Zum Inhalt springen Zur Navigation springen
Was ist im Direktmarketing nach der DSGVO noch erlaubt?

Was ist im Direktmarketing nach der DSGVO noch erlaubt?

Im Rahmen der Marketing-Strategie eines Unternehmens spielt die sogenannte Direktwerbung oder das Direktmarketing häufig eine entscheidende Rolle. Entgegen erster Befürchtungen vor Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), ist diese Form des Marketings nicht unmöglich geworden. Nichtsdestotrotz sind einige datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten.

Was ist Direktmarketing oder Direktwerbung?

Juristisch definiert ist Direktwerbung oder Direktmarketing jede Äußerung eines Unternehmens, die unmittelbar oder mittelbar dazu dient, die Produkte und Dienstleistungen des Unternehmens zu verkaufen. In der Praxis meint Direktwerbung oder Direktmarketing eine meist personalisierte Werbebotschaft, die individuell oder auf eine Zielgruppe ausgerichtet ist und über verschiedene Kanäle versendet wird. Die Versandwege von Direktwerbung können E-Mails, beispielsweise in Form eines Newsletters, Briefwerbung, SMS oder auch WhatsApp-Nachrichten sein. Unter Direktmarketing oder Direktwerbung fallen beispielsweise die Information zu Produkten, Rabatten oder Ergänzungsangeboten und Einladungen zu Informationsveranstaltungen, wie Messen oder Firmenevents.

Diese Form der Werbung dient nicht nur der Kundenneugewinnung, sondern soll auch zur Bindung von Bestandskunden führen.

Bei Leadgenerierung oder Kauf von Leads auf Rechtmäßigkeit achten

Leadgenerierung ist ein Begriff aus dem Marketing und meint die Interessentengewinnung. Unter einem Lead versteht man grundsätzlich einen Kontakt zu einem Interessenten, der sich für ein Unternehmen oder Produkt interessiert und zu diesem Zweck beim Werbetreibenden seine Daten zum Dialogaufbau hinterlässt. Es gibt verschiedenste Wege der Leadgenerierung, beispielsweise auch den Kauf von Leads. Seit Einführung der DSGVO und dessen Regelungen ist seit 2018 bei der Leadgenerierung oder beim Kauf von Leads penibel auf die Rechtsmäßigkeit zu achten. Einige Probleme möchten wir Ihnen gerne vorstellen.

Kontaktgewinnung durch Gewinnspiele

Ein Weg der Kontaktgewinnung eines Unternehmens kann ein Gewinnspiel sein. Voraussetzung der Teilnahme an dem Gewinnspiel war häufig, einem Newsletter-Versand oder der Versendung von Werbung zuzustimmen. Mit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung wurde sodann eine passende Rechtsgrundlage für eine solche Koppelung (Gewinnspiel gegen Daten bzw. Zustimmung) gesucht, denn grundsätzlich ist eine solche Koppelung restriktiv zu handhaben. Umso überraschender, dass gleich zwei Rechtsgrundlagen gefunden wurden:

Während das OLG Frankfurt einem Gewinnspiel gegen Daten die Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO zugrunde legt, stützt der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Nordrhein-Westfalen (LDI NRW) die Datenverarbeitung auf einen Vertragsschluss. Beide Ergebnisse sind nicht unproblematisch. Eine Einwilligung muss freiwillig erfolgen. Doch wie freiwillig ist eine Einwilligung, wenn sie an die Teilnahme eines Gewinnspiels gekoppelt ist? Ein Gewinnspiel als Vertrag zu konstruieren, erscheint hingegen recht theoretisch. Bedenklich erscheint zudem, dass der LDI NRW das Urteil des OLG Frankfurt – also der rechtsprechenden Gewalt – vollständig ignoriert hat. Vorläufig ist die Praxis der Kontaktgewinnung durch Gewinnspiele wohl zulässig. Wichtig hierbei ist, dass alle Modalitäten des Gewinnspiels an sich und der Datenverarbeitung klar und transparent offengelegt werden.

Nutzung öffentlicher Adressdaten

Neben der Möglichkeit mit Hilfe von Preisausschreiben, Gewinnspielen, Verlosungen, Informationsveranstaltungen oder Ähnlichem unmittelbar an die Daten zu gelangen, welche für Marketing-Zwecke benötigt werden, gibt es noch eine weitere populäre Alternative der Leadgenerierung: die Nutzung öffentlicher Adressen. Hierbei nutzen die Unternehmen Daten aus allgemein zugänglichen Quellen. Dazu gehören beispielsweise Telefonbücher, Adressbücher, Branchenverzeichnisse, Zeitungen und Messekataloge, Teilnehmerverzeichnisse, öffentliche Register wie das Handelsregister oder Vereinsregister und auch Ankündigungen, beispielsweise Aufgebotsmitteilungen der Standesämter oder Geburtsanzeigen.

Bei der Nutzung öffentlicher Adressen zur Leadgenerierung lohnt es sich, die Ansichten der datenschutzrechtlichen Aufsichtsbehörde des Bundeslandes zu kennen, in dem man seinen Sitz hat – denn diese unterscheiden sich maßgeblich. Während die Aufsichtsbehörden der Länder Rheinland-Pfalz und Bayern dazu tendieren die Zulässigkeit der Nutzung öffentlicher Adressdaten großzügig auszulegen, handhabt die Aufsichtsbehörden Berlin die Nutzung sehr streng.

Einigkeit herrscht hingegen dabei, dass eine Verwendung von Daten, die aus einem Online-Impressum hervorgehen nicht zum Zweck der werblichen Nutzung verwendet werden dürfen.

Adresshandel: An- und Verkauf von Werbeadressen

Ziel von Direktwerbung oder Direktmarketing ist die möglichst direkte Ansprache von Kunden. Dafür benötigen die Unternehmen neben Adressen auch weitere persönliche Daten, beispielsweise eine E-Mail-Adresse. So werden die Adressen und sonstige persönliche Daten selbst zu einem Wirtschaftsprodukt. Sie sind Gegenstand des sogenannten Adresshandels, der sich durch den An- und Verkauf von Werbeadressen auszeichnet. Unter Adresshandel versteht man allgemein das Vermitteln von Kontaktdaten einer Person von einem Adresshändler an den Käufer, der die Daten oftmals für Werbezwecke nutzt. Der Adresshandel geht aber regelmäßig über das bloße Generieren und Vermarkten von Namen und Adressen hinaus. Daten werden z.B. auch für Zielgruppenanalysen und Profiling genutzt.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang insbesondere die zu beachtende Informationspflicht aus Art. 13 und Art. 14 DSGVO. Denn im Rahmen des Direktmarketings auf Grundlage des Adresshandels muss der Verantwortliche klar zu erkennen sein sowie die Quelle erworbener Daten. Zuletzt ist auch der Werbewiderspruch von Bedeutung. Durch einen Werbewiderspruch wird der Betroffene in die Werbesperrdatei des Unternehmens aufgenommen, um einer weiteren werblichen Ansprache durch das Unternehmen vorzubeugen.

Rechtsgrundlagen für Direktwerbung

Unter welchen Voraussetzungen Direktwerbung in ihren verschiedenen Ausprägungsformen zulässig ist, urteilt sich nicht ausschließlich nach der Datenschutz-Grundverordnung. Auch das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) spielt eine Rolle.

Wie so häufig ist die rechtssicherste, aber auch schnell widerrufene Variante, die Einholung einer Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Liegt keine wirksame Einwilligung vor, ist die Zulässigkeit der Direktwerbung anhand der Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO zu urteilen. Die DSK führt dazu aus:

„Weil nach Art. 6 Abs. 1 Abs. 1 lit. f DS-GVO eine Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig ist, sofern die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen, sind auch bei der datenschutzrechtlichen Beurteilung einer Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke der Direktwerbung die Wertungen in den Schutzvorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) für die jeweilige Werbeform mit zu berücksichtigen.“

Nach § 7 UWG kann von Werbung eine unzumutbare Belästigung ausgehen. Der Paragraf regelt daher, wann dies der Fall ist und eine Direktwerbung danach unzulässig ist.

Weitere Problemfelder beim Direktmarketing mit der DSGVO

Neben den datenschutzrechtlichen Fragenstellungen rund um die Leadgenerierung, gibt es weitere Problemfelder beim Direktmarketing mit der DSGVO. Bei jedem Vertriebskanal – sei es beim Direktmarketing per E-Mail, per Post oder per Telefon – gibt es verschiedenste Punkte zu beachten.

Was gibt es bei Direktwerbung per E-Mail zu beachten?

Denkt man an Kundenzufriedenheitsabfragen oder Produktempfehlungen auch in der Signatur einer Bestätigungsmail oder eine E-Mail zum Geburtstag, so ist nicht zwingend die erste Assoziation – das ist Werbung. Aber genau das ist es. Denn bei dem Versand von Direktwerbung per E-Mail ist der weite Begriff der Werbung zu beachten. Unter Werbung versteht man jede Äußerung eines Unternehmens, die dem Aufbau oder der Förderung des Geschäftsbetriebs dient. Oder juristischer in einer Vorlage der DSK ausgedrückt:

„Werbung“ wird in Art. 2 lit. a der EU-Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung vom 12. Dezember 2006 definiert als „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern“.

Was gibt es bei Direktwerbung per Post zu beachten?

Bei der Direktwerbung per Post sollte man insbesondere die Informationspflichten im Blick behalten. Wie bei jeder Werbeansprache ist auch bei der Direktwerbung per Post die verantwortliche Stelle zu benennen. Um den Grundsatz der transparenten Übermittlung hinreichend zu berücksichtigen, ist im Fall der Werbung für einen Dritten auch der Werbetreibende neben der verantwortlichen Stelle zu nennen. Wichtig ist, dass sich in diesem Fall das Widerspruchsrecht nicht nur auf die Werbung an sich beziehen muss, sondern auch die Weitergabe der Adressdaten umfassen muss.

Was gibt es bei Direktwerbung per Telefon zu beachten?

Auch bei der Direktwerbung per Telefon sollte man mit den datenschutzrechtlichen Fallstricken der Direktwerbung vertraut sein. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) unterscheidet beispielsweise zwischen der Direktwerbung von Business to Business (B2B) oder Business to Costumer (B2C).

§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG sieht keine Ausnahme vom Einwilligungserfordernis vor, sofern man Anrufe bei Verbrauchern zu Werbezwecken durchführen möchte. Ohne vorherige Einwilligung, lediglich gestützt auf das berechtigte Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO, ist die Telefonwerbung unzulässig, denn wegen der besonderen Auswirkungen dieser Werbeform scheitert Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO an den überwiegenden schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen.

Etwas weniger streng ist die Handhabung im Bereich B2B. Denn trotz des auch hier bestehenden Einwilligungserfordernisses gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG stehen hier nicht von vorneherein überwiegende schutzwürdige Interessen Geschäftskunden nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO entgegen.

Informationspflichten und Werbewiderspruch nicht vergessen!

Wie schon in einzelnen Punkten angesprochen, gelten auch bei der Direktwerbung die Betroffenenrechte der Datenschutz-Grundverordnung – und damit auch die Informationspflichten und der Werbewiderspruch.

Die Informationspflichten umfassen mitunter die Identität des für die Verarbeitung Verantwortlichen, Verarbeitungszwecke und jeweilige Rechtsgrundlage, Kontaktdaten des betrieblichen Datenschutzbeauftragten (soweit benannt) sowie Angabe des berechtigten Interesses, soweit die Verarbeitung darauf beruht. Während man dies bei elektronischer oder postalischer Direktwerbung gut abbilden kann, erscheint dies bei einem telefonischen Erstkontakt sehr theoretisch. Dennoch entfallen die Informationspflichten auch hier nicht. So sollte bei Beginn einer Verarbeitung personenbezogener Daten auf die Verarbeitung, ihren Zweck sowie überraschende Verarbeitungsschritte (wie etwa Datenexporte in Drittländer, die nicht absehbar sind) hingewiesen werden. Auch die weiteren Datenschutzinformationen sollten am Telefon aktiv angeboten werden.

Auch der Hinweis auf die Möglichkeit des Werbewiderspruchs darf nicht fehlen. Art. 21 Abs. 4 DSGVO regelt, dass Betroffene in verständlicher Form auf ihr Widerspruchsrecht gegen eine Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung einschließlich einem eventuellen damit in Verbindung stehenden Profiling hingewiesen werden müssen. Dieses Widerspruchsrecht ist umfassend zu verstehen. Beispielsweise darf sich das Widerspruchsrecht teilweise nicht nur auf die Werbung an sich beziehen, sondern auch auf die Weitergabe der Adressdaten.

DSGVO gilt auch beim Direktmarketing im B2B-Bereich

Auch vier Jahre nach der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung, herrschen einige Irrtümer um den Anwendungsbereich ebenjener Verordnung. Einer davon ist, dass beim Direktmarketing im Bereich B2B die DSGVO nicht gelte. Doch dies ist nicht der Fall. Die Rechtsgrundlagen der DSGVO zur Verarbeitung personenbezogener Daten unterscheidet nicht den Fall der Ansprache an Verbraucher oder einer Ansprache an einen anderen Geschäftstreibenden. Ebenso wenig differenziert § 7 Abs. 2 UWG in seinem Normtext diesbezüglich. Auch im B2B-Bereich müssen Unternehmen daher darauf achten, dass für eine Verarbeitung personenbezogener Daten, wie beispielsweise bei der Verwaltung personenbezogener Daten von Newsletter-Abonnenten oder der Speicherung der Kontaktdaten von Ansprechpartnern bei Geschäftskunden, die Einwilligung der betroffenen Person oder ein anderer Erlaubnistatbestand vorliegt.

Direktmarketing und Datenschutz gehen Hand in Hand

Das Direktmarketing bzw. die Direktwerbung ist ein essenzieller Bestandteil der Marketing-Strategie vieler Unternehmen. Ob Leadgenerierung durch Kontaktgewinnung bei Gewinnspielen, die Nutzung öffentlicher Adressen oder der Adresshandel durch den An- und Verkauf von Adressen – bei der Umsetzung der Marketing-Strategie ist der Datenschutz nicht aus dem Blick zu verlieren. Gleiches gilt für die Direktwerbung per Post, per E-Mail oder per Telefon. Werden die datenschutzrechtlichen Regelungen inklusive der Informationspflichten und dem Werbewiderspruch berücksichtigt, ist das Direktmarketing unproblematisch durchführbar. Nicht zuletzt – wie gelernt – gilt dies auch beim Direktmarketing im Bereich B2B.

Informieren Sie sich über unsere praxisnahen Webinare
  • »Microsoft 365 sicher gestalten«
  • »Informationspflichten nach DSGVO«
  • »Auftragsverarbeitung in der Praxis«
  • »DSGVO-konformes Löschen«
  • »IT-Notfall Ransomware«
  • »Bewerber- und Beschäftigtendatenschutz«
Webinare entdecken
Mit dem Code „Webinar2024B“ erhalten Sie 10% Rabatt, gültig bis zum 30.06.2024.
Beitrag kommentieren
Fehler entdeckt oder Themenvorschlag? Kontaktieren Sie uns anonym hier.
Die von Ihnen verfassten Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern erst nach Prüfung und Freigabe durch unseren Administrator. Bitte beachten Sie auch unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzerklärung.