Nachdem Shopping Trips nicht mehr ausschließlich auf den Onlinehandel begrenzt sind, sondern Kaufwillige wieder uneingeschränkt die Innenstädte und Einkaufszentren fluten können, stellen sich im Anschluss dort getätigter Einkäufe mitunter Fragen, die so nicht im e-commerce auftauchen. Der vorliegende Beitrag verhält sich zu dem Thema, ob stationäre Einzelhändler (im Folgenden: Einzelhändler) bei einer Rückgabe oder einem Umtausch mangelfreier Kaufsachen im Ladengeschäft personenbezogene Daten ihrer Kunden erheben dürfen und wirft abschließend einen Blick darauf, was Einzelhändler aus datenschutzrechtlicher Sicht mitunter sonst noch beachten sollten.
Der Inhalt im Überblick
Rückgabe, Umtausch und was personenbezogene Daten damit zu tun haben
Wenn die Schlange vor den Umkleidekabinen schier unendlich scheint, mag es schon einmal vorkommen, dass man auf eine Anprobe vor Ort verzichtet und das „Objekt der Begierde“ einfach „auf gut Glück“ kauft – wer kennt es nicht? Stellt man zuhause dann jedoch fest, dass man sich bei der Größe vertan hat, dass das Kleidungsstück auf dem Bügel besser aussah als getragen oder ähnliches ist man schneller zurück im Geschäft als gedacht und die ursprüngliche Zeitersparnis hinfort.
Erfreulich ist insofern zunächst einmal, dass viele Einzelhändler sich in diesem oder ähnlichen Szenarien kulant zeigen. Obschon sie nämlich grundsätzlich weder dazu verpflichtet sind verkaufte mangelfreie Sachen auf Wunsch des Kunden gegen Rückerstattung des Kaufpreises oder Ausgabe eines Gutscheins zurückzunehmen noch solche Sachen umzutauschen, sind viele Einzelhändler dennoch dazu bereit; „das Glas ist halb voll“.
Allerdings dürften Rückgabe und Umtausch nicht selten die Erhebung von personenbezogenen Daten der Kunden durch den kulanten Einzelhändler mit sich bringen; dies auch dann, wenn ursprünglich ohne Einbezug jeglicher personenbezogenen Daten – in bar – gezahlt worden ist.
So werden Kunden im Rahmen der Rückgabe einer mangelfreien Kaufsache gegen Rückerstattung des Kaufpreises oder gegen Ausgabe eines Gutscheines sowie bei einem entsprechenden Umtausch mitunter dazu aufgefordert den Erhalt des rückerstatteten Kaufpreises, des Gutscheines oder der gleichartigen Kaufsache mittels Unterschrift zu bestätigen. Oftmals werden sie in diesem Zusammenhang zusätzlich gebeten ihren Namen und ihre Postanschrift anzugeben. Es mag ferner vorkommen, dass Kunden in diesem Kontext auch nach ihrer E-Mail-Adresse und/oder ihrer Telefonnummer gefragt werden. Ob, wie viele und welche dieser Daten bei einer Rückgabe oder einem Umtausch abgefragt werden hängt von dem jeweiligen Einzelhändler ab, bei dem man insofern vorstellig wird.
Unterschrift, Name, Kontaktdaten – Erhebung nur mit Rechtsgrundlage
Was all‘ den vorgenannten Daten gemein ist? Es handelt sich bei ihnen sämtlich um personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechtes, für deren Erhebung – wie hier durch den jeweiligen Einzelhändler – es einer datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage bedarf.
Einzelhändler unterliegen diversen Steuerpflichten. So unterfällt etwa der Verkauf der durch diese entsprechend angebotenen Sachen – wie Kleidungsstücke, Schuhe, Make-Up und andere Konsumgüter – regelmäßig der Umsatzsteuer. Schuldner dieser Steuer ist der jeweilige Einzelhändler; er muss daher in Bezug auf solche Sachen eine so genannte Voranmeldung übermitteln und hierfür die Höhe der in diesem Zusammenhang zu entrichtenden so genannten Vorauszahlung selbst berechnen.
Als Grundlage einer solchen sowie der Berechnung anderer Steuern und für etwaige diesbezügliche Nachprüfungen haben Einzelhändler im Rahmen einer ordnungsgemäßen Buchführung entsprechende Aufzeichnungen über ihre Ausgaben und Einnahmen anzufertigen und für gewisse, gesetzlich festgelegte Zeiträume aufzubewahren; Kasseneinnahmen und -ausgaben sind grundsätzlich täglich festzuhalten. Die Erstellung von Bons beim Verkauf einer Sache sowie von Rückgabe- und Umtauschbelegen kann der Erfüllung dieser Aufzeichnungspflicht dienen. Werden Einzelhändler dieser Pflicht hingegen durch die Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme gerecht, so sind sie dennoch grundsätzlich zur Ausstellung entsprechender Buchungsbelege für ihre Kunden verpflichtet.
Weil Kunden, welche eine Sache zurückgeben oder umtauschen, regelmäßig gebeten werden personenbezogene Daten – wie Unterschrift, Name, Postanschrift – auf dem Rückgabe- oder Umtauschbeleg zu vermerken, kommt vor dem Hintergrund der vorbeschriebenen Aufzeichnungspflicht als Rechtsgrundlage für derartige Datenerhebungen zunächst Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO und ferner Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO in Betracht.
Zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung
Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO datenschutzrechtlich zulässig, wenn
„(…) [sie] zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich [ist], der der Verantwortliche [hier: der jeweilige Einzelhändler] unterliegt (…).“
Zwar kann die Erstellung von physischen Bons, Rückgabe- und Umtauschbelegen der Erfüllung der vorbeschriebenen Aufzeichnungspflicht als rechtliche Verpflichtung, der der jeweilige Einzelhändler unterliegt, dienen. Allerdings kann eine Datenverarbeitung nur dann auf den vorzitierten Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO gestützt werden, wenn die rechtliche Verpflichtung, auf die er sich bezieht, ausdrücklich die in Rede stehende Datenverarbeitung vorschreibt.
Weil die Normen, aus welchen sich die Aufzeichnungspflicht als Ausprägung der ordnungsgemäßen Buchführung ergibt, jedoch gerade nicht die Erhebung personenbezogener Daten von zurückgebenden oder umtauschenden Kunden – wie etwa deren Unterschrift, Name und Postanschrift – vorschreiben, kann Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO letztlich nicht als Rechtsgrundlage derartiger Erhebungen durch einen Einzelhändler dienen.
Zur Wahrung berechtigter Interessen
Gem. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO ist
„(…) [eine Datenverarbeitung] rechtmäßig, wenn (…) [sie] zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen [hier: des jeweiligen Einzelhändlers] oder eines Dritten erforderlich [ist], sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person [hier: des jeweiligen Kunden], die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (…).“.
Berechtigte Interessen des Einzelhändlers
Es wird zunächst einmal das Interesse des Einzelhändlers, im Sinne einer ordnungsgemäßen Buchführung sämtliche Geschäftsvorfälle umfassend zu dokumentieren und diese mithin nachweisbar sowie erforderlichenfalls gegenüber dem Finanzamt erläuterbar festzuhalten, als berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UAbs.1 lit. f) DSGVO einzuordnen sein.
Darüber hinaus dürfte der jeweilige Einzelhändler auch ein berechtigtes Interesse daran haben, etwaige Missbräuche seines kulanten Verhaltens – sei es durch seine eigenen Beschäftigten (zu denken wäre hier etwa an eine Unterschlagung des vermeintlich rückerstatteten Kaufpreises), sei es durch rückgebende oder umtauschende Kunden – zu verhindern beziehungsweise aufdecken und nachverfolgen zu können.
Erforderlichkeit der Datenverarbeitung
Als weitere Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO müsste die Erhebung der Unterschrift, des Namens sowie der Postanschrift und gegebenenfalls von weiteren Kontaktdaten eines zurückgebenden oder umtauschenden Kunden durch den Einzelhändler auch zur Wahrung seiner vorab herausgearbeiteten berechtigten Interessen erforderlich sein.
Diese Voraussetzung stellt eine Ausprägung des Grundsatzes der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO) dar, welcher besagt, dass stets nur dasjenige an personenbezogenen Daten erhoben werden darf, welches für die Erreichung des jeweils mit der Datenverarbeitung verfolgten Zwecks erforderlich ist.
Erforderlich zur Wahrung der im Rahmen von Rückgabe und Umtausch aus Kulanz bestehenden berechtigten Interessen des jeweiligen Einzelhändlers dürfte die Erhebung der Unterschrift, des Namens sowie der Postanschrift des jeweiligen Kunden durch den Einzelhändler sein. Grund hierfür ist, dass die Erhebung dieser personenbezogenen Daten die Nachweiskraft des Rückgabe- oder Umtauschbeleges intensiviert. Während mit dem Rückgabe- beziehungsweise Umtauschbeleg bereits der jeweilige Vorgang von Seiten des Einzelhändlers selbst dokumentiert wird, bestätigt der nicht „im Lager“ des Einzelhändlers „stehende“ Kunde mit seiner Unterschrift, dass der jeweilige Vorgang erfolgt ist. Darüber hinaus enthält die Unterschrift des Kunden mitsamt der Angabe seines Namens sowie seiner Postanschrift die ergänzende Aussage, dass die Rückerstattung des Kaufpreises an genau diesen Kunden geflossen ist beziehungsweise genau dieser Kunde einen Gutschein erhalten oder die in Rede stehende Kaufsache gegen eine andere gleichartige Kaufsache umgetauscht hat.
Nicht ersichtlich ist hingegen, inwiefern die zusätzliche Erhebung weiterer Kontaktdaten zur Wahrung der im Zusammenhang von Rückgabe oder Umtausch aus Kulanz bestehenden berechtigten Interessen des jeweiligen Einzelhändlers erforderlich sein soll.
Interessenabwägung
Schließlich dürften die im Rahmen von Rückgabe und Umtausch mangelfreier Kaufsachen bestehenden berechtigten Interessen eines Einzelhändlers nicht durch schutzwürdige Interessen eines rückgebenden oder umtauschenden Kunden, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwogen werden. Auch diese letzte Voraussetzung des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO scheint hier vorzuliegen.
Von maßgebender Bedeutung für die Gewichtung der sich hier konkret gegenüberstehenden Interessen dürfte sein, dass dem jeweiligen Kunden eine „Kulanzleistung“ des Einzelhändlers zuteilwird, auf die er gerade keinen gesetzlich normierten Anspruch hat. Während sich also der Einzelhändler, ohne dass er hierzu verpflichtet wäre, in eine für ihn zunächst einmal nachteilige Lage begibt, erlangt der Kunde hierdurch wechselseitig gerade einen Vorteil.
Verstärkt wird dieses Ungleichgewicht dadurch, dass der Kunde nicht nur keinen gesetzlich normierten Anspruch auf die Rückgabe einer mangelfreien Kaufsache gegen Rückerstattung des Kaufpreises beziehungsweise Ausgabe eines Gutscheines oder auf einen derartigen Umtausch hat. Vielmehr befindet er sich infolge der Mangelfreiheit der Kaufsache auch in keiner „Zwangslage“, sondern begibt sich „freiwillig“ in die Situation der Rückgabe oder des Umtausches und mithin auch in die der Datenerhebung.
Der Einzelhändler hingegen wird die „Kulanzleistung“ bereits nicht vollkommen freiwillig erbringen, sondern sich hierzu mehr oder weniger gezwungen sehen. So wird er entsprechend agieren, um (potentielle) Kunden nicht an Mitbewerber zu verlieren; insbesondere solche des Onlinehandels, gegenüber denen Kunden regelmäßig ein Widerrufsrecht zusteht.
Hat sich der Einzelhändler nun aber in die aufzeichnungspflichtige und im Zweifel gegenüber dem Finanzamt zu erläuternde Situation der Rückgabe beziehungsweise des Umtausches einer mangelfreien Kaufsache durch den Kunden sowie in das hiermit verbundene potentielle Risiko eines Missbrauches seines kulanten Verhaltens begeben, erscheinen seine in diesem Zusammenhang bestehenden und oben dargestellten berechtigten Interessen höher zu gewichten zu sein, als etwa das Interesse eines Kunden, seine Unterschrift, seinen Namen und seine Postanschrift gerade nicht auf einem Rückgabe- oder Umtauschbeleg gegenüber dem Einzelhändler offenzulegen.
Datenerhebung? Ja, aber…
Die obigen Ausführungen zeigen: Einzelhändler werden im Rahmen der Rückgabe einer mangelfreien Kaufsache gegen Rückerstattung des Kaufpreises oder gegen Ausgabe eines Gutscheines sowie im Zusammenhang eines derartigen Umtausches die Unterschrift, den Namen und die Postanschrift des rückgebenden oder umtauschenden Kunden auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO erheben dürfen. Die zusätzliche Erhebung einer E-Mail-Adresse und/oder einer Telefonnummer des jeweiligen Kunden dürfte hingegen, infolge des Grundsatzes der Datenminimierung, auf der Grundlage des Art 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) DSGVO nicht datenschutzrechtlich zulässig sein.
Soweit es die Erhebung der Unterschrift, des Namens und der Postanschrift betrifft, sah dies in einem Fall aus dem Zeitraum 01.06.2003 bis 31.05.2005, in welchem ein Kunde gegen die Rückgabe einer Kaufsache den Kaufpreis rückerstattet bekam, auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz (ADD RLP) in ihrer damaligen Funktion als Aufsichtsbehörde für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich in Rheinland-Pfalz so (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Rheinland-Pfalz, „Zweiter Tätigkeitsbericht über den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich“, S. 18f.). Weil es in dem durch die ADD RLP entschiedenen Fall nicht darum ging, äußerte sich diese jedoch nicht zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit der zusätzlichen Erhebung einer E-Mail-Adresse und/oder einer Telefonnummer des Kunden. Zwar erging die entsprechende Entscheidung noch zur alten Rechtslage, die Erwägungen dürften jedoch, infolge der Entsprechung der Formulierungen der jeweiligen Rechtsgrundlagen, übertragbar sein.
Grundsätzlich keine Datenerhebung ohne … Informationspflicht
Wie jede Datenverarbeitung bringt auch die hier besprochene Erhebung der Unterschrift, des Namens und der Postanschrift zurückgebender oder umtauschender Kunden die Pflichten des Verantwortlichen (hier des jeweiligen Einzelhändlers) mit sich.
Hervorgehoben sei an dieser Stelle die Informationspflicht nach Art. 13 DSGVO. Einzelhändler sollten die in dieser Norm aufgeführten Pflichtinformationen auf der Rückseite eines jeden Rückgabe- und Umtauschbeleges abdrucken. Inhaltlich sollte ein besonderes – nicht ausschließliches – Augenmerk auf die Informationen zu den Zwecken, der Rechtsgrundlage und hiermit zusammenhängend zu dem berechtigten Interessen sowie zu möglichen Empfängern der erhobenen personenbezogenen Daten gelegt werden (vgl. Art. 13 Abs. 1 lit. c), d), e) DSGVO). Diese Informationen dürften regelmäßig von besonderer Bedeutung für die Entscheidung des Kunden über das „Ob“ des Tätigens seiner Angaben sein. Ergänzend zu den bereits vollständig auf dem jeweiligen Beleg aufgeführten Informationen bieten sich etwa
- ein diese Informationen wiederholender Aushang im Ladengeschäft,
- die Angabe der URL einer entsprechenden Website sowie
- ein zu dieser Website führender QR-Code an.
Schließlich sollten Einzelhändler wohl nicht nur die Art. 13 DSGVO Informationen wie vorbeschrieben auf der Rückseite ihrer Rückgabe- beziehungsweise Umtauschbelege abdrucken und gegebenenfalls ergänzend auch anderweitig zur Verfügung stellen, sondern vielmehr zusätzlich erwägen ihre in den Ladengeschäften tätigen Beschäftigten – etwa mittels entsprechender Arbeitsanweisung – dazu anzuhalten, Kunden bei der Ausgabe von Rückgabe- und Umtauschbelegen auf die abgedruckten Pflichtinformationen zum Datenschutz hinzuweisen.