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Schmerzensgeld wegen DSGVO-Verstoß durch Offenlegung eines Namens

Schmerzensgeld wegen DSGVO-Verstoß durch Offenlegung eines Namens

Die namentliche Nennung eines Lottogewinners ohne dessen ausdrückliche Einwilligung kann Schmerzensgeldansprüche des Geschädigten begründen. Wieso dies so ist, beleuchten wir in diesem Artikel.

Was war passiert?

Nimmt man an einer Lotterie teil und gewinnt dabei viel Geld, möchte man vielleicht nicht, dass dies jeder erfährt. Ansonsten kann es schnell passieren, dass einem die – möglicherweise schon längst vergessene – „entfernte Bekanntschaft“ auf die Pelle rückt, sowie vermeintliche Gläubiger und sonstige Gestalten, von denen man lieber nichts hören würde.

Ein Lotterieveranstalter hatte den Vor- und Nachnamen des Gewinners einer sechsstelligen Geldsumme in verschiedenen Publikationen und online genannt. Da der Gewinner keinen Allerweltsnamen hatte, sondern einen seltenen Namen trug, wussten viele Menschen sofort, um welche konkrete Person es sich bei dem Gewinner handelte. Und damit wurde der Gewinner zu seinem Unmut von Bittstellern aller Art umgarnt.

Nachdem sich der Lotterieveranstalter weigerte eine Unterlassungserklärung abzugeben und Schmerzensgeld zu zahlen, wurde vor dem LG Köln erfolgreich eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Namensnennung erwirkt (Az. 28 O 482 / 19). Danach konnte schließlich ein Vergleich geschlossen werden, so dass es zu keinem Urteilsspruch in der Hauptsache kam. Hierbei verpflichtete sich der Lotterieveranstalter u.a. zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 8000€.

Warum gab der Lotterieveranstalter nach?

War der Lotterieveranstalter vor Erwirkung der einstweiligen Verfügung noch unwillig eine Unterlassungserklärung abzugeben und Schmerzensgeld zu zahlen, änderte sich dies nach Erlass der Einstweiligen Verfügung durch das LG Köln.

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Verfügung sind das Vorliegen eines Verfügungsgrund (ist es eilig?) und eines Verfügungsanspruch (besteht ein Anspruch?), die glaubhaft gemacht werden müssen. Glaubhaft gemacht ist etwas, wenn das Gericht es für wahrscheinlich hält.

Im vorliegenden Fall stellte das Gericht fest, dass sich der Verfügungsanspruch und §§ 823 Abs. 1 und 2 (i.V.m. Art. 6 DSGVO), 1004 BGB, Artt. 1 und 2 GG ergibt. Die unzulässige Namensnennung verletze rechtswidrig das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Geschädigten.

Das Gericht stellte fest, dass der Geschädigte glaubhaft gemacht habe, dass die erteilte Einwilligung zur Veröffentlichung des Namens ausdrücklich dahingehend beschränkt gewesen sei, dass der Nachname nicht von dieser umfasst sein sollte und somit diesbezüglich keine Einwilligung des Geschädigten vorlag. Auch hätten keine weiteren Erlaubnistatbestände aus Art. 6 DSGVO vorgelegen, womit die Veröffentlichung gegen das Datenschutzrecht verstoßen habe.

Dem hatte der Lotterieveranstalter anscheinend nur wenig entgegenzusetzen. Bevor es zu einem Urteil über den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch in der Hauptverhandlung kam, einigten sich die Parteien durch einen Vergleich.

Besser eine Einwilligung einholen

Dass die Veröffentlichung des Namens ohne Rechtsgrundlage einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts begründen kann, verwundert nicht.

Das LG Köln befasste sich nur mit dem Unterlassungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 1 und 2 (i.V.m. Art. 6 DSGVO), 1004 BGB, Artt. 1 und 2 GG hinsichtlich der Verbreitung des Namens. Im Hauptsacheverfahren wäre ein Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO geprüft worden. Hiernach gilt: Anspruchsberechtigt ist jede natürliche Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein Schaden entstanden ist.

Der DSGVO-Verstoß läge hier in der rechtsgrundlosen Datenverarbeitung in Form der Veröffentlichung in Publikationen und Online vor. Auch ein Schadenseintritt dürfte hier schlüssig dargetan gewesen sein, denn der Lotteriegewinner wurde gegen seinen Willen als solcher öffentlich exponiert und hierdurch der Kontaktaufnahme diverser vermeintlicher Gläubiger, Bittsteller und anderer Personen ausgesetzt.

Allenfalls verwunderlich ist die Höhe des Schmerzensgeldes in Höhe von 8000€. Die Schadenshöhe ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu bemessen, daher im Wesentlichen nach der Schwere und Dauer der Rechtsverletzung. Die dargestellte Belästigung des Lotteriegewinners, welche durch die Offenlegung seines (seltenen und damit eindeutigen) Namens verursacht wurde, dürfte die Bagatellgrenze ohne weiteres überschritten haben.

Hier darf jedoch nicht aus dem Blick gelassen werden, dass die Höhe nicht vom Gericht im Hauptsacheverfahren bestimmt wurde, sondern im Vergleichswege zwischen den Parteien verhandelt wurde. Die Höhe kann daher auch ein stückweit auf das Verhandlungsgeschick zurückzuführen sein.

In jedem Fall gilt: Hier wäre für den Lotterieveranstalter die Einholung einer ausdrücklichen Einwilligung für die Veröffentlichung des Namens des Lottogewinners in Printmedien und Online sicherlich ratsam gewesen.

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  • Und wieder so ein Missverständnis der Datenschützer. Es ist mehr als zweifelhaft, eine „Veröffentlichung“ überhaupt unter den Verarbeitungsbegriff der DSGVO zu subsumieren. Die Einwilligungspflicht zur Veröffentlichung eines Namens ergibt sich nicht aus der DSGVO, sondern aus den presserechtlichen Grundsätzen, solange kein Fall vorliegt, in welchem das Berichterstattungsinteresse der Allgemeinheit den Persönlichkeitsschutz des Einzelnen überwiegt. Die Abwägung findet auf Grundrechtsebene statt. Ist eine Veröffentlichung von der Rechtsordnung gebilligt, so ist sie nach der DSGVO auch zulässig. Eine datenschutzrechtliche Einwilligungspflicht besteht keinesfalls. Eine datenschutzrechtliche Einwilligung könnte eine Veröffentlichung auch nicht insgesamt rechtfertigen, sondern nur die Verarbeitung zum Zwecke der Veröffentlichung, die presserechtliche Zulässigkeit wäre damit nicht gegeben. Im Übrigen hätte die Zustimmung zur Veröffentlichung aufgrund einer vertraglichen Abrede, wäre diese nicht auf den Vornamen beschränkt gewesen, durchaus die Veröffentlichung des vollständigen Namens legitimieren können.

    • Wir danken für den Hinweis. Zwar wäre grundsätzlich – wie Sie schreiben – eine Veröffentlichung auf Grundlage eines Vertrages denkbar gewesen, uns lagen jedoch keine Informationen dazu vor, welche vertragliche Abreden zwischen Teilnehmer und Lotto-Veranstalter bestanden. Ein formularmäßiger Vertrag für eine Vielzahl von Teilnahmeverträgen am Lottogewinnspiel unterläge der AGB-Inhaltskontrolle (§§ 305 ff. BGB). Hier wäre im Detail zu prüfen, ob Klauseln, wonach der Name im Fall eines Gewinns pauschal in verschiedensten Publikationen veröffentlicht werden dürfte, überraschend wären (§305 c BGB) oder den Teilnehmer unangemessen benachteiligen (§§ 310 I, III, 307 ff. BGB). Vor diesem Hintergrund hätte in einer Konstellation wie der vorliegenden sicherlich nichts dagegen gesprochen, auf eine Einwilligungslösung zu setzen.

  • Mein voller Name wurde ohne meine Einwilligung auf einer Querdenker Webseite veröffentlicht, weil ich dort einigen Mitgliedern unbequeme Fragen stellte.
    Was kann ich dagegen tun?

    • Nach Art. 77 DSGSVO können Sie Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde einreichen, soweit sie der Ansicht sind, dass die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten gegen die DSGVO verstößt. Stellt diese fest, dass die Daten rechtswidrig veröffentlicht wurden, kann sie beispielsweise eine Untersagungsanordnung gegenüber dem Verantwortlichen treffen.

      Daneben steht Ihnen natürlich auch der ordentliche Rechtsweg offen. Sie können etwa über den Rechtsweg einen Anspruch auf Unterlassen oder ggf. auch Schadensersatz gegenüber dem Verantwortlichen, hier den Website-Betreiber und / oder die Person, welche Ihre Daten auf die Website geladen hat, geltend machen. Da die gerichtliche Geltendmachung von Rechten naturgemäß recht komplex ist, sollte zur Durchsetzung der Ansprüche ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

      Auch stünde einem die Möglichkeit offen, einen Klageverband i.S.d. Art. 80 DSGVO aufzusuchen, der sich der Geltendmachung der Betroffenenrechte verschrieben hat.

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