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Whistleblowing im Unternehmen: Wichtige Fragen beantwortet

Whistleblowing im Unternehmen: Wichtige Fragen beantwortet

Nach langem Warten ist das Hinweisgeberschutzgesetz nunmehr in Kraft getreten. Viele Unternehmen haben bereits entsprechende Meldekanäle implementiert, andere sind noch im Entscheidungs- bzw. Umsetzungsprozess. Diese Unternehmen wollen wir mit praxisrelevanten Fragen zum Thema Whistleblowing unterstützen.

An wen richtet sich das sog. Whistleblower-Schutzgesetz?

Als „Whistleblower“, auch hinweisgebende Personen, werden Personen bezeichnet, die für die Öffentlichkeit wichtige Informationen aus einem geheimen oder geschützten Zusammenhang veröffentlichen oder Missstände aufdecken. In der „Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses“ aus dem Dezember 2022 heißt es dazu u.a.:

„(…) Mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, begründet der deutsche Gesetzgeber ein einheitliches Schutzsystem für hinweisgebende Personen, so genannte Whistleblower. Whistleblower leisten einen essentiellen Beitrag für die Gesellschaft, indem Sie auf Missstände und gesetzliche Verstöße im beruflichen Kontext aufmerksam machen. Nicht selten stoßen sie mit ihren Meldungen gesellschaftliche Debatten an, die zu substantiellen Gesetzesänderungen führen. Für ihren Mut gebührt ihnen Dank und Anerkennung.“

Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes ist weit gefasst und umfasst alle Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Dies können damit Beschäftigte, auch bereits ausgeschiedene Beschäftigte, Bewerber, Praktikanten, Leiharbeitnehmer, Selbstständige, die Dienstleistungen erbringen, Freiberufler, Auftragnehmer oder auch Lieferanten und deren Mitarbeiter sein.

Zur Einrichtung einer internen Meldestelle sind verpflichtet:

  • Unternehmen mit 50 und 249 Beschäftigten (ab 17.12.2023),
  • Unternehmen ab 250 Beschäftigten (ab 02.07.2023),
  • Unternehmen der Finanzbranche (bspw. Wertpapierdienstleister oder Kapitalverwalter) unabhängig von der Beschäftigtenanzahl (ab 02.07.2023).

Beim Schwellenwert gilt das Kopfprinzip, Teilzeitkräfte und Zeitarbeitskräfte zählen vollwertig mit.

Unternehmen haben dafür zu sorgen, dass bei ihnen eine Stelle für interne Meldungen eingerichtet ist und betrieben wird, an die sich Beschäftigte wenden können. Darüber hinaus können Unternehmen selbst entscheiden, ob das Meldeverfahren auch Unternehmensexternen offenstehen soll.
Dies ist sinnvoll, da auch Dritte als Whistleblower geschützt sein können soweit diese im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Whistleblower können sich frei entscheiden, ob sie sich mit einer Meldung an die interne Meldestelle eines Unternehmens wenden oder die externe Meldestelle nutzen möchten. Whistleblower sollten in den Fällen, in denen wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen. Ergibt die Prüfung durch die interne Meldestelle, dass ein betrieblicher Bezug fehlt, kann eine Weiterverweisung an eine andere Meldestelle erfolgen.

Müssen Unternehmen anonyme Meldungen bearbeiten?

Interne Meldestellen sind nicht verpflichtet, anonymen Meldungen nachzugehen. Eine solche Verpflichtung war im Gesetzgebungsverfahren Gegenstand vieler Diskussionen und lange vorgesehen, ist im Ergebnis als Kompromiss jedoch entfallen. Anonyme Meldungen sollten aber mit Blick auf eine effiziente Compliance bearbeitet werden, soweit anonym geschilderte Sachverhalte konkrete Hinweise auf mögliche Rechtsverstöße beinhalten.

Welche Verstöße können Whistleblower melden?

In den sachlichen Anwendungsbereich des Hinweisgeberschutzgesetz fallen Verstöße gegen Strafvorschriften, Verstöße, die bußgeldbewehrt sind, soweit sie dem Schutz von Leben, Leib oder Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Beschäftigten oder ihrer Vertretungsorgane dienen sowie alle Verstöße gegen Rechtsvorschriften des Bundes und der
Länder. Ferner Meldung von Verstößen gegen bestimmtes Unionsrecht.

Wie werden Whistleblower geschützt?

Zum Schutz vor Repressalien enthält das Gesetz eine weitgehende Beweislastumkehr zugunsten des Whistleblowers. Erleidet ein Whistleblower eine Benachteiligung im Zusammenhang mit dessen beruflicher Tätigkeit und macht geltend, diese Benachteiligung infolge einer Meldung oder Offenlegung nach diesem Gesetz erlitten zu haben, so wird vermutet, dass diese Benachteiligung eine Repressalie für diese Meldung oder Offenlegung ist.
Unternehmen haben in solchen Fällen zu beweisen, dass die Benachteiligung auf hinreichend gerechtfertigten Gründen basierte oder dass sie nicht auf der Meldung oder Offenlegung beruhte.
Neben der Einbeziehung in den sachlichen Anwendungsbereich muss für den Whistleblowing-Schutz der Hinweis zutreffend gewesen sein oder zumindest muss der Whistleblower zum Zeitpunkt der Meldung oder Offenlegung hinreichenden Grund zu der Annahme gehabt haben, dass die gemeldeten oder offengelegten Informationen der Wahrheit entsprechen.

Was passiert bei einer Falschmeldung?

Falschmeldungen können für Betroffene weitreichende Folgen haben und sind unter Umständen irreversibel. Whistleblower sind daher zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der aus einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Meldung oder Offenlegung unrichtiger Informationen entstanden ist. Ein Schutz für Whistleblower besteht dann nicht.

Welche datenschutzrechtlichen Vorgaben sollten beachtet werden?

Zu den wichtigsten Aspekten zum Whistleblowing aus Sicht des Datenschutzes zählen dabei:

  • Die Identitäten aller von einer Meldung betroffenen Personen sind vertraulich zu behandeln (Vertraulichkeitsgebot).
  • Informationspflichten über die Datenverarbeitungen bestehen grundsätzlich gegenüber allen Personen, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden.
    Insoweit besteht hier ein Spannungsfeld zwischen Betroffenenrechte und Vertraulichkeitsgebot:
    Werden im Rahmen einer Meldung personenbezogene Daten ohne Kenntnis der betroffenen Personen erhoben, besteht grundsätzlich die Pflicht, die betroffene Person umfassend über die Datenverarbeitung zu informieren, insbesondere über die Quelle, aus der die Informationen stammen. Dies würde den Inhalt einer Meldung als auch die Identität des Whistleblowers offenlegen. Über § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG oder Art. 14 Abs. 5 lit. b) DSGVO muss im Einzelfall versucht werden, dieses in Einklang zu bekommen.
  • Auch im Auskunftsverfahren kann die Auskunft über die Herkunft der Daten (Art. 15 Abs. 1 lit. g) DSGVO) widerstreitende Interessen begründen und die Regelung des § 29 Abs. 1 S. 2 BDSG erforderlich machen.
  • Die Durchführung einer Datenschutz-Folgenabschätzung kann erforderlich sein.
  • Werden externe Dritte bspw. im Zusammenhang mit einer Software für ein Hinweisgebersystem beauftragt, sind die Vorgaben zur Auftragsverarbeitung zu beachten.

Kühlen Kopf bewahren

Bei der Implementierung eines Meldekanals spielen neben den Anforderungen aus dem Hinweisgeberschutzgesetz nicht zuletzt auch datenschutzrechtlichen Anforderungen eine wesentliche Rolle, welche Schnittstellenkompetenzen erfordern. Zu den schwierigen Fragen zählen auch, welche Personen mit Blick auf die geforderte Weisungsfreiheit und Fachkunde in Unternehmen die Meldestellen besetzen sollen, ob dabei ein IT-basiertes Hinweisgebersystems zum Einsatz kommen soll oder der Betrieb der Meldestelle einem spezialisierten Dienstleister übertragen werden soll.

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