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Digitalisierung der Schule: Ist Datenschutz die Hürde?

Digitalisierung der Schule: Ist Datenschutz die Hürde?

Die Digitalisierung schreitet unerbittlich weiter voran. Für viele der jüngeren Generationen gehört die Nutzung eines mobilen Endgeräts, sei es ein Smartphone oder ein Tablet, mittlerweile zum Alltag. Social-Media-Kanäle werden hoch und runter gescrollt, Inhalte hochgeladen und geteilt. Seit 2019 soll die Digitalisierung auch in Schulen voranschreiten, insbesondere sollen Kinder und Jugendliche auf die Medienwelt besser vorbereitet werden. Der DigitalPaktSchule der Bundesregierung soll dabei helfen.

Endlich digitale Schulen in Deutschland durch den DigitalPakt?

Der DigitalPakt Schule ist eine im Mai 2019 in Kraft getretene Verwaltungsvereinbarung. Mit dieser möchte der Bund sowohl die Länder als auch die Gemeinden beim Aufbau einer digitalen Bildungsinfrastruktur unterstützen. Kinder sollen bereits ab jungen Jahren IT Systeme in den Unterricht integrieren, vor allem aber erlernen, wie digitale Medien verantwortungsvoll genutzt werden können. Schüler, aber auch Lehrer sollen sich die Fähigkeit aneignen, Medien den eigenen Bedürfnissen und Zielen entsprechend sachkundig zu verwenden. Dieses Vorhaben verlangt allerdings nicht nur eine gute Ausstattung. Entscheidend ist, dass Lehrer entsprechend qualifiziert sind, um digital Medien nutzen und vor allem mediale Kompetenzen vermitteln zu können.

Zur Förderung dieses Vorhabens hat der Bund zunächst 5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dieses erste Paket wurde als Folge der Corona-Pandemie um drei Zusatzvereinbarungen im Umfang von insgesamt 1,5 Milliarden Euro erweitert. Bei den Zusatzvereinbarungen handelt es sich um „Corona-Hilfe I: Sofortausstattung“, „Corona-Hilfe II: Administration“ und „Corona-Hilfe III: Leihgeräte für Lehrkräfte“. Die Corona Pandemie führte dazu, dass Schüler und Lehrer plötzlich zu Hause bleiben mussten. Schule hieß nun Digitalunterricht und zwar ohne, dass allen Schülern und Lehrern überhaupt eine entsprechende digitale Ausstattung zur Verfügung stand. Die Zusatzvereinbarungen dienten deshalb unter anderem der Förderung der Bereitstellung mobiler Endgeräte für Schüler und Lehrer, des Ausbaus der Möglichkeiten des Distanzlernens sowie der Unterstützung bei der Ausarbeitung von Online-Lehrmaterial.

Der Digitalpakt Schule wird voraussichtlich im Mai 2024 auslaufen. Der Bundeselternrat, der Verband Bildung und Erziehung, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Digitalverband Bitkom, der Deutsche Philologenverband, der Verband Bildungsmedien und die Initiative D21 forderten daher letztes Jahr einen Digitalpakt 2.0. Auch die Bundesregierung ist an einer Nachfolgefinanzierung interessiert. Ob man sich rechtzeitig zum Auslaufen des DigitalPakt Schule mit den Ländern auf die Modalitäten und Finanzierung eines Nachfolgeprogramms einigen kann, ist aber noch ungewiss.

Digitalisierung der Schule bedeutet mehr als digitale Ausstattung

Die Zukunft ist digital und Kinder müssen auf diese Zukunft vorbereitet werden. Doch genügt hierfür allein die Bereitstellung digitaler Infrastruktur und die Nutzung moderner IT-Systeme? Diese Annahme kann mittlerweile klar verneint werden. Medienkompetenz bedeutet nicht, dass der analoge Frontalunterricht durch einen Frontalunterricht per elektronischer Geräte ersetzt wird. Dies kann sogar dazu führen, dass sich die Leistung der Schüler verschlechtert, wie das Karolinska Institut in Stockholm im Rahmen einer Studie zu Schwedens Digitalstrategie herausgefunden hat. Nach dieser Untersuchung führen digitale Geräte häufig dazu, dass die Nutzenden abgelenkt sind. Da Kindern kognitiv noch die Fähigkeit fehlt, können sie sich zudem ihr Wissen über Onlinerecherchen noch nicht selbst aneignen. Vielmehr werden Texte von Schülern in der Regel besser erfasst und verstanden, wenn sie nicht am Bildschirm gelesen oder geschrieben werden. Zudem kann der Konsum digitaler Inhalte im Vorschulalter die Sprachentwicklung von Kindern beeinträchtigen.

Entscheidend ist, wie digitale Möglichkeiten genutzt werden. Digitalisierung in der Schule meint zugleich auch die Bereiterklärung pädagogischer Fachkräfte und Schüler Veränderungen beim Lehren, Lernen und Prüfen anzunehmen und umsetzen. Die Digitalisierung sollte nicht als Ersatz, sondern als vielfältige Ergänzung zum analogen Unterricht gesehen werden.

Wo kann Datenschutz in der Schule überall eine Rolle spielen?

Grundsätzlich gilt: Überall wo Daten erfasst werden, ist der Datenschutz zu beachten, d.h. es müssen Schutzmaßnahmen mitgedacht und Gesetze eingehalten werden. Vor allem kennt der Datenschutz keine Mindestaltersgrenze und ist bei teilweise sensiblen personenbezogenen Daten von Kindern und Jugendlichen besonders zu beachten.

Dabei betrifft Datenschutz in der Schule nicht nur Kontaktdaten von Schülern, Eltern und Lehrern, sondern auch die Kommunikationen untereinander. Hiervon erfasst sind neben Noten, Fehlzeiten, der Erfassung von Lern- und Förderbedarfen, unter anderem auch Medikationen (z.B. im Rahmen von Klassenfahrten und Ausflügen), Fotos sowie alle Inhalte, die von den Schülern selbst erarbeitet werden, wie Aufsätze, Hausaufgaben usw.

Relevant ist jedoch nicht nur die Erhebung und Speicherung personenbezogener Daten. Eine große Rolle spielt auch die Übermittlung von Daten, z.B. an externe Dienstleister, die im Rahmen des schulischen Alltags genutzt werden. Dienstleister sind mit Bedacht auszuwählen. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass die datenschutzrechtlichen Verträge, d.h. in der Regel ein Auftragsverarbeitungsvertrag, unterzeichnet wird, aber auch, dass Daten nicht in unsichere Drittländer übermittelt werden. Sollte dies nicht vermeidbar sein, sind entsprechende Schutzmaßnahmen einzuhalten. Zusätzlich sollte der Dienstleister die Daten nicht für eigene Zwecke nutzen dürfen. Externe Datenschutzbeauftragte können bei solchen Fragen, aber auch beim Aufbau eines Datenschutzmanagementsystem, d.h. z.B. der Ausarbeitung eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten oder aber der Erstellung von Datenschutzprozessen, unterstützen.

Herausforderung durch den Datenschutz bei der Digitalisierung

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Meint man zumindest. Die finanzielle Förderung des Ausbaus der digitalen Bildungsinfrastruktur ist gut gemeint und ein Anfang. Doch kann die Realität und die tatsächliche IT-Infrastruktur hier mithalten?

Ausreichende IT-Infrastruktur und deren Wartung

Zwar ist die an den 40.000 Schulen in Deutschland anzutreffende IT-Infrastruktur in den letzten Jahren stets gewachsen und komplexer geworden. Allerdings sind die Bereitstellung von Endgeräten, sowie der Ausbau von Schulnetzen, Servern und einer IT-Unterstützung nicht allein die notwendige Bedingung für die Digitalisierung. Insbesondere ist bei der Entwicklung der IT-Infrastruktur auch die Datenschutzkonformität zu beachten. Im Rahmen von genutzten IT-Systemen sind neben den Grundsätzen des Datenschutzes, wie bspw. Datenminimierung, Zweckbindung und Integrität und Vertraulichkeit, insbesondere auch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu beachten, um die Sicherheit der Verarbeitung gewährleisten zu können. Neben sicheren Passwörtern, 2-Faktor-Authentifizierungen und Zugriffsbeschränkungen nach dem Need-to-know Prinzip, muss vor allem auch die IT-Umgebung vor Zugriffen von außen geschützt sein. Dies setzt eine regelmäßige Wartung der Systeme voraus. Entscheidend ist demnach ein Zusammenspiel verschiedener Aspekte, insbesondere ist der technische Ausbau untrennbar mit einem Verständnis für Technik und dem dazugehörigen fachlichen Know-How verbunden.

Beispiel Microsoft: Nachhaltige Softwarelösung oder Orientierung an der Arbeitswelt?

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass man auf der Suche nach datenschutzfreundlichen Lösungen bei der Verwendung von digitalen Anwendungen immer wieder auf Probleme stößt. Open Source Lösungen scheitern häufig an unzureichender Performance oder der Benutzerfreundlichkeit.

Nun werden von einigen Kultusministerien Lizenzen großer Anbieter, wie bspw. Microsoft 365 zentral erworben, um diese an den Schulen zur Verfügung stellen zu können. So auch in Baden-Württemberg. Seit letztem Jahr wird die Luft für die Bildungseinrichtungen, die trotz wiederholter Warnungen des Landesdatenschutzbeauftragten das cloud-basierte Office Paket weiterhin nutzen, allerdings dünner. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Baden-Württemberg (LfDI) hat das Kultusministerium Baden-Württemberg über einen langen Zeitraum in einem intensiven und umfangreichen Verfahren zum eventuellen Einsatz von Microsoft 365 an Schulen begleitet und beraten. Hierbei wurden datenschutzrechtlich besonders bedenkliche Funktionen beschränkt oder deaktiviert. Dies hat im Ergebnis zwar zu einer deutlichen Verbesserung des Datenschutzes geführt, dennoch reichen diese Einstellungen nicht aus, um einen datenschutzkonformen Einsatz zu ermöglichen. Dies bestätigte im November 2022 auch die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK).

Der Berufsschullehrerverband (BLV) und Microsoft selbst sehen dies allerdings anders und betonen, dass ein Einsatz von Microsoft 365 auch an Schulen datenschutzkonform möglich sei. Nach Angaben des BLV ist der Einsatz an Berufsschulen vor allem notwendig, da geeignete Alternativen nicht zur Verfügung stehen. Der Einsatz von Microsoft 365 ist im Rahmen des Berufslebens mittlerweile Standard und die Untersagung der Nutzung innerhalb der Berufsschulen damit praxisfern.

Digitalisierung und Datenschutz als Thema der Gesellschaft im Unterricht vermitteln

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Diesen Satz hört und liest man immer wieder. Doch genau so ist es auch. Im Internet gelten die gleichen Gesetze wie in der realen Welt. Was häufig bei der Nutzung digitaler Medien fehlt: die Medienkompetenz. Dies betrifft nicht nur Kinder und damit Schüler, sondern auch Erwachsene und damit unter Umständen pädagogische Fachkräfte.

Die Medienkompetenz und das damit einhergehende Zusammenspiel verschiedener Aspekte, wie technisches Verständnis, Datenschutz und verantwortliche Anwendung sind der Grundstein der Diskussion. Sämtliche Akteure sollten auf dieser Grundlage aus- und weitergebildet werden. Digitale Bildung sollte sich nicht erst auf dem schulischen Lehrplan finden, sondern Lehrkräfte sollten sich die entsprechenden Kenntnisse bereits im Rahmen der eigenen Ausbildung aneignen können. Dass es bei den Lehrern in diesem Bereich an Kompetenz fehlt, liegt an den fehlenden Modulen in der Ausbildung. Entscheidend ist, alle gemeinsam in ein Boot zu holen, d.h. nicht nur junge Lehrkräfte, sondern auch bereits erfahrene und lange im Beruf stehende Lehrer, Eltern sowie Schulverwaltungen, Kultusministerien und letztlich auch die Schüler selbst. Hier gibt es schon einige Projekte, welche intensiviert und in die Fläche verbreitert werden müssten.

Der DigitalPakt 2.0 muss noch eins draufsetzen

Der DigitalPakt Schule war ein gut gemeinter Anfang, an den anzuknüpfen ist. Die Digitalisierung ist unermüdlich und wirft keinen Blick zurück auf die, die auf der Strecke geblieben sind. Von daher heißt es weitermachen und dranbleiben. Wichtig wäre, dass sich die Verantwortlichen in der Politik rasch einigen und eine Hängepartie im Mai vermieden wird. Zudem sollte der DigitalPakt 2.0 neben der Anschaffung von Technik einen größeren Augenmerk auf die Vermittlung von Inhalten und Fortbildung von Lehrkräften legen. Medienkompetenz ist die Zukunft und für die Gesellschaft vor allem entscheidend, um die Demokratie und den Wohlstand des 21. Jahrhunderts zu erhalten.

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  • Ich muss dem Berufsschullehrerverband (BLV) eindeutig Recht geben, „Der Einsatz von Microsoft 365 ist im Rahmen des Berufslebens mittlerweile Standard und die Untersagung der Nutzung innerhalb der Berufsschulen damit praxisfern.“
    Man kann von Office 365 halten was man will, aber es funktioniert und wird überall eingesetzt. Wahrscheinlich auch bei den Aufsichtsbehörden :-) .
    Zudem kann sich nicht jede Schule eine IT Abteilung mit 10 OpenSource Spezialisten leisten, die ein „datenschutzkonformes“ System am Laufen halten.
    Zudem ist es meiner Meinung auch nicht das Wichtigste, dass die Schüler lernen welche Funktionen in Excel oder Word stecken, sondern wie man mit der Technik umgeht und welche Gefahren sie bergen. Mein Sohn hatte IT in der Schule, was dort gelernt haben war Schnellschreiben. (Die Älteren werde sich noch erinnern, bei uns in der Schule hieß das noch Schreibmaschinen schreiben.) Sorry, aber das hat mit IT rein gar nichts zu tun.
    Um IT Kompetenz zu lernen und zu wissen, wie man damit umgeht gehören IT Fachleute, Security- und Datenschutzspezialisten in den Unterricht. Vor mir aus als Gastdozenten. Man muss den Kids am praktischen Beispielen zeigen wie IT funktioniert und wie sie missbraucht werden kann. Nur so lernen sie daraus. Nur weil sie ein Laptop oder ein iPad in der Schule bekommen und ihren Stundenplan per WhatsApp teilen können, heißt das noch lange nicht, dass sie IT Kompetenz haben.
    Das sind dann die, die dann später im Berufsleben jeden Link in jeder E-Mail anklicken.

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