Häufig wird der § 26 BDSG als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten zum Zwecke der Kundenzufriedenheit bei Lieferdiensten herangezogen. In diesem Artikel zeigen wir auf, wieso hierbei Vorsicht geboten ist.
Der Inhalt im Überblick
Rechtlicher Rahmen des § 26 BDSG
Art. 88 Abs. 1 DSGVO gibt den Mitgliedstaaten das Recht, spezifischere Bestimmungen für die Verarbeitung personenbezogener Beschäftigtendaten im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses zu erlassen. Mit § 26 BDSG hat der Gesetzgeber hiervon Gebrauch gemacht.
Verhältnis zu Art. 6 DSGVO
Die Anwendbarkeit der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO wird im Rahmen der Verarbeitung von Beschäftigtendaten durch den spezielleren § 26 BDSG blockiert, soweit dieser spezifischere Regelungen enthält. Als spezifische Rechtsgrundlage blockiert diese Vorschrift alle anderen, wenn die Datenverarbeitung in engem Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beschäftigten steht. Nur bei Verarbeitungen, die nicht spezifisch mit dem Arbeitsverhältnis und der Kerntätigkeit zusammenhängen, kann auch das berechtigte Interesse nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO als Rechtsgrundlage in Betracht kommen.
Durchführung des Arbeitsverhältnisses
Der rechtliche Rahmen des § 26 BDSG ist auf die Begründung, Durchführung und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beschränkt. Das heißt, diese Rechtsgrundlage beschränkt sich auf beschäftigungsbezogene Zwecke, einschließlich all dessen, was zur effektiven Abwicklung von mitarbeitergeführten Geschäftsprozessen erforderlich ist. Insofern stellt sich zunächst die Frage, inwieweit die Rechtsgrundlage als Grundlage für die Verarbeitung von GEO-Standortdaten zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses dient.
Erforderlichkeit und Abwägung
Die Verarbeitung personenbezogener Daten auf der Grundlage von § 26 Abs. 1 BDSG ist nicht schon dann zulässig, wenn die Verarbeitung der Daten in irgendeiner Weise zur Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses geeignet ist. Das Erlaubnistatbestandsmerkmal des § 26 Abs. 1 BDSG setzt voraus, dass es die Verarbeitung der Daten des Arbeitnehmers für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses erfordert. Die betroffenen Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers sind daher gegeneinander abzuwägen und es ist eine Abwägung vorzunehmen, die beide Interessen so weit wie möglich berücksichtigt.
Ausgehend von der Bedeutung dieser Regelung ist es daher schwierig, einen direkten Zusammenhang zwischen einem verbesserten Kundenerlebnis und der Durchführung des Arbeitsverhältnisses zu sehen.
Rundumüberwachung der Mitarbeiter
Eine Rundumüberwachung von Arbeitnehmern ist verboten. Daher erscheint es fast unmöglich, zu dem Schluss zu kommen, dass die Interessen des Arbeitgebers am GEO-Location-Tracking die Rechte und Freiheiten seiner Arbeitnehmer überwiegen. Dies kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden, wenn die Verarbeitung als notwendig erachtet wird. Zum Beispiel, wenn die GEO-Ortung aus Sicherheits- oder Dokumentationsgründen erfolgt. Fahrer sind fast während ihrer gesamten Arbeitszeit mit der Auslieferung von Waren beschäftigt. Insofern sind sie häufig auch einer nahezu lückenlosen Überwachung ausgesetzt.
Vergleich zwischen Lebensmittellieferanten und Paketzustellern
Die Notwendigkeit der GEO-Standortverfolgung für Lebensmittellieferdienste lässt sich nicht einfach am Beispiel von Paketzustelldiensten begründen.
Lebensmittellieferungen unterscheiden sich von Postzustellungen erheblich. Hier variiert bereits die Zustellzeit. Bei Lebensmittellieferungen liegt zwischen der Bestellung des Essens und der Lieferung nur ein sehr kurzer Zeitraum von etwa zwanzig Minuten. Die reine Fahrtzeit macht davon nur einen Bruchteil aus. Bei der Paketzustellung fällt der Zeitpunkt der Zustellung in einen wesentlich größeren Zeitraum, sodass eine Vergleichbarkeit der beiden Bereiche hinsichtlich der Überwachung des Zustellstatus nicht gegeben ist. Darüber hinaus unterscheiden sich auch die Zeitintervalle, die für die Aufzeichnung des GPS-Standorts verwendet werden. Bei Paketzustelldiensten wird in der Regel ein viel größeres Zeitintervall für die Aufzeichnung des GPS-Standorts verwendet, um eine vollständige Überwachung auszuschließen. So kann zwar ein ungefährer Zeitpunkt der Zustellung (stunden- oder halbstundengenau) ermittelt werden, aber nicht jedes Mal, wenn 100 Meter zurückgelegt werden oder fünf Sekunden vergehen. Daher können die Aspekte der GPS-Verfolgung bei der Postzustellung nicht auf Lebensmittellieferungen übertragen werden.
Einwilligung des betroffenen Lieferanten
Grundsätzlich kann auch die Einwilligung des Arbeitnehmers nach § 26 Abs. 2 BDSG eine Rechtsgrundlage für die Erhebung von GEO-Standortdaten sein. Besonderes Augenmerk muss jedoch auf das Erfordernis der „Freiwilligkeit“ der Einwilligung gelegt werden. Es muss gewährleistet sein, dass die Einwilligung freiwillig erteilt wird. Problematisch wird es, wenn der Arbeitnehmer keine freie Wahl hat und die Verarbeitung nicht wirksam und ohne Folgen ablehnen kann. Nach § 26 Abs. 2 BDSG sind bei der Beurteilung der Freiwilligkeit der Einwilligung auch die Abhängigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis sowie die Umstände, unter denen die Einwilligung erteilt wurde, zu berücksichtigen.
Vergleichbare Bußgeld-Verfahren
Die niedersächsische Aufsichtsbehörde hat gegen notebooks-billiger.de ein Bußgeld in Höhe von 10,4 Mio. € verhängt. Das Bußgeld wurde verhängt, weil die Überwachung von Mitarbeitern ohne rechtliche Grundlage durchgeführt wurde. Im Fall von H&M verhängte die zuständige Aufsichtsbehörde ein Bußgeld in Höhe von 35,3 Mio. € gegen den Konzern. Das Bußgeld wurde aufgrund einer umfangreichen Mitarbeiterüberwachung und Datenerhebung ohne rechtliche Grundlage oder Notwendigkeit verhängt.
Dies zeigt, dass die Behörden sehr genau prüfen, inwieweit der Schutz der Mitarbeiterdaten umgesetzt wird. Gerade vor dem Hintergrund solcher Entscheidungen ist bei der Überwachung von Mitarbeitern besondere Vorsicht geboten.
Dass ein Tracking von Standortdaten unter bestimmten Umständen möglich sein kann, zeigt der Lieferando-Fall.