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Videoüberwachung zwischen BDSG und DSGVO

Videoüberwachung zwischen BDSG und DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) enthält viele Neuerungen, die nicht nur Unternehmen und Behörden, sondern auch den deutschen Gesetzgeber vor große Herausforderungen stellt. Erste Hilfe gibt ein Rechtsgutachten im Auftrag des Bundesministeriums des Innern (BMI), das die Neuregelungen und Veränderungen im Vergleich zum BDSG analysiert. Heute soll der Aspekt der Videoüberwachung näher beleuchtet werden.

Rechtsgutachten zum innerstaatlichen Regelungsbedarf

Die DSGVO verfolgt das Ziel, das europäische Datenschutzrecht auf eine einheitliche Grundlage zu stellen. Durch zahlreiche Öffnungsklauseln belässt sie den Mitgliedsstaaten aber teilweise große Regelungsspielräume. Öffnungsklauseln sind Ausnahmen von den verbindlichen Vorgaben der DSGVO, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, in bestimmten Bereichen eigene Regelungen zu erlassen.

Das stellt die Gesetzgeber vor eine große Aufgabe. Denn zum Stichtag am 25. Mai 2018 müssen die Öffnungsklauseln ausgefüllt und die nationalen Gesetze an die DSGVO angepasst sein. Das betrifft auch das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), sofern es als solches bestehen bleibt.

Im Juni erschien ein umfassendes Rechtsgutachten im Auftrag des BMI, das die verschiedenen Öffnungsklauseln der DSGVO und die notwendigen Anpassungen des BDSG analysiert. Wir widmen uns in diesem Beitrag dem Aspekt der Videoüberwachung.

Videoüberwachung

Gesetzliche Regelung nach dem BDSG

Die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume richtet sich bisher nach § 6b BDSG. Für sonstige Überwachungsmaßnahmen, insbesondere in privaten Räumen gilt daneben der Erlaubnistatbestand des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BDSG. Im Arbeitsverhältnis richten sich Überwachungsmaßnahmen nach der Sondervorschrift des § 32 Abs. 1 BDSG.

§ 6b Abs. 1 BDSG erlaubt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung), soweit sie

  1. zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
  2. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
  3. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke

erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.

§ 6b Abs. 2 bis 5 BDSG enthält daneben Sonderregelungen zur Hinweispflicht, zur Nutzung der durch die Überwachung gewonnenen Daten, zur notwendigen Benachrichtigung Betroffener und zur Löschung der gewonnenen Daten.

Neuregelung nach der DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung enthält keine speziellen Regelungen für Maßnahmen der Videoüberwachung. Ihre Zulässigkeit richtet sich daher nach den allgemeinen Zulässigkeitsvorschriften der Art. 5 DSGVO und Art. 6 DSGVO.

Art. 6 Abs. 1 lit. e), Abs. 2 und 3 DSGVO sieht eine Öffnungsklausel für Datenverarbeitungen vor, die für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich sind, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt. In diesem Bereich dürfen die Mitgliedsstaaten also selbst Regelungen erlassen.

Im Übrigen richtet sich die Zulässigkeit der Videoüberwachung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO. Demnach ist eine Datenverarbeitung grundsätzlich dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten des Betroffenen überwiegen.

Vorgaben zur Transparenz, zur Benachrichtigung und zur Löschung enthalten in dem Zusammenhang nur die allgemeinen Normen des Art. 5 Abs. 1 lit. a),  Art. 12 ff., 13 und Art. 17 Abs. 1 lit. a) DSGVO.

Schließlich ist als Neuerung bei der systematischen umfangreichen Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche gemäß Art. 35 Abs. 3 lit. c) DSGVO nunmehr grundsätzlich eine Datenschutzfolgenabschätzung nötig. Diese löst die nach deutschem Recht unter den Voraussetzungen des § 4d Abs. 5 BDSG erforderliche Vorabkontrolle ab.

Konsequenzen für das BDSG

Nach Ansicht der Verfasser des Gutachtens könnte aufgrund der Öffnungsklausel in Art. 6 Abs. 1 lit. e), Abs. 2 und 3 DSGVO insbesondere die Zulässigkeitsvorschrift des § 6b Abs. 1 Nr. 1 BDSG im Bereich der öffentlichen Aufgabenerfüllung beibehalten werden.

§ 6b Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BDSG werden aufgrund der vorrangigen Regelungen der Datenschutz-Grundverordnung aber entfallen. Die Videoüberwachung zur Wahrung des Hausrechts und berechtigter Interessen richtet sich damit zukünftig allein nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO.

Gleiches gilt für die Sonderregeln hinsichtlich der Transparenz und Benachrichtigungspflicht. In diesen Bereichen eröffnen sich für den deutschen Gesetzgeber keine Regelungsspielräume.

Die Videoüberwachung wird daher weitgehend verbindlich durch die Datenschutz-Grundverordnung geregelt. Hier bestehen aber keine speziellen, sondern nur die allgemeinen Zulässigkeitstatbestände der  Art. 5 und 6 DSGVO.

Ausblick

Es bleibt spannend, wie sich die Rechtsprechung in dem Bereich zukünftig entwickeln und zu einer Konkretisierung der allgemeinen Normen beitragen wird.

Hier finden Sie weitere Beiträge zur Videoüberwachung und zur Datenschutz-Grundverordnung.

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