Seit Anwendbarkeit der Datenschutz-Grundverordnung besteht bei Vereinen große Rechtsunsicherheit, ob Fotoaufnahmen von Mitgliedern oder von Veranstaltungsteilnehmern angefertigt und auf der Webseite des Vereins oder im Vereinszeitschrift noch veröffentlicht werden dürfen. Nachfolgend soll aufgezeigt werden, unter welchen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen eine zulässige Veröffentlichung von Bildaufnahmen erfolgen kann und was dabei zu beachten ist.
Der Inhalt im Überblick
- Warum unterfallen Fotos der DSGVO?
- Fotos zu journalistischen oder wissenschaftlichen Zwecken
- Veröffentlichung von Fotos im Vereinskontext: Rechtsgrundlagen
- Wann dürfen Mannschafts- oder Gruppenfotos veröffentlicht werden?
- Was ist bei Fotos von Vereinsveranstaltungen zu beachten?
- Die Pflicht zum Hinweis auf der geplanten Veröffentlichung der Fotos
- Kann ein Vereinsmitglied die Löschung des Fotos verlangen?
- Was, wenn Vereine Fotos ohne Rechtsgrundlage veröffentlichen?
- Vorsicht bei Veröffentlichung gegenüber unbegrenzten Personen
Warum unterfallen Fotos der DSGVO?
Nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürlich Person beziehen. Für die Identifizierbarkeit reicht es aus, dass ein Betrachter anhand der auf dem Foto erkennbaren (u.a. Gesichts-)Merkmale den Namen der abgebildeten Person zuordnen kann. Daher enthalten Fotos, die Personen abbilden, personenbezogene Daten. Fotos werden überwiegend mit Digitalkameras oder Smartphones aufgenommen. Dadurch werden neben dem Motiv zudem auch Metadaten wie Datum, Uhrzeit und GPS-Informationen in der Bilddatei abgelegt.
Die DSGVO ist bei Fotos nicht immer anwendbar. Wird das Foto etwa zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten aufgenommen, gilt die DSGVO nach dem sog. Haushaltsausnahme (Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO nicht (z.B. Familienfeier).
Fotos zu journalistischen oder wissenschaftlichen Zwecken
Ebenso findet die DSGVO nur eingeschränkt Anwendung, wenn Fotos zu journalistischen Zwecken verarbeitet werden, in diesen Fällen gilt das sog. Medienprivileg des Artikel 85 DSGVO. Über diese Öffnungsklausel können die einzelnen Mitgliedsstaaten Datenverarbeitungen zu journalistischen, künstlerischen, wissenschaftlichen und literarischen Zwecken von bestimmten Regelungen der DSGVO ausnehmen oder für sie spezielle Regeln erlassen. Das hat zur Folge, dass in Bundesländern, die vom Medienprivileg sehr weit Gebrauch gemacht haben, u.U. die DSGVO nur eingeschränkt beachtet werden muss.
So etwa in dem Bundesland Bayern. Bei der Veröffentlichung von Fotos zu journalistischen Zwecken, wie z.B. bei einer Mitgliederzeitung eines Berufsverbands, oder zu wissenschaftlichen Zwecken, etwa im Rahmen einer Publikationen eines Vereins für Heimatforschung, bedarf es keiner Rechtsgrundlage, sondern gemäß Art. 38 BayDSG sind aufgrund des Medienprivilegs nur die Vorschriften zum Datengeheimnis und zur Datensicherheit zu beachten.
Veröffentlichung von Fotos im Vereinskontext: Rechtsgrundlagen
Für alle anderen Konstellationen von Fotos im Vereinskontext gilt, dass Aufnahmen verboten sind, soweit für sie nicht ein Erlaubnistatbestand nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) – f) DSGVO vorliegt (Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt). Daher bedarf es im Vereinskontext sowohl für das Fertigen von digitalen Fotoaufnahmen von identifizierbaren Personen als auch die spätere Veröffentlichung grundsätzlich einer Rechtsgrundlage. Für die Veröffentlichung von Fotos im Vereinskontext kommen dabei insbesondere folgende in Betracht:
Überwiegendes berechtigte Interesse des Vereins an der Veröffentlichung, Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO:
Sofern nicht die Voraussetzungen des Medienprivilegs gegeben sind, muss das Interesse des Vereins an der Veröffentlichung von Fotos über Veranstaltungen (etwa Sportereignis) mit den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, die fotografiert und deren Fotos veröffentlicht werden sollen, abgewogen werden.
Im Rahmen dieser Abwägung sind auch die Wertung des Kunsturhebergesetz (KUG) und die dazu ergangenen Rechtsprechung zu beachten. Das KUG stellt in §§ 22, 23 besondere Regeln für das „Recht am eigenen Bild“ als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auf. Es ist nur im Rahmen der Veröffentlichung von Personenfotos, mithin nicht in Bezug auf Fotoaufnahmen, anwendbar.
Soweit Fotos im Zusammenhang mit dem Vereinsleben aufgenommen werden, wird man davon ausgehen, dass das Interesse des Vereins an der Veröffentlichung dem Interesse des Betroffenen überwiegt. Dies vor dem Hintergrund, dass etwa bei öffentlichen Veranstaltungen es der vernünftigen Erwartung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Veranstaltung entspricht, dass Fotos aufgenommen und veröffentlicht werden. Etwas anderes gilt dann, wenn es sich um Fotos aus der Intimsphäre, um diskriminierende Bilder oder um Fotos handelt, die einen Rückschluss auf besondere Kategorien i.S.d. Art. 9 Abs. 1 DSGVO zulassen. Es sein denn die betroffene Person hat dies offen zum Ausdruck gebracht.
Veröffentlichung der Bilder auf Grundlage eines Vertrags (Vereinssatzung), Art. 6 Abs. 1 lit. b) DSGVO:
Daneben kann die Vereinssatzung oder einer Datenschutzordnung eines Vereins Rechtsgrundlage dafür sein, dass Fotos, wie dort beschrieben, gefertigt und veröffentlicht werden dürfen. Mit dem Beitritt in den Verein akzeptiert das jeweilige Mitglied die dort festgelegten Voraussetzungen unter denen Fotos aufgenommen und veröffentlicht werden können.
Einwilligung in die Veröffentlichung der Fotos, Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO:
Vor Veröffentlichung kann nach ausreichender Information im Vorfeld auch die Einwilligung des Betroffenen eingeholt werden. Dies ist allerdings aufgrund des nach Art. 7 Abs. 3 S. 1 DSGVO bestehenden Widerrufrechts wenig praktikabel und oft auch nur erforderlich, wenn das Foto einer unbeteiligten Person veröffentlicht werden soll, die nicht damit rechnen muss, etwa weil sie etwa Zuschauer einer Veranstaltung ist.
Für die Veröffentlichung von Fotos von aktiven Teilnehmen an Veranstaltungen dürfte ebenfalls eine Interessenabwägung ausreichend sein, da die Fotos im Zusammenhang mit dem Vereinsleben stehen.
Eine Einwilligung muss nicht zwingend schriftlich eingeholt werden, eine konkludente Einwilligung etwa durch Posieren oder Lächeln in die Kamera reicht aus.
Wann dürfen Mannschafts- oder Gruppenfotos veröffentlicht werden?
Ein Verein darf Mannschaftsfotos auf der Grundlage des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO veröffentlichen, da der Verein ein berechtigtes Interesse daran hat, über das Vereinsgeschehen zu informieren.
Was gilt bei Mannschaftsfotos von Minderjährigen?
In Bezug auf minderjährige Teilnehmer dürfen Fotos nur mit Einwilligung der Erziehungsberechtigten veröffentlicht werden, da Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO von einem Überwiegen der Interessen der betroffenen Person ausgeht, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Kinder genießen einen besonderen Schutz, da sie sich der Risiken und Folgen einer Datenverarbeitung oft weniger bewusst sind.
Was ist bei Fotos von Vereinsveranstaltungen zu beachten?
Die Veröffentlichung von Fotos, welche auf Veranstaltungen (etwa einer Sportveranstaltungen) gefertigte wurden, kann ebenfalls auf Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO gestützt werden, da das berechtigtes Interesse des Vereins über das sportliche Geschehen zu berichten den Interesse des Betroffenen grundsätzlich überwiegt. Etwas anderes gilt dann, wenn kein Bezug zum Spielgeschehen mehr besteht. Mithin ist darauf zu achten, dass stets der Charakter der (Sport-)Veranstaltung klar zu erkennen ist. Aus diesem Grund sollte nicht etwa eine Person besonders hervorgehoben werden oder gar gezielt fotografiert werden.
Die Pflicht zum Hinweis auf der geplanten Veröffentlichung der Fotos
Vor der geplante Veröffentlichung der angefertigten Fotos muss der Verein die Informationspflichten aus Art. 13 DSGVO erfüllen und u.a. die Veröffentlichung von Mannschaftsfotos als berechtigtes Interesse der Vereins i. S. d. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO angeben, genau bezeichnen auf welcher Plattform eine Veröffentlichung geplant ist (etwa auf der Website) und auf das Widerspruchsrecht hinweisen (Art. 21 Abs. 4 DSGVO).
Neumitgliedern können etwa Informationsblätter ausgehändigt und Altmitglieder über die Vereinszeitschrift informiert werden.
In Bezug auf die Informationspflicht gegenüber den Zuschauern einer Sportveranstaltung ist es aus der Sicht des LfDI Baden-Württemberg vertretbar, die Zuschauer durch einen Aushang an den Eingängen einer Sportstätte über die wesentlichen Angaben nach Art.14 Abs. 1 DSGVO zu informieren, insbesondere darüber, an wen sich der Betroffene wenden kann, wenn er aus besonderen Gründen nicht abgelichtet werden möchte (Art. 21 DSGVO).
Kann ein Vereinsmitglied die Löschung des Fotos verlangen?
Hierbei ist zu differenzieren. Sofern die Veröffentlichung des Fotos auf einer Einwilligung des Betroffenen beruht, so hat der Verein bei Widerruf der Einwilligung die entsprechenden Fotos zu löschen.
Erfolgt eine Veröffentlichung hingegen auf Grundlage des Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f) DSGVO und widerspricht ein Mitglied der weiteren Verwendung seiner personenbezogenen Daten gem. Art. 21 Abs. 1 DSGVO, so sind die Fotos nur dann zu löschen, wenn der Verein keine zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung gelten machen kann, die die Interessen, Rechte und Freiheiten der widersprechenden Person überwiegen.
Was, wenn Vereine Fotos ohne Rechtsgrundlage veröffentlichen?
Der Pressekodex schützt die Medienunternehmen vor den Haftungsregelungen der DSGVO, da er eigene pressespezifische Sanktionen enthält („Rüge statt Bußgeld“). Dieses Privileg gilt allerdings nicht für Vereine, da sich nur journalistisch-redaktionell strukturierte Medien dem Pressekodex verpflichten können. Daher können nach Art. 83 DSGVO von der Aufsichtsbehörde (bei schwerwiegenden Verstößen) auch Geldbußen verhängt werden, wenn ein Verein ohne Rechtsgrundlage Fotos veröffentlicht. Die Behörde kann aber einen Verein nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO für einen solchen Verstoß nur verwarnen.
Brisant sind die Veröffentlichungen von Gruppenfotos auf Social-Media Seiten. Das OVG Lüneburg bestätigt mit Beschluss vom 19.01.2021 eine Verwarnung der LfD Niedersachsen gegenüber einer Partei, die Gruppenfotos von Teilnehmern einer öffentlichen Veranstaltung in Form eines Ortstermins ohne die Einwilligungen der abgelichteten Personen oder die Unkenntlichmachung (z.B. durch Verpixelung) der Gesichter auf Facebook veröffentlichte. Dazu stellte schon die Vorinstanz fest, dass
„die Teilnehmer der Veranstaltung [zwar] erwarten [mussten], dass unmittelbar nach der Veranstaltung im Sommer 2014, auf der erkennbar fotografiert worden ist, eine Veröffentlichung zu journalistischen Zwecken etwa in den örtlichen Tageszeitungen erfolgt. Wie oben dargelegt, fällt aber eine Veröffentlichung auf einer Fanpage, die in erster Linie der Darstellung der Partei dient, nicht darunter.“
Zudem sei die Veröffentlichung des Fotos ohne Unkenntlichmachung der Personen nicht „erforderlich“ gewesen, da es der Partei nicht darauf ankam, dass gerade die abgebildeten Personen als solche in einem spezifischen Kontext zu ihrer politischen Tätigkeit steht, sondern sie viel mehr dokumentieren wollte, dass das Thema, für das er sich politisch eingesetzt hatte, auch eine größere Anzahl von Personen interessierte.
Vorsicht bei Veröffentlichung gegenüber unbegrenzten Personen
Bei der Veröffentlichung von Fotos durch Vereine findet die DSGVO Anwendung, sofern nicht das Medienprivileg greift. Als Rechtsgrundlage lässt sich bei Veranstaltungen grundsätzlich das berechtigte Interesse heranziehen. Insbesondere bei öffentlichen Veranstaltungen entspricht es den vernünftigen Erwartungen der Teilnehmer an der Veranstaltungen, dass Bilder gemacht und veröffentlicht werden. Lediglich wenn die Fotos einer unbegrenzten Personenzahl zugänglich gemacht werden sollen, etwa mittels öffentliche Facebook-Post, sollte man Vorsicht walten lassen. Sofern die Grundsätze aus der Datenschutz-Grundverordnung beachtet werden, können Fotos von Veranstaltungen ohne weiteres veröffentlicht werden, ohne dass sich der Verein Sanktionsmaßnahmen aussetzt.
Frage: Wie sieht es bei Betriebsrats Mitgliedern aus? Diese werden oft in einer internen Zeitschrift veröffentlicht. ( Innerhalb des Betriebes ) Fallen diese Fotos nun unter das Medienprivileg des Artikel 85 DSGVO. oder ist das Interesse des gesamt Betriebsrates höher als das Interesse des Betroffenen.
Bei der Veröffentlichung von Fotos von Betriebsrats Mitgliedern gelten dieselben Grundsätze, die bei der Veröffentlichung von Mitarbeiterfotos gelten. Sowohl die Aufnahme als auch die Veröffentlichung sollte immer auf die Einwilligung des Betroffenen gestützt werden. Das Medienprivileg stellt Medienvertreter nur insoweit von datenschutzrechtlichen Bestimmungen frei, als sie personenbezogene Daten „zu journalistischen oder literarischen Zwecken“ verarbeiten.
Zu Fotos im Unternehmen gibt es hier bereits zahlreiche Beiträge. TL,DR: Kein Foto ohne Einwilligung und auch keine Veröffentlcihung ohne Einwilligung sofern nicht unbedingt notwendig (z. B. für einen Firmenausweis).
Unser Theaterverein befindet sich dabei aufgelöst zu werden. Wir würden aber gerne die Bilder Aufführungen auf der Website behalten und diese dann weiter privat betreiben. Die Einverständniserklärungen der Mitglieder dem Verein gegenüber sind nichtig sobald dieser aufgelöst wird? Das heißt, wenn wir die Website privat betrieben wollen, müssten wir von allen Schauspielern neue Einverständniserklärungen der Privatperson gegenüber einholen? Oder kann man die Verantwortung zu den Einwilligung übertragen?
Grundsätzlich ist fraglich, ob die Einwilligung der Vereinsmitglieder nach der Auflösung des Theatervereins noch fortwirkt. Zudem ist zu beachten, dass die Einwilligung der Vereinsmitglieder zweckgebunden ist und mit der Veröffentlichung der Aufnahmen auf der privat betriebenen Webseite eine Zweckänderung erfolgt sein kann, so dass die Rechtsgrundlage erneut zu prüfen wäre. Wir empfehlen dies von einem Rechtsanwalt oder Datenschutzberater in der Tiefe prüfen zu lassen.