fallen insbesondere:

  • das Recht auf informationelle Selbstbestimmung,
  • die Privatsphäre,
  • der Ehrschutz sowie
  • das Recht am eigenen Bild.

In all diese Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrecht können durch eine Überwachung am Arbeitsplatz seitens des Arbeitgebers eingegriffen werden, solange seine Interessen nicht überwiegen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist jedoch sehr grundlegend, sodass der Hintergrund bzw. Schutzziel des Datenschutzrechts ebenfalls darauf zurückzuführen ist.

Sobald Mitarbeitende am Arbeitsplatz überwacht werden, entsteht ein Überwachungsdruck, der zu einer gesteuerten Verhaltensweise führt. Mit einem dauerhaften psychischen Druck zu arbeiten und sekündlich auf das eigene Verhalten zu achten und es anzupassen, wird in vielen Fällen die freie Entfaltung der Persönlichkeit gefährden und die Menschenwürde verletzen.

Wovor müssen Arbeitnehmer bei der Überwachung am Arbeitsplatz geschützt werden?

Nun stellt sich die Frage, wovor die oben genannten Rechte die Arbeitnehmer überhaupt konkret schützen müssen. Die Antwort darauf ist schnell gegeben, denn durch den technischen Fortschritt und der Digitalisierung nehmen auch die Überwachungsmittel und -möglichkeiten zu. Noch obendrauf: Bei den legitimen Zwecken der Überwachung wird nicht selten über das eigentliche Ziel hinausgeschossen. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn etwa der nun (gefühlte) Kontrollverlust durch das Pandemie bedingte Homeoffice mit immer invasiveren Überwachungsmethoden wie Monitoring-Tools kompensiert werden soll.

Es ist durchaus kein Szenario aus einem dystopischen Science-Fiction-Film. Denn Anbieter von Spionagesoftware breiten sich auf dem Markt aus und Überwachung von Angestellten ist bereits Praxis geworden, denn „Jeder ist für den Arbeitgeber potenziell verdächtig“.

Ist die Überwachung von Mitarbeitern am Arbeitsplatz erlaubt?

Ob die Überwachung von Mitarbeiten am Arbeitsplatz nun erlaubt ist oder nicht – dazu gibt es keine eindeutige Antwort, denn jeder Fall ist aufgrund seiner Umstände ein Einzelfall. In der Regel wird eine Überwachung dafür eingesetzt, dass Pflichtverletzungen aufgedeckt werden, die eine Kündigung rechtfertigen. Der § 26 BDSG erlaubt insbesondere auch die Datenverarbeitung zur Beendigung des Beschäftigtenverhältnisses, worunter auch die Aufdeckung einer Pflichtverletzung gehört. Doch hier ist zu beachten, dass jede Überwachung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen kann. Um einen Beurteilungsmaßstab für solche Fallkonstellationen zu haben, hat die Rechtsprechung zum § 26 BDSG (§32 BDSG aF) Grundsätze der Mitarbeiterüberwachung herausgearbeitet.

Im Beispiel des Falles einer Dauerüberwachung durch Keylogger hat das BAG im Urteil vom 27.07.2017 (Az. 2 AZR 681/16) den anlasslosen Einsatz als Unzulässigkeit erklärt.

In einem anderen Beispiel bei einer Überwachung durch einen Detektiv, hat das BAG in seinem Urteil vom 29.07.2017 (Az. 2 AZR 597/16) für zulässig erklärt.

In diesen beiden Urteilen wurden die Grundsätze der Mitarbeiterüberwachung angewendet. Im Rahmen von Überwachungen am Arbeitsplatz ist der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mitarbeiter zulässig, wenn:

  • ein konkreter Verdacht mit Tatsachen einer strafbaren Handlung oder einer anderen schwerwiegenden Pflichtverletzung im Arbeitsverhältnis bestand,
  • weniger einschneidende bzw. mildere Mittel zur Aufklärung des Verdachts wurden ergebnislos ausgeschöpft,
  • die Maßnahme der Überwachung das einzig verbleibende Mittel darstellt und
  • diese Maßnahme nicht insgesamt unverhältnismäßig war.

Was darf oder kann der Arbeitgeber überwachen?

Der Arbeitgeber kann auf unterschiedliche Weise seine Mitarbeitenden überwachen. Abgesehen davon, dass es viele Möglichkeiten gibt, ist hier entscheidend, was der Arbeitgeber unter den Umständen des Einzelfalles überhaupt darf. Einige Beispiele für mögliche Überwachungsformen sind:

Weiß der Arbeitgeber zu wenig oder doch zu viel?

Bei dem Thema Überwachung am Arbeitsplatz stehen sich die Parteien gegenüber: Der Arbeitgeber kann Interessen an einer Überwachung haben und der Arbeitnehmer am Schutz vor einer Überwachung. Die verfolgten Zwecke können unterschiedlich sein, doch in vielen Fälle ist es eine Aufdeckung. Sei es von Pflichtverletzungen, kartellrechtlichen Absprachen oder die Vorbeugung einer Haftung bei Datenschutzverletzungen. Die Zulässigkeit einer Überwachungsmaßnahme unterliegt jedoch strengen Anforderungen, denn das allgemeine Persönlichkeitsrecht spielt hierbei eine Rolle. Arbeitnehmer müssen vor dauerhaften psychischen Druck und vor zwanghaften Verhaltensanpassungen geschützt werden. Auch wenn dem Arbeitgeber in Theorie viele Möglichkeiten zur Überwachung zu stehen, ist eine pauschale Aussage über die Zulässigkeit nicht möglich. Jeder Fall muss einzeln betrachtet werden. Dafür kann der Datenschutzbeauftragte unterstützend und beratend zum Einsatz kommen. Wichtig ist zudem: den Betriebsrat nicht vergessen einzuschalten!

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