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Status-quo-Bericht der EU zum kommerziellen Tracking

Status-quo-Bericht der EU zum kommerziellen Tracking

Immer mehr Interessengruppen sind der Ansicht, dass die EU-Datenschutzvorschriften den „datengesteuerten Wohlstand Europas“ gefährden, und fordern eine gezielte Aufweichung der Gesetze. Angesichts der zunehmenden Polarisierung der Debatte legte der Wissenschaftliche Dienst des Europäischen Parlaments (European Parliamentary Research Service) ein Status-quo-Bericht zu den derzeitigen Tracking-Praktiken vor. Der Bericht veranschaulicht, wie führende Internetunternehmen Nutzer über Geräte und Dienste hinweg verfolgen.

Sinn und Zweck des „kommerziellen“ Trackings

Um wirtschaftliche Ziele zu erreichen und das Nutzererlebnis zu verbessern, personalisieren viele Unternehmen Produkte, Prozesse und Werbung, indem sie Kundenmerkmale und -verhalten durch Profiling und Datenanalyse vorhersagen. Die Unternehmen sammeln die für diese Vorgänge erforderlichen Eingabedaten mit verschiedenen Methoden. Neben der Abfrage von Informationen oder der Beobachtung des Offline-Verhaltens, sammeln sie Daten durch die Protokollierung und Nachverfolgung von Nutzeraktivitäten, durch sog. „Scraping“, durch Datenhandel sowie durch Fusionen oder Übernahmen von Unternehmen.

Viele Forscher sind sich darin einig, dass die wichtigste Triebkraft für Tracking und Profiling schlicht und ergreifend die Werbung ist, die das „kostenlose“ Internet finanziert. Entsprechend der Tatsache preisen Unternehmen und Branchenverbände BigData-Analysen oft als Schlüssel zum Erfolg an und implizieren dabei häufig Profiling als Schlüssel zu einer neuen Ära von Business Intelligence und personalisierten Diensten.

Im Jahr 2021 beliefen sich in diesem Kontext die Werbeeinnahmen von Google weltweit auf 209,49 Milliarden US-Dollar, gefolgt von Meta mit 114,93 Milliarden US-Dollar und Amazon mit 31,16 Milliarden US-Dollar. Nach Angaben des IAB Europe machte Behavioral Targeting (Verhaltensorientiertes Targeting) bereits 2016 66 % der gesamten digitalen Werbung aus und trug zu 90 % des Wachstums in der digitalen Werbung bei. Studien zufolge ist die Klickrate bei zielgerichteter Werbung im Durchschnitt 5 Mal höher als bei Standard-Run-of-Network-Werbung, und im Jahr 2009 waren Werbetreibende bereit, für zielgerichtete Werbung im Durchschnitt ca. 3 Mal mehr zu zahlen als für Standardwerbung.

Tracking – ein Exempel

Laut Statista wird Google im Jahr 2022 voraussichtlich 244 Milliarden US-Dollar mit digitaler Werbung verdienen und damit fast doppelt so viel wie sein Konkurrent Facebook (136 Milliarden US-Dollar). In seinen Datenschutzbestimmungen erklärt Google, dass es Informationen sammelt und kombiniert, wenn Einzelpersonen seine Dienste, Apps, Websites, Geräte und andere Produkte nutzen, die in Apps und Websites von Drittanbietern eingebettet sind.

Dabei verwendet Google verschiedene Technologien, um Informationen zu sammeln, darunter Cookies, Zählpixel, lokale Speicherung, Datenbanken und Serverprotokolle. Wenn Nutzer in ihrem Google-Konto angemeldet sind, speichert Google die gesammelten Informationen (auch von Websites und Apps Dritter) in dem Google-Konto des Nutzers. Google „sammelt“ auch Informationen über Nutzer aus öffentlich zugänglichen Quellen und aus Quellen wie Verzeichnisdiensten, Marketingpartnern und Sicherheitspartnern. Zudem speichert der IT-Konzern die von den Nutzern bereitgestellten Daten – wie Telefonnummern oder Zahlungsinformationen (Konto- und Kontaktdaten) – und „sammelt“ Inhalte, die Nutzer erstellen, hochladen oder von anderen erhalten.

Darüber hinaus werden bestimmte Plattformdaten und Plattformnutzungsdaten, Aktivitätsdaten und Standortdaten erfasst. Zu den Plattformdaten und Plattformnutzungsdaten gehören eindeutige Kennungen, Geräteinformationen und Konfigurationseinstellungen, Informationen über das Mobilfunknetz (einschließlich Name des Netzbetreibers und Telefonnummern) und IP-Adressen. Bestimmte Geräte, die auf dem Android-Betriebssystem von Google laufen, nehmen regelmäßig Kontakt mit Google-Servern auf, um Informationen über das Gerät und die Verbindung zu Diensten bereitzustellen.

Datenschutzrechtliche Entwicklungen für 2023

Hinsichtlich des mangelnden Datenschutzes haben in jüngster Zeit Google und Apple daher Beschränkungen für Web- und App-Tracking angekündigt und teilweise umgesetzt. Apple hat im September 2017 damit begonnen, Cookies von Drittanbietern in seinem Safari-Browser durch seine Initiative „Intelligent Tracking Prevention“ zu blockieren. Google kündigte für 2023 mit der Privacy Sandbox für seinen Chrome-Browser, eine ähnliche Initiative an.

Trotz der zentralen Rolle prominenter Online-Plattformen in unserem täglichen Leben, bleiben die viele Entscheidungen im Verborgenen. Die US-amerikanische Federal Trade Commission (FTC, „Bundeshandelskommission“) ließ in diesem Kontext verlautbaren, dass

„es alarmierend ist, dass wir immer noch so wenig über Unternehmen wissen, die so viel über uns wissen.“

Da nicht zu erwarten ist, dass die Online-Plattformen alte Zöpfe abschneiden, bleibt der Datenschutz auch im Jahre 2023 eine digital-ethische Haupttriebfeder für die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen (Art. 1 Abs. 2 DSGVO).

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  • Es ist schon unglaublich, dass die Adtech-Industrie, die Anti-Tracking Bemühungen der Browser zum Anlass für Änderungen nimmt und nicht die Gesetzgebung.

    Dumm für uns Verbraucher, dass sich Anti-Tracking Browser leicht unterlaufen lassen und bei Apps wie IoT natürlich gar nicht wirken. Technisch Versierte können sich nur mit Anti-Tracking Tools auf Netzwerkebene wie [Produktname zensiert] oder [ebenfalls zensiert] selbst wehren.

    Die Aufsichtsbehörden verharren im Dornröschenschlaf. Rechtsstaat? Hahahaha!

    Am Ende hilft nur eins: Echte Datenschutz-Nachhaltigkeit und Respekt vor der Privatsphäre bei den Unternehmen. Zum Glück gibt es hier erste prominente Beispiele, wie der Preisvergleich [Website zensiert] oder die Glücksspielseiten von [Unternehmen zensiert].

    Am Ende ist Datenschutz wie Umweltschutz: Es wird noch Jahrzehnte dauern bis wir begreifen, dass wir nur Vorteile haben und sich ein nachhaltiger Datenschutz etabliert, der Verbraucher wirklich schützt. Sehr traurig!

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