Wirksame Medikamente sind (über-)lebenswichtig. Bevor ein neues Medikament auf den Markt gebracht werden darf, muss dessen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in aller Regel auch am Menschen getestet werden. Bei solchen Studien fallen sensibelste Daten an, so dass an den Datenschutz im Zusammenhang mit klinischen Studien besondere Anforderungen gestellt werden müssen.
Der Inhalt im Überblick
Durchführung klinischer Studien
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Entwicklung neuer Medikamente sind im Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz, AMG) geregelt.
Bei der Durchführung klinischer Studien wirken üblicherweise drei verschiedene Akteure mit:
- Das Pharmaunternehmen, das das zu testende Medikament entwickelt hat und in dessen Auftrag die Studie erfolgt,
- die Klinik, an dem die Studie durchgeführt wird und die das nötige Personal, insbesondere die verantwortlichen Ärzte, zur Verfügung stellt und
- die Probanden, an denen die Testverfahren durchgeführt werden.
Das AMG legt spezifisch fest, unter welchen Umständen ein Arzneimittel am Menschen getestet werden darf. Das Pharmaunternehmen, im Gesetz „Sponsor“ genannt, muss insbesondere die Zustimmung der zuständigen Ethik-Kommission und Arzneimittelbehörde einholen, vorher darf die Studie nicht begonnen werden.
Die staatlichen Stellen werden ihre Zustimmung zur Durchführung einer Studie nur dann erteilen, wenn der voraussichtliche Nutzen des Medikaments und dessen Bedeutung für die Medizin im Verhältnis zu den möglichen Risiken und Nachteilen für die Probanden ärztlich vertretbar ist.
Aufklärung der Probanden
Personen, die für eine klinische Studie in Betracht kommen, werden in aller Regel von Ärzten ausgesucht oder öffentlich auf die Studie aufmerksam gemacht. Dabei kann es sich um gesunde Probanden oder bereits in Behandlung befindliche Patienten handeln.
Die Teilnahme an der Studie muss in jedem Fall freiwillig sein. Vorab müssen die Probanden von einem qualifizierten Arzt umfassend über Wesen, Bedeutung und Tragweite der Studie aufgeklärt werden. Der Studienablauf mit Studiendauer, durchgeführten Behandlungen, Testverfahren, entnommenen Proben, erhobenen medizinischen Werten und möglichen Risiken muss ihnen genau erläutert werden.
Sodann müssen sie der Teilnahme an der Studie schriftlich zustimmen. Diese Einwilligung können sie allerdings jederzeit gegenüber den behandelnden Ärzten oder dem Klinikpersonal widerrufen.
Datenschutz im Arzneimittelgesetz (AMG)
Die Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit klinischen Studien ist im AMG besonders geregelt. Das AMG geht als spezialgesetzliche Regelung den allgemeinen Datenschutzbestimmungen des BDSG vor.
Im Rahmen der klinischen Studien fallen eine große Zahl an Gesundheitsdaten der Probanden an. Proben und sonstige medizinische Werte werden erhoben und von den Ärzten der Klinik ausgewertet. Diese Gesundheitsdaten unterliegen einem besonderen Schutz, der in § 40 Abs. 2a AMG ausgestaltet ist.
Anforderungen an die Einwilligung
Gemäß § 40 Abs. 2a S.1 AMG sind die Probanden über Zweck und Umfang der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten, insbesondere ihrer Gesundheitsdaten, im Rahmen der klinischen Studie zu informieren.
Gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 c) AMG müssen sie eine schriftliche Einwilligungserklärung erteilen, die sich ausdrücklich auch auf Gesundheitsdaten beziehen muss.
Die erhobenen Daten dürfen nur für die Durchführung der jeweiligen Studie verwendet werden. Sollen Daten für künftige Forschungszwecke aufbewahrt werden, muss eine gesonderte Einwilligung eingeholt werden.
Eine Besonderheit ist in § 40 Abs. 2a S. 2 Nr. 3 AMG geregelt: demnach ist die datenschutzrechtliche Einwilligung im Sinne des AMG grundsätzlich unwiderruflich. Das bedeutet, dass einmal von den Probanden erhobene Gesundheitsdaten weiterhin zur Analyse herangezogen werden dürfen, auch wenn der Proband der weiteren Teilnahme an der Studie widerspricht. Ebenso dürften sie im Falle eines Zulassungsantrages weiterhin an die zuständige Arzneimittelbehörde übermittelt werden.
Pseudonymisierung
Besondere Bedeutung hat im AMG die Pseudonymisierung. Medizinische Daten und Proben dürfen lediglich in pseudonymisierter Form erhoben und gespeichert werden.
Das ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Grundsatz der Datensparsamkeit und ist in § 40 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 AMG besonders klargestellt. Demnach dürfen die erhobenen Daten lediglich in pseudonymisierter Form an den Sponsor zur Auswertung oder im Falle eines Zulassungsantrags an die Arzneimittelbehörde übermittelt werden.
In der Praxis erhält jeder Proband, der an einer Studie teilnimmt, bei Studienbeginn eine individuelle Code-Nummer, der die erhobenen Daten zugeordnet werden. Die Code-Liste, die den Rückschluss auf die Identität der Probanden ermöglicht, ist nur durch den Arzt an der jeweiligen Klinik einsehbar. Im Übrigen sind alle Identifizierungsmerkmale (Name, Geburtsdatum, Adresse etc.) von den medizinischen Daten entfernt.
Veröffentlichung der Ergebnisse
Beantragt das Pharmaunternehmen nach Abschluss der Studie die Zulassung des getesteten Medikaments, ist es gemäß § 42b AMG verpflichtet, die Ergebnisse der Studie zu veröffentlichen.
In der Veröffentlichung müssen alle erzielten Ergebnisse enthalten sein, unabhängig davon, ob sie günstig oder ungünstig waren.
§ 42b Abs. 3 S. 4 AMG bestimmt dabei, dass die veröffentlichten Ergebnisse keinerlei patientenbezogene Daten erhalten dürfen. Die Veröffentlichung der Ergebnisse muss vielmehr in anonymisierter Form erfolgen.
Unter dem Gliederungspunkt „Anforderungen an die Einwilligung“ werden im dritten Absatz Gewebeproben als ein Beispiel für Daten aufgeführt. Dies ist nicht zutreffend.
Die Definition von Daten als ,,Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse“ umfasst zwar jedwede Information, gleich woher diese stammt und in welcher Form (natürliche Sprache, maschinenlesbare Codes, Bilder und Tonaufnahmen etc.) sie repräsentiert ist. Notwendig ist aber ein ,,finales Element“, d.h. die Information muss zum Zwecke der Vermittlung von Kenntnis oder des Verfügbarhaltens von Kenntnis gewonnen bzw. verwendet werden. Spuren als solche sind noch keine Angaben im Sinne der Datenschutzgesetze. Insoweit gilt für menschliche Körperstoffe nichts anderes als beispielsweise für Fingerabdrücke auf Gegenständen und Bremsspuren. Sie liefern die Grundlage, um durch Untersuchen, Analysieren und Aufzeichnen Einzelangaben zu gewinnen, unterfallen selbst aber nicht dem Datenschutzrecht (Mand, MedR 2005, 565f m.w.N)
Körperteile, die endgültig vom Körper getrennt worden sind, zu denen auch Gewebeproben gehören, werden mit der Trennung zu Sachen; das Eigentum an ihnen steht analog § 953 BGB dem Menschen zu, von dem die Körperteile getrennt worden sind.
Der oben erwähnte Passage sollte richtig heißen:
„Die erhobenen Daten dürfen nur für die Durchführung der jeweiligen Studie verwendet werden. Sollen beispielsweise die Daten für künftige Forschungszwecke aufbewahrt werden, muss eine gesonderte Einwilligung eingeholt werden.“
Werden die Gewebeproben unter Angabe des Pseudonyms (Code-Nummer) des Probanden aufbewahrt, ist ein Rückschluss auf dessen Identität möglich, so dass sie dem Datenschutzrecht unterfallen. Die Verwendung von Pseudonymen im Zusammenhang mit klinischen Studien wird allerdings erst unter der nächsten Unter-Überschrift angesprochen, so dass die Aussage insofern eventuell missverständlich ist. Zur Klarstellung haben wir den Absatz deshalb geändert.