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Vorschlag zur Überführung des § 42 BDSG ins StGB

Vorschlag zur Überführung des § 42 BDSG ins StGB

Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sieht in seinem § 42 zwei Straftatbestände vor, von denen der eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, der andere gar Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe androht. Nachdem in der Vergangenheit bereits vergebens vorgeschlagen worden war, diese Norm des Nebenstrafrechts in das Strafgesetzbuch (StGB) zu überführen, scheint nun ein neuerlicher derartiger Versuch bevorzustehen. Wir beleuchten nachfolgend was war und was werden könnte.

Was war: Vergeblicher Überführungsversuch der FDP-Fraktion 2021

Den Vorschlag der Überführung des § 42 BDSG aus dem Nebenstrafrecht in das StGB gab es bereits 2021. Mit der Drucksache 19/28777 vom 20.04.2021 reichte die FDP-Fraktion einen Gesetzesentwurf zur entsprechenden Änderung des StGB ein. Dieser Gesetzesentwurf sah vor, den § 42 BDSG als § 201b StGB unter der Überschrift „Veröffentlichung personenbezogener Daten“ in das StGB zu integrieren. Während die Absätze eins, zwei und vier des § 42 BDSG unverändert übernommen und mithin insbesondere keine inhaltliche Änderung an den Straftatbeständen selbst vorgenommen werden sollte, war intendiert, den § 42 BDSG mit dessen Überführung in das StGB in ein relatives Antragsdelikt zu modifizieren und entsprechend dessen Absatz drei zu streichen.

Hintergrund des vorbeschriebenen Überführungsversuches war das damalige Bekanntwerden so genannter „Feindeslisten“ sowie die Sensibilisierung für deren Gefahrenpotential, nicht zuletzt durch den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke im Juni 2019.

Der Gesetzesentwurf wurde abgelehnt.

Was werden könnte: Angekündigter Überführungsversuch aus Bayern und Hamburg

Aktuell steht ein angekündigter gemeinsamer Antrag des Bayerischen Justizministers Georg Eisenreich und der Hamburgischen Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz Anna Gallina im Raum. Laut einer Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz vom 23.10.2023 wollten die Vorgenannten auf der, am morgigen 10.11.2023 anstehenden, Herbstkonferenz der 94. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister in Berlin dafür werben, den § 42 BDSG zwecks Konkretisierung zu überarbeiten und anschließend in das Strafgesetzbuch zu überführen. In der eingangs erwähnten Pressemitteilung heißt es hierzu:

„(…). Außerhalb des Strafgesetzbuches stellt § 42 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die unangemessene Erhebung, Nutzung und Weitergabe fremder personenbezogener Daten unter Strafe. Die Regelung spielt in der Praxis u.a. aufgrund ihres unklaren Anwendungsbereichs und ihrer unbestimmten Voraussetzungen kaum eine Rolle. Eisenreich: „Wir schlagen daher vor, die Regelung zu überarbeiten und für eine bessere Sichtbarkeit in das Strafgesetzbuch zu überführen. (…).“.“

Hintergrund dieses neuerlichen Überführungsvorschlages ist der Wille, Stalking – im Fachjargon „Nachstellung“– umfassend und daher künftig auch dann begegnen zu können, wenn dies unter Zuhilfenahme von Bluetooth Trackern – wie etwa Apples AirTags oder Samsungs Galaxy SmartTags – oder von GPS Trackern erfolge. Diesbezüglich bestehe derzeit noch eine Strafbarkeitslücke. Auf ebendiese Strafbarkeitslücke hatten mitunter und bereits am 20.04.2022 auch Ass. iur. Lena Leffer und Ref. iur. Michelle Weber innerhalb eines Gastbeitrages auf Legal Tribune Online (LTO) aufmerksam gemacht.

Wie der Tagesordnung der Herbstkonferenz der 94. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (Stand: 25.10.2023) zu entnehmen ist, wird der Antrag unter der Überschrift

„Strafbarkeitslücke bei der heimlichen Überwachung mittels Bluetooth-Trackern und anderen Eingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch Privatpersonen schließen“

erörtert werden.

§ 42 BDSG als Ausgangspunkt zum Schließen einer Strafbarkeitslücke im Bereich Stalking

Die Idee, den § 42 BDSG als Ausgangspunkt für das Schließen einer Strafbarkeitslücke im Bereich des Stalkings heranzuziehen, erscheint aus zwei Gründen durchaus überraschend.

1. Grund: Die so genannte Haushaltsausnahme

Zunächst ist der § 42 BDSG mit dessen aktueller Verortung im BDSG derzeit in ein Gesetz eingebunden, dessen Anwendbarkeit auf Fälle des Stalkings, infolge der so genannten Haushaltsausnahme, zumindest in einigen Konstellation durchaus diskutabel sein könnte. Die so genannte Haushaltsausnahme ist in § 1 Abs. 1 S. 2 BDSG normiert. Dort heißt es:

„Für nichtöffentliche Stellen gilt dieses Gesetz für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen, es sei denn, die Verarbeitung durch natürliche Personen erfolgt zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten.“.

Die (mögliche) Relevanz der so genannten Haushaltsausnahme des BDSG für die hier erörterte Thematik hatten – unabhängig des nun geäußerten Vorschlages den § 42 BDSG aus dem BDSG herauszulösen und in das StGB zu überführen – auch Ass. iur. Lena Leffer und Ref. iur. Michelle Weber in ihrem oben erwähnten Gastbeitrag auf LTO bereits kurz angerissen.

Zu dem Umstand wiederum, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), infolge der dort in Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO geregelten und mit derjenigen des § 1 Abs. 1 S. 2 BDSG inhaltsgleichen so genannten Haushaltsausnahme, auf Fälle des Ausspähens unter Zuhilfenahme von Apple AirTags, jedenfalls „(…) im familiär-privaten Umfeld (…)“ nicht anwendbar sei, hatte sich das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht bereits in dessen 11. Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021, dort unter „5.4 Apple AirTags – Ausspähung?“, geäußert. 

2. Grund: Die Tatbestandsmerkmale des § 42 BDSG

Ferner fallen, neben der – derzeit auch für den § 42 BDSG geltenden – so genannten Haushaltsausnahme des BDSG, vor dem Hintergrund, den § 42 BDSG als Ausgangspunkt für das Schließen einer Strafbarkeitslücke im Bereich des Stalkings nutzen zu wollen, zwei von dessen aktuellen Tatbestandsmerkmalen auf.

Zum einen ist dies die Voraussetzung des gewerbsmäßigen Handelns in § 42 Abs. 1 BDSG. Zum anderen diejenige des Handelns gegen Entgelt, wobei diese in § 42 Abs. 2 BDSG jedoch bloß eine von drei Varianten darstellt. Diese beiden Tatbestandsmerkmale erscheinen gerade nicht charakteristische Bestandteile des Stalkings oder gar essentiell für dessen Annahme zu sein.

Modifizierung und Überführung wohl aus mehreren Gründen angezeigt

Wenn demnach auch das Heranziehen des § 42 BDSG als Ausgangspunkt für das Schließen einer Strafbarkeitslücke im Bereich des Stalkings überraschen mag, dürften die vordargestellten Aspekte zugleich – und neben den bereits hierfür „ins Feld geführten“ Wünschen nach Konkretisierung und Sichtbarkeit – Anlass für die angekündigten Vorschläge einer Überarbeitung des § 42 BDSG im ersten und dessen Überführung in das StGB im zweiten Schritt (gewesen) sein.

Es bleibt spannend

Nachdem der erste Versuch, den § 42 BDSG aus den datenschutzrechtlichen Normen herauszulösen missglückt – oder, um im strafrechtlichen Fachjargon zu bleiben, fehlgeschlagen – ist, bleibt nun mit Spannung zu erwarten, ob die für den 10.11.2023 anberaumte Herbstkonferenz der 94. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister schlussendlich doch noch eine entsprechende Änderung mit sich bringen wird.

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