Eine lange Liste von Unterzeichnern hat am 07.03.2018 einen Brief veröffentlicht und den Vorschlag des Europäischen Parlaments zur ePrivacy-Verordnung kritisiert. Zu den Unterzeichnern zählen viele europäische Verbände und Unternehmen. Fordern sie das Richtige?
Der Inhalt im Überblick
Warnende Worte
Schon die Überschrift macht klar, worum es den Autoren geht. Europa dürfe die Datenrevolution nicht verpassen, heißt es in großen Lettern. Der offene Brief vieler Verbände und Unternehmen bezieht deutlich Stellung zu dem vom EU Parlament verabschiedeten Entwurf. Dieser liegt zurzeit bei den Mitgliedsländern die darüber verhandeln. Aber schon seit Bekanntwerden der Pläne zu einer Erneuerung der ePrivacy-Verordnung laufen viele Interessenverbände hiergegen Sturm, wir berichteten.
Ja, sie haben Recht – teilweise
Der Brief hat einige interessante Sätze, die für sich genommen sehr vernünftig sind. So heißt es u.a.:
„Um das Vertrauen der Bürger in digitale Technologien zu erhalten, ist die Wahrung der Privatsphäre entscheidend.“
Dem ist nichts entgegenzusetzen. Und auch den Hinweisen auf die Abhängigkeit von Daten und deren Nutzungsmöglichkeiten in anderen Teilen dieser Erde, v.a. in den USA. Dortige Konzerne können praktisch alles analysieren, auswerten und verwenden, was sie in die Finger bekommen. Regulierung? Fehlanzeige. Dass eine solche Praxis in der EU nicht zugelassen werden soll, sei ein Wettbewerbsnachteil für hiesige Unternehmen. Und das obwohl der Abstand zu dortigen Tech-Giganten ohnehin schon uneinholbar groß erscheint.
Die Konsequenz ist aber falsch
Das wirft die Frage nach einer Lösung auf. Doch muss diese zwangsläufig heißen, dass wir uns deren Regeln unterwerfen und unsere ohnehin schon löchrige digitale Privatsphäre gänzlich aufgeben? Wenn es nach den Verfassern des Briefes ginge, dann ja. So schreiben sie zu der geplanten Cookie-Regelung:
„Diese Maßnahme würde einen erheblichen Nachteil für junge Unternehmen bedeuten, da sie ihre Möglichkeit, mit gezielten und relevanten Botschaften Werbeeinnahmen zu erzielen, einschränken würde.“
Ja auch das stimmt. Mehr Daten bedeuten mehr Auswertungen. Diese wiederum steigern das Wissen über die Konsumenten und lassen Werbung gezielter schalten. Gezielte Werbung lässt sich teurer verkaufen als pauschale. Aber widerspricht das nicht dem zuvor genannten Zitat? Wie die Privatsphäre der Bürger gewahrt werden soll, während ein jeder von ihnen gleichzeitig auf Schritt und Tritt im Internet verfolgt wird, erklären die Interessenvertreter nicht. Und genau da liegt das Problem.
Aber auch abseits dieses Widerspruchs gibt es Gründe, warum der Brief kritisch gesehen wird. Alleine der Umstand, dass in den USA viel gezielter Werbung geschaltet werden kann als in Europa, hat das Zeitungssterben nicht abgeschwächt. Im Gegenteil, jenseits des Atlantiks herrschen noch viel dramatischere Zustände. Und das sollte zu denken geben.
Eigene Werte verteidigen
Die EU hat mit ihren über 500 Millionen Einwohnern einen der interessantesten Märkte der Welt. Diese Marktmacht sollte nicht unterschätzt werden. Internationale Konzerne werden sicherlich keinen Bogen um die EU machen, nur weil sie die hiesigen Bürger weniger ausforschen dürfen. Das sollte uns zum Vorteil dienen und wir diejenigen, die hier Geschäfte machen wollen, nach unseren Spielregeln handeln lassen. Hierzu zählen eben auch Werte wie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Positionspapier der Medienverbände misst diesem Recht leider keine angemessene Stellung zu. Sicherlich kann man über Anpassungen der ePrivacy-Verordnung in ihrer jetzigen Fassung diskutieren. Aber der Ansatz der Interessenverbände ist hierfür der falsche.
Interessanter Zeitpunkt
Die Veröffentlichung passt zeitlich gesehen gut zu den Äußerungen der designierten Staatsministerin für Digitales im Kanzleramt, Dorothee Bär. Diese hatte nur kurz zuvor geäußert, dass Deutschland einen Datenschutz „wie im 18. Jahrhundert“ habe, der dringend reformiert werden müsse. Im Kontext des Interviews wird ihre Aussage dahingehend auszulegen sein, dass sie nicht allzu viel von Datenschutz und den restriktiven deutschen / europäischen Regelungen hält. Es kann also gut sein, dass die Interessenverbände und die zukünftige Staatsministerin inhaltlich bald auf einer Linie liegen.
Was Frau Bär da von sich gegeben hat, lässt schon die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um eine von Lobbyisten geschriebene Rede handelt.
Ob Lobbyismus oder nicht nicht, ich gebe dem Schreiber in einem Punkt recht. Die Herrschaften in Brüssel, hätten aus meiner Sicht nicht den zweiten oder dritten Schritt vor dem aller ersten gehen sollen. “ Was ist denn mit den Daten, welche unbemerkt jeden Tag die Hintertür verlassen sprich um nach Hause zu telefonieren „, naja es sind ja nur Daten welche angeblich die Nutzung einer Anwendung analysieren. Ungefragt und ohne eigene Einwilligung bzw. Option zur Unterbindung, …
So möchte man aus jeder Fliege einen Elefanten aufbauschen aber über den vorhandenen Elefanten da hüllt man sich besser in Schweigen. Betrifft nicht nur Unternehmen in den USA, sondern vor allem auch Unternehmen aus Deutschland.