Zum Inhalt springen Zur Navigation springen
Lobo und der Datenschutzschuldfetisch – Ein Kommentar

Lobo und der Datenschutzschuldfetisch – Ein Kommentar

Unter dem Titel „Datenschutz als Verhinderungswaffe“ macht der Journalist Sascha Lobo in der Spiegel Netzwelt-Kolumne den Datenschutz zum Buhmann. Eine reißerische Abrechnung mit der Doppeldeutigkeit des Datenschutzrechts, die in der Twitter-Community viel Zuspruch erhält. Aber was ist wirklich dran an diesen Thesen und Prämissen? Ein Kommentar, der zur Reflexion einladen soll.

Redundanzen des Gesetzes

Lobo schreibt:

„Damit beginnt das Problem, denn Datenschutz und die dazugehörige Gesetzgebung ist so oft umständlich und im Detail unklar, dass man auf Vermutungen und Erzählungen zurückgreift, selbst in informierten Kreisen.“

Viele Unternehmen haben täglich mit den Ambiguitäten des Datenschutzrechts zu tun und genau diese Ambiguitäten erzeugen nun mal Redundanzen. Das nehmen wir als Gesellschaft in Kauf, um jeder betroffenen Person die Möglichkeit zu geben, sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auszuüben und (objektiv betrachtet) die sozialschädliche Kehrseite der Informationstechnologie beherrschbar zu machen. Genauso wie wir in Kauf nehmen „Steuerflüchtige“ mit komplexen Steuergesetzen zu begegnen und auch genauso wie wir in Kauf nehmen noch weitaus komplexere Bankenregularien für eine noch so kleine Dorf-Sparkasse zu erzeugen, um unser Finanzsystem vor adversen Schocks zu schützen. Sprich: Wir nehmen Redundanzen in Kauf, um unser System widerstandsfähiger zu machen.

„real existierender Datenschutz“

Lobo führt den sogenannten „real existierenden Datenschutz“ ein:

„Hier zeigt sich das ganze Elend des real existierenden Datenschutzes: Er ist durch eine Vielzahl von Absurditäten, Inkonsistenzen und Fortschrittsfeindlichkeiten zu einer intransparenten Verhinderungswaffe geworden.“

Doch anstatt sich mit den existierenden Regeln und Problemen zu befassen, stellt der Beitrag bei seiner weiteren Kritik vor allem auf ein schwammiges Etwas ab, dass als der „real existierende Datenschutz“ bezeichnet wird. Ein Gefühl oder Glauben, losgelöst von den tatsächlichen Vorgaben, dass bei einem Großteil der Digitalisierungsprojekte eine Rolle spielen soll.

Diesen real existierenden Datenschutz beschreibt Lobo weiterhin schwammig:

„Es lässt sich von außen und bei einer Vielzahl von Projekten sogar von innen kaum sagen, ob Datenschutz hier wirklich Probleme gemacht hätte oder nicht. Ob es simple, datenschutzkonforme Möglichkeiten gegeben hätte oder nicht. Worunter viele aufgeklärte Datenschützer selbst enorm leiden, denn das heißt: Mit einem hartnäckigen Verweis auf Datenschutz kann man mahnend und warnend und Strafen an die Wand malend selbst dann unliebsame Projekte killen, wenn eigentlich datenschutzrechtlich gar nichts dagegen spricht. Datenschutz ist deshalb in Deutschland nicht nur das größte digitale Verhinderungsinstrument, sondern zugleich auch der größte digitale Sündenbock.“

Dagegen kann aufgrund seiner Breite und Ambiguität nur schwer argumentiert werden. Sicherlich gibt es einige Projekte, bei denen das so läuft. Anderseits haben wir selbst schon Projekte umgesetzt, bei denen das ganz anders läuft. Ob die Einzelbeispiele wie das E-Rezept tatsächlich der Beweis sind, dass dies bei einer Vielzahl der Projekte so läuft, kann bezweifelt werden.

Weiter schreibt er:

„Es geht zu selten um praktische Abwägung von Nutzen und Kosten und viel zu oft um vorgeblich unverhandelbare Absolutheiten.“

Auch hier könnte man wieder auf das Gesetz oder Grundrecht verweisen, indem eine solche Abwägung, zwischen Rechten der Betroffenen und Datenverarbeiter ausdrücklich verankert ist. Einer solchen Kritik hat man sich aber durch das Abstellen auf den „real existierenden Datenschutz“ entzogen. Auch in diesem Fall werden die negativen Auswirkungen wieder mit einer Einzelanekdote über eine Aussage des hessischen Datenschutzbeauftragten unterlegt. Aber auch hier gibt es positive Beispiele, die man anekdotisch anführen könnte. Als Gegenbeispiel hat der LfDI Rheinland-Pfalz den Einsatz von Videokonferenzsoftwares an den Schulen in der Pandemie ausdrücklich geduldet. Auch dies ist dann real existierender Datenschutz.

Fehlgeleitete Debatten

Lobo verfolgt – wohl unfreiwillig – eine fehlgeleitete Debatte, die nicht dazu geeignet ist, die wesentlichen Triebkräfte der Digitalisierung zu erklären. Lobo macht die Uneindeutigkeit im Datenschutz, sowie die hartgesottenen Datenschützer aus dem Norden verantwortlich für die Verhinderung der Digitalisierung. Datenschützer werden zu apokalyptischen Reitern und die Auswirkungen des Datenschutzes werden größer gezeichnet als sie in Wirklichkeit sind. Die Krux an dieser Auffassung ist die merkwürdige Fokusverengung auf das Unwesentliche. Welchen Sinn hat es über den Datenschutz zu diskutieren, ein mögliches Problem, dass am Ende einer Kette von Problemen bei der Digitalisierung steht. Lobo´s Datenschutz-Nebelkerze ist hierfür leider ein wohlfeiles Mittel.

Man tritt ihm wohl nicht zu Nahe, wenn man behauptet, dass er es doch besser wissen müsste.

3 Gründe für das „Scheitern“

Deshalb nun 3 übergeordnete Gründe von einer Vielzahl an Gründen, wieso der Datenschutz keine Schuld an der mangelnden Digitalisierung trägt und auch keine substanzielle Erklärung für dessen Versäumnisse darstellt.

1. Was treibt die (digitale) Wirtschaft an?

Die Antwort ist klar, und sie lautet: Private und öffentliche Investitionen!

Technologischer Fortschritt und Investitionen

Investitionen als Basis der Produktivität entscheiden darüber, ob sich ein Land wirtschaftlich weiterentwickelt oder nicht. Unternehmerische Investitionen sind dabei der wichtigste Träger neuer Technologien und schaffen möglichst effiziente und produktive Prozesse. Eine exemplarische Binsenweisheit: Je mehr privat investiert wird, desto besser ist die technische Ausrüstung am Arbeitsplatz. Je mehr Geld eine Regierung in die technologische Infrastruktur eines Landes investiert, desto besser wird sie funktionieren. Zusammengenommen bedeuten diese beiden Aspekte, dass pro Arbeitskraft und Arbeitszeiteinheit mehr und effizienter produziert werden kann.

Die Impulse der privaten Investitionen hängen ihrerseits maßgeblich von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, also von der Nachfrage, ab. Denn die Nachfrage bestimmt die Auslastung der vorhandenen Produktionskapazitäten und damit die Profitabilität und Attraktivität der bereits getätigten Investitionen. Dies wiederum beeinflusst die Erwartungshaltung potenzieller Investitionen im Hinblick auf künftige Vorhaben.

Kurzum: Investitionen sind die notwendige Voraussetzung für technologischen Fortschritt! Noch kürzer: Von nichts, kommt nichts!

Fallende Investitionsquoten und digitale Kompetenz

Im Laufe der letzten 20 Jahre haben bekanntermaßen die asiatischen Länder (vornehmlich China) enorm aufgeholt und stellen heute den Großteil der weltweiten Investitionstätigkeit. Das Gleiche gilt für die Investitionsquote, bei dem China mit einer Investitionsbeteiligung von 45 % am BIP den größten Anteil bestreitet.

Die Investitionstätigkeit im Euro-Raum ist von ca. 26 % (im Jahre 2000) auf ca. 17 % (im Jahre 2019) gefallen. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland mit einer Investitionsquote von 1,6% am unteren Ende der Skala. Für Deutschland kann man im Zeitraum 2000 – 2022 sogar erkennen, dass die Investitionstätigkeit der Unternehmen stagniert.

Hinzu kommen die zögerlichen Investitionen im digitalen Sektor. Das World Digital Competitiveness Ranking, ein Vergleich der digitalen Wettbewerbsfähigkeit der Länder, zeigt, dass Deutschland weiterhin nur durchschnittlich abschneidet (Platz 18 von 63). Viel schlimmer sieht es bei den digitalen Fähigkeiten der „Arbeitenden“ mit Platz 54 aus.

Zusammenhang?

Zur Erinnerung: Das Datum der Erstveröffentlichung der Datenschutz-Grundverordnung ist der 27. April 2016. Anzuwenden war das Gesetz ab dem 25. Mai 2018. Wer eine ernsthafte Korrelation zwischen technologischem Fortschritt und der Einführung „schärferer“ Datenschutzgesetze sieht, sieht entweder auch Geister oder ist nicht in der Lage die Wirkungszusammenhänge technologischen Fortschritts zu erklären.

2. Management-Tools und Automatisierung

Bei der Betrachtung der Entwicklung der Investitionsquoten werden die in den verschiedenen Bereichen vorherrschenden Probleme heute sehr deutlich. Was für die Gesundheitsämter während Corona ein Stresstest war, ist nun auch die DSGVO für die interne Prozessgestaltung der Unternehmen und der öffentlichen Verwaltungsstrukturen.

Die fehlenden Investitionen der Vergangenheit führen zu der mangelhaften Lage in der Digitalisierung und damit einhergehend zu den Umsetzungsdefiziten des Datenschutzrechts. Dementsprechend ratlos steht man dann vor den etlichen technischen Maßnahmen, die die DSGVO einfordert.

Hinzu kommt die immer noch breit vorhandene Bevorzugung von analogen und nicht automatisierungsfähigen Umsetzungsmodalitäten, statt die regulativen Anforderungen (exemplarisch) mit Datenschutz-Management-Tools zu erfüllen. Datenschutz-Management-Tools können einem Unternehmen dabei unterstützen, datenschutzrechtlichen Vorgaben effektiver und weitaus sorgloser nachzukommen. Aber die Beharrungskräfte an „alten“ Prozessen festzuhalten und sich nicht um ein modernes IT-Service-Management zu kümmern, liegen nicht im Verschuldungsradius des Datenschutzrechts, sondern sind Folge mangelnder Digitalisierungsabsichten.

3. Stilblüten und Überinterpretationen

Die DSGVO fordert mit seinem verfahrensorientierten Ansatz, dass sich die für die Datenverarbeitung Verantwortlichen mit den entstehenden Grundrechtsrisiken für die betroffenen Personen auseinandersetzen und auf der Basis dieser Überprüfung die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen ergreifen, um den Schutz dieser Grundrechte zu gewährleisten.

Eine gedankenlose Anwendung der DSGVO außerhalb ihres Kontextes führt zu Überinterpretationen und kuriosen Stilblüten. So führen dann diese Überinterpretationen zu vollkommen überzogenen Anforderungen. Nicht selten sieht man dann Verarbeitungsverzeichnisse mit den kleinteiligsten Verarbeitungsschritten, die sicherlich einen hohen Aufwand erfordern, so aber von niemanden verlangt wurden. Das diese seltsame Tätigkeit keine Anhänglichkeit schafft, ist soweit richtig und unbestritten, liegt aber erneut nicht am Datenschutzrecht oder an irgendwelchen „Hohepriester(n) der radikalen schleswig-holsteinischen Datenschutzschule“.

Strohmänner und Strohfrauen

Zusammengefasst: Man sollte Lobo kein böswilliges Verhalten unterstellen. Dennoch verkennt Lobo – vermutlich aus der Tiefe seines Gemüts – die betriebswirtschaftlichen, wie volkswirtschaftlichen Zusammenhänge, die augenscheinlich den Ursprung des Problems darstellen. Stattdessen rückt er den Datenschutz in den Mittelpunkt seiner Analyse und führt eine fiktionale Debatte auf der Grundlage von falschen Prämissen.

Nein. Die Digitalisierung scheitert nicht am Datenschutz, sondern zuvörderst am MINT-Fachkräftemangel, am Investitionsstau im privaten, sowie im öffentlichen Sektor und damit einhergehend an nicht-performanten IT-Infrastrukturen.

Oder um es mit den Worten des US-Politberaters James Carville auszudrücken: “It’s the economy, stupid”.


Dieser Beitrag ist ein Kommentar und spiegelt daher die persönliche Meinung der Autorin / des Autors wider. Diese muss nicht mit der Meinung des Herausgebers oder seiner Mitarbeitenden übereinstimmen.

Informieren Sie sich über unsere praxisnahen Webinare
  • »Microsoft 365 sicher gestalten«
  • »Informationspflichten nach DSGVO«
  • »Auftragsverarbeitung in der Praxis«
  • »DSGVO-konformes Löschen«
  • »IT-Notfall Ransomware«
  • »Bewerber- und Beschäftigtendatenschutz«
Webinare entdecken
Mit dem Code „Webinar2024B“ erhalten Sie 10% Rabatt, gültig bis zum 31.12.2024.
Beitrag kommentieren
Fehler entdeckt oder Themenvorschlag? Kontaktieren Sie uns anonym hier.
  • Lobo ist sicher kein DS-Experte oder Jurist. Sonst hätte er zB auch das Schrems 2 Urteil des EuGH genannt, die untätige Behörde in Irland, das Chaos der Abstimmung zwischen Behörden. Viel Stoff hätte auch das Interview der EDSA-Leiterin bei Netzpolitik.org her gegeben. Insgesamt ist sowohl die DSGVO als auch deren Umsetzung eine Katastrophe. Aber Behörden lieben Katastrophen, denn es gibt ihnen Arbeit und sie dehnen sich wie Kraken aus. Dann geht auch niemand in der EU das Risiko in Projekte zu investieren. Die Regulierungsdichte nimmt sogar drastisch zu, aber die EU kann die DSGVO nicht reparieren. Zu langsam, zu kompliziert. Das EU System ist also nicht innovativ und daher gibt es auch keine Innovationen. Innovationen gibt es dann in China und den USA. Die EU Bürokraten erreichen exakt das Gegenteil des Gewünschten und werfen viel Geld in die Mülltonne für absurde Projekte wie GaiaX. Das wird sich auch nicht ändern, sondern nur der Abstand nur noch schlimmer werden.

  • Nach Ihrer Innovation-ist-immer-gut-Logik, wäre dann Hanno Berger ein genialer Erfinder, Cum-Ex eine Innovation und das komplizierte Steuerrecht ein Innovationsabstrafer. Schließlich hat Herr Berger seinen Kunden auf innovative Art & Weise Werte beschert. Allerdings auf Kosten der Allgemeinheit. Ggf. hinterfragen Sie ihre undifferenzierte Innovations-Gläubigkeit mit der Frage: „Wem nützt es“?

  • Ich würde gerne noch weitere Gründe für die Schwierigkeiten im Umgang mit Datenschutz hinzufügen:
    – Datenschutz kann jeder!
    Wenn Unternehmen die Aufgaben des Datenschutzes ernst nehmen würden, so würden sie in diese Stelle auch entsprechend investieren. Datenschutz kann eben nicht jeder! Heutzutage müssen DSBs Generalisten sein. Nicht nur fundierte Kenntnisse in allen nicht nur juristischen Facetten des Datenschutzerechts sind gefragt. Projekt- und Prozess-Management sind ebenfalls wesentliche Grundkompetenzen. Abgerundet wird das Anforderungsprofil durch soldies Verständnis für Technologien und Informationssicherheit.
    – Datenschutz hält auf!
    Wenn der Datenschutz in die Projekt- und Prozess-Vorhaben eines Unternehmens eingebunden werden würde. So können Datenschützer auch (unter der Voraussetzung der o.g. Kompetenzen) ihre Beratungsaufgaben wahrnehmen. Geschähe das, so könnten diese Vorhaben nicht nur entsprechend begleitet werden sondern meist auch eine größere Umsetzungsgeschwindigkeit aufnehmen.
    – Aber wir verabeiten doch keine personenbezogenen Daten!
    Diese Unkenntnis (teilweise auch gepaart mit Ignoranz) resultiert häufig aus unzureichenden Schulungs- und Bewußtseins-Maßnahmen. Flächendeckende Ausbildung und Schulung aller Beschäftigten sowie entsprechende Datenschutzkampagnen würde den Zugang zum Datenschutz erheblich erleichtern aber auch befördern.

    All das o.g. gilt auch für vermeintlich fachkundige Journalisten.

  • Solche „Innovationen“ wie In den genannten Ländern kann man nicht wollen. Insofern hat die EU fast alles richtig gemacht, es fehlen lediglich ein paar Verbote zur Datenerfassung.

  • Der Kommentar „Replik auf Sascha Lobo: Datenschutz ist unentbehrlich“ auf dem Portal Netzpolitik.org ist eine angemessene Antwort auf die vielen Denkfehler des Herrn Lobo.

  • Die Investitionsquote ist in der Tat ein Alarmsignal ersten Ranges. Insoweit sehr schön, dass endlich jemand darauf aufmerksam macht. Letztlich entziehen die ökonomischen Versäumnisse dem Datenschutz-Buhmann jedweder Grundlage. Schöner Artikel!

    • Dem möchte ich mich anschließen. Aber wir hatten über drei Legislaturperioden eine politische Führung, die schon eine mail für Digitalisierung hielt.

  • Wie heißt es so schön: Den Kopf auf den Nagel getroffen. Die Statistiken rund um die Digitalisierung weisen definitiv in eine andere Richtung. Besonders die hohen Investitionsquoten bspw. Tschechiens und Ungarns ggü. Westeuropa, sollten aufzeigen, dass es um uns nicht besonders gut bestellt ist. Insoweit sehr richtig: Von nichts, kommt nichts.

  • Den Artikel habe ich jetzt nur überflogen, teilweise ist es so, dass ein Gesetz, und da ist die DSGVO nicht besser als alle anderen Gesetze, nicht eindeutig ist. Das gibt dem Verantwortlichen und dem DSB die Chance der Auslegung!
    Ich vertrete die Ansicht das ein AVV in den seltensten Fällen sinnvoll ist aber eine DSFA ist in vielen Fällen erforderlich, wo zieht der Gesetzgeber die Grenze, das TEAM das die DSGVO entworfen hat stand vor der gleichen Problematik und jeder der mal eine Besprechung mit mehr als zwei Perosne gemacht hat weiß, dass es nicht einfach ist einen Konsenz zu finden, je mehr Personen sich einbringen. Es ist oft populärer etwas negativ darzustellen, vor allem wenn man eine Mehrheit damit anspricht, als die Vorzüge zu propagieren. Das die Digitalisierung ausgebremst wird ist in manchen Bereichen positiv. Wenn man nur mal sieht wie viele Webdesigner Drittanbietersoftware in Websites einbinden ohne zu wissen was die Software im Hintergrund macht. Auch wenn keiner Datenschutzhinweise liest ist es doch gut, wenn es Menschen gibt die sie schreiben und dabei prüfen, ob es potenzielle Weiterleitungen gibt die heute ggf. noch unkritisch sind aber in zukunft kritischc werden könnten wenn man heute nicht darauf schaut, wehret den Anfängen. Deswegen finde ich Datenschutz mit Augenmaß gut, es geht aber nicht ohne ein Gesetz und einem rechtlichen Verständnis sowie das Wissen Prozesse zu organisieren.

  • Ich lese öfter Herrn Lobos Kolumne auf Spiegel Online, da ich ihn als reflektierten und informierten Kommentator schätze und schon den einen oder anderen Denkanstoß durch seine Sicht auf die Dinge bekommen habe.
    Doch hier hat er sich völlig vergaloppiert. Ich hatte beim Lesen den Eindruck, dass er sich über irgendwas in Zusammenhang mit Datenschutz geärgert hat und einfach nur Dampf ablassen wollte, weshalb ich diesen speziellen Beitrag nicht allzu ernst nehme, es sei denn, ich würde Herrn Lobo zufällig am Stammtisch treffen.
    Deshalb wundert es mich sehr, dass Herr Oshnooei ungefähr die Hälfte seines Beitrags darauf verwendet, Herrn Lobo die Gründe für digitales Scheitern auseinanderzusetzen. Besser wäre es meines Erachtens gewesen, die Bedeutung des Datenschutzes für den Nutzer digitaler Dienste pointiert darzulegen, um dem Beobachter der Diskussion klar zu machen, dass nicht sinnvolle, gewünschte Dienste erschwert werden, sondern dass es darum geht, den Missbrauch von Daten zum Nachteil der Betroffenen zu verhindern.

    • Zugegeben: Mein Blick beschränkt sich hier im Wesentlichen auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge, respektive Versäumnisse. Dahingehend hätte man sicherlich noch auf die positiven Aspekte des Datenschutzes eingehen können. Fair Enough!

      Mir war aber mehr daran gelegen, die – makroökonomisch unfundierte – Prämisse der sogenannten Datenschutz-BREMSE zu widerlegen, welche Viele – nicht nur Lobo – unbemerkt hinter sich herziehen. Es ist eben dieser persistente Irrglaube, ohne „nervende“ Datenschutzgesetze in einem digitalisierten Europa mit Flugtaxis und Allerlei, leben zu können.

      Mir schien es daher passend, die „wahren“ Gründe auch direkt mit anzuführen. Denn die Versäumnisse der Digitalisierung liegen hierin schlicht und ergreifend nicht begründet und diese fehlgeleitete Debatte führt uns im digitalen Wettbewerb auch nicht weiter. Die neue Schärfe des California Consumer Privacy Act (CCPA) belegen diese Intention.

      Wenngleich ich Ihnen Recht gebe würde, dass Lobo hier eher aus der Tiefe seines Gemüts schrieb und es ansonsten besser weiß.

  • Wer will es einem ehemaligen Nachrichtenmagazin mit ständig schwindenden Leserzahlen verdenken, wenn es populistische Meinungsmacher wie Herrn Lobo beschäftigt, um wenigstens auf ein paar Klicks zu kommen?
    Was wäre das Geschrei gross, wenn es keine Datenschutzgesetze in der EU gäbe und Meta, Google & Co noch mehr pbD nach Gutsherrenart verarbeiten würden, als sie es sowieso schon tun…

  • Was kann eigentlich die arme DSGVO dafür, wenn
    – Kunden / Bürger versuchen ihre Rechte exzessiv auszuüben?
    – Personalvertretungen die DSGVO vorschieben um „Njet“ zu sagen?
    – kleinkarierte DS-Beauftragte bei jeder Gelegenheit mit der 20 Mio-Keule kommen?
    – Aufsichtsbehörden maßlose Bußgelder verhängen, die dann wieder einkassiert werden?
    – allgemein der Anspruch besteht die DSGVO sei eine Bedienungsanleitung und ein
    Katalog für jeden Anwendungsfall?
    – Es neben der DSGVO hunderte von Spezialgesetzgebungen zum Umgang mit
    personenbezogenen Daten gibt?
    Als DSGVO würde ich mich manchmal gemobbt fühlen.

  • Was genau ist mit der Investitionsquote gemeint?
    Ansonsten sehr sehr lesenswert. Gerade vor dem Hintergrund, dass hier vieles im Argen liegt und wir offensichtlich in puncto Digitalisierung nicht weiter kommen.

    • Herzlichen Dank.
      Die gesamtwirtschaftliche Investitionsquote ist definiert als „das Verhältnis von Bruttoanlageinvestitionen zum Bruttoinlandsprodukt“. Einfach ausgedrückt: Die Investitionsquote ist eine wirtschaftliche Kennzahl, die den Anteil der gesamten Investitionen eines Landes an seiner Wirtschaftskraft, ausdrückt. Wichtig ist, dass man die Investitionsquote nicht alleine für sich betrachten sollte, sondern auch mit anderen Faktoren in Beziehung setzt (bspw. Wachstum der Bevölkerung, Ausgangsniveau des Kapitalstocks etc.).

  • Naja, an der inhaltlichen Kritik von Sascha an der Gesetzgebung kann man sicherlich Kritik üben – wie an jedem Gesetz, das nicht genau/zu genau ist: die Welt lässt sich zum Glück/bedauerlicherweise halt nicht prozessual exakt in Gesetze packen. Das der Datenschutz als Verhinderungsargument genannt wird ist aber sicher auch unbestritten. Und auch das der Datenschutz häufig viel zu spät überhaupt von Vorhaben im Detail weiß und sich einbringen kann, so dass dann nur ein reagieren bleibt. Ich verstehe den Artikel mehr als einen typischen Frustauswurf eines Digitalisierungsexperten, der immer wieder mit diesem Thema konfrontiert ist.

    • Klar. Den Artikel muss man sicherlich im Kontext einordnen und auch der anekdotische Schreibstil deuten darauf hin, dass man nicht alles für bare Münze nehmen muss. Dennoch können einige Thesen so nicht unwidersprochen stehen bleiben. Denn das Narrativ „der Bremse und Verhinderungswaffe“ verfestigt sich dadurch gesellschaftlich; ist aber aus den dargelegten Gründen ausgesprochen unfundiert.

  • Ich habe Herrn Lobo bisher als fähigen Kommentator wahrgenommen wie z.B. seine Ausführungenzum Thema Umgang der Justiz mit dem Drachenlord, weshalb mich sein aktueller Kommentar zutiefst irritiert hat. Wenn er z.B. fragt, warum das E-Rezept in anderen Ländern funktioniert aber nicht in Deutschland, dann wundere ich mich, dass er nicht versucht, die Gründe im Detail zu analysieren. Datenschutz verbietet nicht Daten zu nutzen, sondern regelt wie dies bei Schutz der Betroffenen möglich ist. Das mag den Weg zum Ziel etwas komplizierter machen, aber das Ziel ist erreichbar. Leider wählen viele Verantwortliche den einfachen Weg oder haben ganz andere Interessen.
    Ein konkretes Beispiel aus Hannover: für einen neuen Personalausweis braucht es einen digitalen Fingerabdruck, die Geräte hierfür sind aber nur auf den Bürgerämtern verfügbar. Dies bedeutet dass für Betroffene mit Mobilitätseinschränkungen keine Möglichkeit besteht. einen neuen Personalausweis zu erhalten, stattdesen sollen sie sich mit einem nichtfälschungssicheren Ersatzpapier zufrieden geben. Anstatt mobile Verwaltungsteams zu schaffen, die solche Daten vor Ort erheben wird einfach Datenschutz vorgeschoben um sich Arbeit zu ersparen.

  • Sehr amüsanter Artikel! Das Carville-Zitat am Ende ist wirklich mehr als treffend.

  • Was mich ja immer wieder fasziniert, ist das Gerede von „Fortschrittsfeindlichkeiten“ und ähnlichem- böse, böse! Wahrscheinlich kommt dann noch der Todesstoß „Wachstumshemmer“ und ein mahnendes „brach liegendes wirtschaftliches Potential heben“.
    Was ist die Definition von Fortschritt und wem dient dieser? Datenschutz und Menschenrechte sind also kein „Fortschritt“? Anscheinend nicht. Fortschritt ist rein kapitalistisch definiert (wobei ich der Meinung bin, dass hochwertiger Datenschutz in einem gewissen Rahmen durchaus auch „wirtschaftliches Potential“ hat, aber das ist ein anderes Thema). Und dabei auch meist, wie im Artikel dargelegt, ein völlig schwammiges Schlagwort, das den Leuten suggeriert, „es könnte dir viel besser gehen und dir entgeht Geld!“.

  • Grundsätzlich habe ich zumindest einen Teil des Artikels so gelesen, dass durchaus der Datenschutz oftmals nur vorgeschoben wird, um andere Versäumnisse zu kaschieren. Aber es war auch mein erster Gedanke, dass es primär nicht am Gesetz selbst liegt, sondern an der fehlenden technischen Kompetenz, den finanziellen Mitteln und dem Willen das umzusetzen. Aus meiner Erfahrung als Datenschutzbeauftragte kann ich sagen, dass sehr vieles sich umsetzen ließe, gerade in Deutschland der Wille nicht da ist, auch die entsprechenden Mittel einzusetzen. Und vor allem der Datenschutz nicht schon bei der Planung berücksichtigt wird. Denn dann kann er in der Regel ganz einfach und Problemlos implementiert werden.
    Auch beim Thema e-Rezept gehe ich nicht davon aus, dass der Datenschutz „schuld“ war, denn wie er schön aufzeigt, wird das ja auch in anderen europäischen Ländern umgesetzt, die den gleichen Vorschriften unterliegen. Es ist meist die fehlende Infrastruktur, die erforderlich ist, um den Datenschutz einzuhalten, in die einfach nicht investiert wird. Bzw. fehlen gerade bei so großen Strukturen mit diversen Playern entsprechende Schnittstellen und Kompatibilität. Die Technik ist das Problem, nicht die Regeln. In allen anderen Bereichen sieht man ja auch ein, dass man gewisse Investitionen tätigen muss, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Zum Beispiel braucht ein Unternehmen auch eine vernünftige Buchhaltung und einen Steuerberater, um die Steuergesetze einhalten zu können. So verhält es sich auch mit dem Datenschutz. Eigentlich ist ja fast alles umsetzbar, wenn es nur vernünftig gestaltet wird. Dazu braucht es den Willen und die finanziellen Mittel.

  • Noch eine Ergänzung: Warum beherrschen den die großen Player aus den USA den Markt? Weil es keine europäische Alternative gibt, die technisch mithalten kann. Der Datenschutz verhindert das nicht, sondern die technischen Entwicklungen. Jedes mal, wenn ein Produkt aus den USA eingesetzt wird, und ich nachfrage, welche europäischen Alternativen denn getestet wurden, wird mit mitgeteilt, dass es entweder keine europäischen Alternativen gibt, die annähernd die Anforderungen erfüllen, oder zumindest nicht die Funktionalitäten und intuitive Bedienbarkeit der US-Konkurrenz aufweisen. Das hat man gerade bei den Videokonferenzlösungen während der Pandemie gesehen. Die amerikanischen Produkte liefen zuverlässig, die europäischen machten lange Probleme, gerade wenn es um eine Vielzahl an Teilnehmenden ging. Auch haben die amerikanischen Hersteller wie Zoom sich oft sehr viel Mühe bei der Umsetzung der Datenschutzanforderungen gegeben, wobei natürlich immer die USA-Problematik an sich bleibt. Aber technisch wurde einfach investiert, weil die Chance erkannt wurde, sich am Markt gerade durch Datenschutz zu etablieren. Ich würde mir wünschen, europäische Unternehmen würden auch so denken und Datenschutz als eine Chance statt eines Hindernisses zu sehen.

Die von Ihnen verfassten Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern erst nach Prüfung und Freigabe durch unseren Administrator. Bitte beachten Sie auch unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzerklärung.