Kann man demnächst statt per Lastschrift oder Kreditkarte auch per Facebook bezahlen? Gibt es sogar bald eine Facebook-Währung? Das weltweit größte soziale Netzwerk hat bei der irischen Zentralbank eine Zulassung als Finanzdienstleister beantragt. Als „e-money institution“ könnte es seinen Nutzern ermöglichen, über den Rechner zu Hause oder mit mobilen Geräten Geld zu überweisen, und zwar nicht in Dollar oder Euro, sondern als E-Geld. Facebook würde auf breiter Front angreifen, denn die Dienstleistung umfasst den Geldtransfer in Konkurrenz etwa zu Western Union und Bezahldienste wie PayPal.
Der Inhalt im Überblick
„Versuch in sehr kleinem Maßstab“
Die Prüfung soll zwar schon in den kommenden Wochen abgeschlossen werden, aber zunächst will man den Ball flach halten: „Wir arbeiten an einem Versuch in sehr kleinem Maßstab„, sagte ein Unternehmenssprecher laut Süddeutscher Zeitung. Ansonsten lässt Facebook wenig nach außen dringen.
Für die Zurückhaltung gibt es einen guten Grund: Die virtuelle Währung Facebook Credits war nicht erfolgreich und wurde im vergangenen Jahr eingestellt, und das Mobile-Commerce-Angebot Facebooks Gifts ist bei Verbrauchern bisher nur auf wenig Resonanz gestoßen”, zitiert CNET eine Expertin.
Besonders in Märkten wie Indien, wo Facebook vergangene Woche die Grenze von 100 Millionen Anwendern geknackt hat, soll der Bezahldienst dennoch eine große Rolle spielen. Das gilt auch für andere Schwellenländer, in denen Bankenwesen und Zahlungssysteme noch nicht so etabliert sind wie in Europa und den USA. Dort sind Zahlungen im Rahmen von Apps übrigens bei Facebook schon üblich. Im vergangenen Jahr wurden so über 2 Milliarden Dollar für Spiele umgesetzt.
Der Guardian meldet, dass das soziale Netzwerk an diesem Umsatz mit 30 Prozent beteiligt ist. Auch über die Spiele hinaus könnte es Marktplatz für Online-Shops werden und E-Commerce-Aktivitäten befeuern, an denen es wie Paypal oder eine klassische Kreditkartenfirma beim Zahlungseinsatz verdient.
Knackpunkt Datensicherheit
In Zeiten der Bankenkrise hat zwar das Image altehrwürdiger Geldhäuser gelitten. Aber würde man einem sozialen Netzwerk zutrauen, Überweisungen zuverlässig und seriös auszuführen? CNET verweist auf eine Studie, wonach das nötige Vertrauen unter den Verbrauchern noch nicht besteht.
Zumindest müsste Facebook bei den Sicherheitsmaßnahmen nachlegen. Es arbeitet z.B. mit OpenSSL, sodass es von der Sicherheitslücke „Heartbleed“ betroffen ist – wie auf der Website mashable.com nachzulesen ist – und Kontodaten nach heutigem Stand ohne weiteres abfließen könnten.
Knackpunkt Datenschutz
Wenn Kontodaten abhandenkommen und sich der Kreis der Betroffenen nicht genau eingrenzen lässt, muss nach § 42a Bundesdatenschutzgesetz auf den Vorgang und seine möglichen Folgen in zwei bundesweit erscheinenden Tageszeitungen hingewiesen werden, in Anzeigen von mindestens einer halbe Seite. Ob sich Facebook an solche Vorgaben halten würde, steht auf einem anderen Blatt.
Eine andere wichtige Forderung des Datenschutzes wäre die strikte Trennung der Zahlungsdaten von den übrigen Daten im Facebook-Profil der Nutzer. Aber ist es nicht zu verlockend, deren Zahlungsverhalten zu analysieren, etwa um den Zusammenhang zwischen Werbung und Kaufabschlüssen zu ermitteln („Conversion Tracking“)?
Im Ergebnis würde eine weitere Schranke fallen: Hatte das soziale Netzwerk schon bislang Zutritt zum „Wohnzimmer“ seiner Nutzer, wo sie sich mit Freunden über ihre Vorlieben austauschten, wird es künftig wohl auch einen Blick ins Portemonnaie seiner Nutzer werfen.
Wen das als Facebook-Nutzer kalt lässt, dem sei mit auf den Weg gegeben, dass die technischen Voraussetzungen für den Bezahldienst in nicht allzu ferner Zukunft dafür eingesetzt werden könnten, die Nutzer für alle möglichen Inhalte oder Angebote zur Kasse zu bitten oder sogar einen Mitgliedsbeitrag zu erheben.