Eine geplante Justizreform in Frankreich will Polizeibehörden das Recht geben, Kameras, Mikrofone und GPS von Mobilgeräten gezielt zu überwachen. Wir erläutern, was geplant ist und was Kritiker dieser Reform befürchten.
Der Inhalt im Überblick
Was ist geplant?
Im Rahmen einer Justizreform könnte es der französischen Polizei in Zukunft erlaubt werden, mobile Geräte wie etwa Smartphones und Laptops oder auch andere vernetzte Geräte z.B. in Autos zu überwachen. Hierfür würden GPS, Kamera und Mikrofone der Geräte aus der Ferne aktiviert und zur Überwachung verdächtiger Personen genutzt werden können. Entsprechende Reglungen hat der französische Gesetzgeber Anfang Juli auf den Weg gebracht.
Denkbar wären dann z.B. Szenarien wie:
- die Audioüberwachung von Räumen über einen Fernseher, ein Babyphone, einen Sprachassistenten oder ein in ein Auto eingebautes Mikrofon,
- die Übertragung von Bildern und Videos von der Kamera eines Laptops, eines Smartphones oder einer Überwachungskamera oder auch
- die Feststellung des Standorts einer Person über die GPS-Positionierung eines Autos, eines vernetzten Tretrollers oder einer vernetzten Uhr.
Voraussetzungen der geplanten Überwachungsmaßnahmen
Laut der französischen Tageszeitung Le Monde wird es für solche Ermittlungsmaßnahmen einer richterlichen Genehmigung bedürfen. Zudem darf die Überwachung nicht länger als sechs Monate erfolgen. GPS-Tracking sei nur bei schwerwiegenden Verbrechen erlaubt, bei denen eine Gefängnisstrafe von mindestens fünf Jahren droht. Sensible Berufsgruppen, wie z.B. Ärzte, Journalisten, Anwälte, Richter und Abgeordnete dürften nicht zum Ziel solcher Überwachungsmaßnahmen werden.
Technische Geräte werden unbemerkt zu Wanzen
Für die Ermittlungspraxis der französischen Polizei haben diese Pläne zur Folge, dass Orte, an denen sich verdächtige Personen aufhalten, nicht mehr nur physisch verwanzt werden dürfen. Die Polizeibehörden dürften zudem deren Geräte aus der Ferne hacken und dadurch Personen unbemerkt abhören und Gespräche aufzeichnen. Technisch betrachtet werden so die eigenen Geräte unter der Ausnutzung von Sicherheitslücken zu Wanzen.
Kritik an den Plänen
Gegner der Justizreform kritisieren, dass staatliche Stellen eher dafür sorgen sollten, solche Sicherheitslücken zu schließen, statt diese für eigene Zwecke zu nutzen. Die Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net verurteilte die Pläne bereits im Vorfeld als schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der französischen Bürger:innen. Dadurch drohen Verletzungen von Grundrechten und -freiheiten, wie den Rechten auf Sicherheit, Privatsphäre und Briefgeheimnis sowie dem Recht, sich frei bewegen zu können. Die Organisation warnt vor einem möglichen Missbrauch durch Polizeibehörden. Der französische Justizminister entgegnete diesen Bedenken, dass solche Maßnahmen nur etwa „Dutzende von Fällen pro Jahr“ betreffen würden.
George Orwell lässt grüßen?
Die beschriebenen möglichen Szenarien einer solchen Überwachung erinnern eher an Film und Fernsehen. Teilen können wird man die Befürchtungen eines „Überwachungsstaates“ wohl allemal, können Gesetze im Allgemeinen doch sehr weit ausgelegt werden. Welche Auswirkungen das Gesetz in der Praxis haben wird, wird sich erst in der Zukunft zeigen. Bleibt zu hoffen, dass die Aussage des französischen Justizministers
„Wir sind weit entfernt vom Totalitarismus von 1984„
stimmt, welche er in Anlehnung an den Roman von George Orwell über eine Gesellschaft unter totaler Überwachung geäußert hat.