Die Begriffe Fakenews und Deepfakes sind in aller Munde. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtliche Beurteilung von Deepfakes, insbesondere inwieweit diese datenschutzrechtlich relevant sind und beantwortet die Frage, ob Betroffene und die Gesellschaft über ausreichende Rechtsschutzmöglichkeiten gegen Deepfakes verfügen.
Der Inhalt im Überblick
Soziale Medien gewinnen an Bedeutung für die Meinungsbildung
Die Bedeutung der sozialen Medien nimmt immer mehr zu, wohingegen die althergebrachten Medien an Einfluss verlieren. Dies betrifft insbesondere das jüngere Publikum, deren Meinungsbildung Großteils über die sozialen Medien erfolgt. Influencer erhalten somit großen Einfluss auf die Meinungsbildung, da deren Follower sich gefühlt in einem gemeinsamen sozialen Umfeld befinden, dass sich gegenseitig mit Likes und Kommentierungen bestätigt. Da die sozialen Medien durch ein paar Unternehmen geprägt sind, entscheiden diese auf der Basis von Algorithmen oder Künstlicher Intelligenz (KI), welche Informationen dem User zur Verfügung gestellt werden.
Das Interesse hierfür wird ermittelt, indem frühere Interessen ausgewertet und damit Rückschlusse gezogen werden, was im konkreten Zeitpunkt interessieren könnte. Mit der Folge, dass die ursprüngliche Intention des Internets, dass sich jeder seine Informationen weltweit jederzeit frei suchen und sich umfassend informieren kann, damit pervertiert wird, weil nur noch vorselektierte Informationen zur Verfügung gestellt werden. Ohne es zu bemerken, lebt der User in seiner eigenen Filterblase, in der dem Einzelnen nur noch die Information gespiegelt wird, die dieser in der Vergangenheit gesucht hat (Echoblase). Die gezeigten Inhalte werden von den Betreibern der sozialen Netzwerke mit den eingesetzten Algorithmen kontrolliert. Von Neutralität und Meinungsvielfalt kann keine Rede sein.
Vorsicht Filterblase
Da der Mensch evolutionär darauf gepolt ist, sich vor Gefahren in Acht zu nehmen, saugt er Negativmeldungen im Internet auf wie ein Schwamm. Dies mag in der freien Natur das Überleben sichern, in demokratischen Systemen hingegen, verhindern reißerische negative Falschmeldungen eine konstruktive Meinungsbildung. Es gibt in Sekundenschnelle eine Menge von Likes in dem „gewähnten sozialen Umfeld“ des Nutzers und dieser sieht sich in seiner Meinung bestätigt. Eine Reflexion erfolgt nicht mehr, da wir Nachrichten aus unserem sozialen Netzwerk in besonderem Maße Glauben schenken und deren Richtigkeit damit nicht mehr hinterfragen. Der Mensch bewegt sich nur ungern aus seiner Komfortzone, um sich freiwillig mit anderen Meinungen zu befassen. Und so kommt es zur Erosion der Meinungsvielfalt.
Fakenews oder Deepfakes?
Beide Begriffe ähneln einander in der Intention und Auswirkung, oft geht es um die Diskreditierung einer Person, einer Organisation oder Institution und um die Beeinflussung der öffentlichen Meinungsbildung. Sowohl Fakenews als auch Deepfakes suggerieren auf eine manipulative Art und Weise eine demokratische Meinungsbildung, aber am Ende wird genau diese verhindert.
Was versteht man unter Fakenews?
Fakenews gibt es in unterschiedlichster Weise im Internet:
- „spaßhafte“ Meldungen:
Die Grenze zur Beleidigung, etc. ist hier schwer zu ziehen, denn für den einen ist es noch ein Spaß, für den anderen aber schon eine Beleidigung oder anderes, z.B. Society Gerüchte. - politisch motivierte Falschmeldungen:
Diese machen Stimmung für oder gegen ein politisches Ziel. - betrügerische Meldungen:
Diese sind derart gestaltet, dass die Leser verleitet werden, auf Links zu klicken oder personenbezogene Daten offenzulegen. Hierbei handelt es sich de facto um einen Phishing-Versuch.
Die Abgrenzung zu Phishing Mails, Scams, Spam oder Hasspostings ist schwierig. Letztendlich handelt es sich um bewusst falsch dargestellte Nachrichten, die in den Medien und insbesondere in den sozialen Netzwerken in manipulativer Art und Weise absichtlich mit falschem Inhalt verbreitet werden, um Desinformation zu erzeugen, d.h. das Vertrauen in Personen oder Organisationen zu erschüttern.
Was sind Deepfakes?
Dabei handelt es sich um unterschiedlichste Medieninhalte (Video, Audio, Foto), die mit Hilfe künstlicher Intelligenz autonom so manipuliert werden, dass diese realistisch wirken. Letztendlich handelt es sich in gewisser Weise auch um Fakenews mit Hilfe von Deep Learning. Ziel ist es Personen zu diskreditieren, etwa im Wege der Deepfake-Pornographie oder deren Identität in betrügerischer Absicht vorzutäuschen, in dem die Stimme eines Chefs bei einem Telefonanruf nachgeahmt wird, um einen Beschäftigten zu einer Banküberweisung zu veranlassen.
Natürlich ist in beiden Fällen auch eine künstlerische Nutzung möglich. Jedoch wird beim künstlerischen Einsatz etwa im Kabarett immer die Wahrheit aufgelöst. Dem Konsumenten wird es in irgendeinerweise klar, dass es sich dabei nicht um Realität handelt, sondern nur um eine Pointierung gewisser Sichtweisen oder Äußerungen. Ein großes Einsatzspektrum für den künstlerischen Einsatz von Deepfakes oder Fakenews dürfte es nicht geben.
Wie sind Deepfakes rechtlich einzuordnen?
Die Rechtsschutzmöglichkeiten betroffener Personen, die Opfer eines Gesichtstausches sind, d.h. in ein bestehendes Medienmaterial wurde ein Deepfake eingefügt:
- etwa indem irgendeiner Person eine falsche Äußerung in den Mund gelegt wurde, die diese gar nicht getätigt hatte und das Material als Aufnahme verbreitet wird oder
- wenn etwa mit einem Gesicht eine vollständige fiktive und synthetische Filrmaufnahme erstellt wurde
sollen im Folgenden beschrieben werden.
Rechtliches Vorgehen nach dem Kunsturhebergesetz (KUG)
Nach § 22 KUG kann jede betroffene Person darüber frei entscheiden, wie und wo ihr Bildnis zur Schau gestellt wird. Die Verbreitung und Veröffentlichung von Bildnissen steht immer unter einem Einwilligungsvorbehalt der betroffenen Person. Ein Bildnis einer Person liegt immer dann vor, wenn aus der Ablichtung für Dritte aufgrund der äußeren Erscheinung die Person in erkennbarer Weise abgelichtet ist. Dabei wird auf die subjektive Erkennbarkeit abgestellt, d.h. es ist entscheidend, wer für den Dritten erkennbar ist und nicht wer in der Tat abgelichtet ist. Eine Rechtfertigung für die zur Schaustellung oder Veröffentlichung kann sich nur aus einer Einwilligung ergeben
„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.“
Diese Einwilligung müsste sich bei Deepfakes nicht nur auf das Originalbildnis beziehen, sondern auch auf die geänderte Ablichtung des Deepfake. Die Möglichkeit, dass eine solche Einwilligung vorliegt, ist bei Deepfakes kaum vorstellbar, so dass eine rechtmäßige Verbreitung und Veröffentlichung von Deepfakes i.d.R. ausscheidet. Auch § 23 KUG dürfte nicht greifen, soweit es sich nicht um
- ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte,
- ein Bild, auf dem Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit abgebildet sind,
- ein Bild von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben oder
- ein Bild, das nicht auf Bestellung angefertigt wurde, sondern dessen Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient
handelt, wobei auch in diesen Fällen das berechtigte Interesse des Abgebildeten oder dessen Angehörigen Berücksichtigung finden muss. Bei Deepfakes dürfte die Schrankenregelung aus § 23 Abs. 1 KUG unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der abgebildeten Person oder deren Angehörigen nach § 23 Abs. 2 KUG nicht greifen.
Zu beachten ist, dass Tonaufnahmen nicht unter das KUG fallen, auch wenn sich die Erkennbarkeit einer Person durchaus auch an ihrer Sprache, dem Habitus in der ganzheitlichen Betrachtung festmacht.
Ob im Zuge des Anwendungsvorrangs aus Art. 85 DSGVO das KUG noch Anwendung findet, ist umstritten. Hierauf soll jedoch nicht näher eingegangen werden, immerhin wird in der Literatur gem. Art. 85 Abs. 1 DSGVO immer noch die Anwendbarkeit des KUG angenommen.
Der Schutz durch § 22 KUG erfolgt jedoch nur, wenn es sich um ein öffentliches zur Schau stellen handelt, d.h. ein posten auf öffentlichen Plattformen, sobald dies in geschlossenen Gruppen erfolgt, ist dies nicht mehr der Fall, ebenso wenig bei privaten Deepfakes, so dass der Schutz des § 22 KUG nicht greift.
Schutz durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR)
Die abgelichtete Person kann zudem ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht geltend machen, welches in Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG manifestiert ist und jedem im Rahmen der Selbstbestimmung das Recht gibt, selbst zu entscheiden, ob und wie man nach außen auftrtitt. Aus diesem Recht am eigenen Bild leitet sich das Recht ab, darüber zu entscheiden, ob das eigene Erscheinungsbild datenmäßig erfasst wird, d.h. eine Ablichtung erfolgt, insofern ist es auch ein Ausfluss des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung. So dass es der abgelichteten Person als Rechtsträger auch einen Unterlassungs-, Beseitigungs- sowie einen Schadensersatzanspruch nach §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB i.V. m. §§ 22, 37 KUG eröffnet.
Wettbewerbsrechtlicher Schutz
Soweit es sich um Deepfakes im geschäftlichen Verkehr handelt, die dazu geeignet sind Kunden zu täuschen und zu Kaufentscheidungen zu bewegen, können sich Mitbewerber ferner gegen diese unlautere Maßnahme nach dem UWG zu Wehr setzen.
Schutz nach der DSGVO
Das abgelichtete Bildnis einer Person stellt ein personenbezogenes Datum dar, soweit die Person noch lebt und zwar unabhängig davon, ob die Daten gefälscht sind oder nicht. Sinn und Zweck der Deepfakes ist es ja, dass diese Abbildungen einer Person zugeordnet werden, die diskreditiert werden soll, damit ist das entscheidende Merkmal aus Art. 4 Nr. 1 DSGVO gegeben, nämlich, dass die Person identifiziert oder identifizierbar ist. Eine informierte, freiwillige auf den konkreten Zweck bezogene Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO i.V.m. Art. 7 DSGVO dürfte bei Deepfakes nicht gegeben sein. Somit besteht gegenüber dem Verantwortlichen nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO sowohl ein materieller als auch immaterieller Schadensersatz seitens des Abgebildeten zu. Aufgrund der möglichen Höhe eines derartigen Schadensersatzanspruchs, dürfte die DSGVO, wenn man den Verantwortlichen herausfindet, derzeit die wirksamste rechtliche Waffe und der beste Schutz vor Deepfakes sein.
Sehr dünner Schutz gegen Deepfakes
Diese vorgenannten rechtlichen Schutzmaßnahmen reichen jedoch bei weitem nicht. Es muss entschieden gegen die Verantwortlichen von Deepfakes vorgegangen werden, weil es sich dabei nicht nur um ein scherzhaftes Kavaliersdelikt handelt und auch nicht nur Einzelpersonen betroffen sind. Vielmehr wird die Allgemeinheit in wesentlichen demokratischen Belangen tangiert. Die Alogrithmen der Plattformen sowie durch maschinell automatisierte Falschmeldungen, wird die für die Demokratie so notwendige Meinungsbildung und kontroverse Diskussion unterminiert. Erste Schritte sind durch das Netzdurchsuchungsgesetz gemacht. Und auf europäischer Ebene hat die Kommission mit einem Verordnungsentwurf zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz (KI-VO) angezeigt, wie sie mit Deepfakes umzugehen gedenkt.