Mozilla plant angeblich, den Anonymisierungsdienst Tor in den Firefox-Browser einzubinden. Anonymes Surfen im Internet könnte dadurch zum Standard werden.
Der Inhalt im Überblick
Sicherheit ist unbequem
Der Einsatz effektiver Datenschutzmaßnahmen scheitert meist nicht daran, dass es keine Schutzinstrumente gebe sondern vielmehr daran, dass die Einrichtung zu unbequem und/oder man selbst zu bequem ist.
Bestes Beispiel ist die Verschlüsselung von E-Mails. Die technischen Hilfsmittel für eine Mailverschlüsselung (z.B. PGP) stehen seit Langem bereit. Trotzdem hat sich noch kein Standard etablieren können, weil es an einer „idiotensicheren“ Lösung für jedermann fehlt.
Tor ermöglicht anonymes Surfen
Entsprechendes gilt für das Surfen im Internet: Zwar interessieren sich seit den Enthüllungen von Edward Snowden immer mehr Nutzer für den Anonymisierungsdienst „Tor“, der durch diverse Umleitungen der Internet-Kommunikation die IP-Adresse des Nutzers verschleiert. Dennoch ist der Anteil der Nutzer, die Tor einsetzen, aus den genannten Gründen nach wie vor sehr gering.
Privates Surfen im Firefox mit Tor
Das könnte sich bald ändern, wenn sich die Gerüchte bewahrheiten sollten, dass der per Knopfdruck aktivierbare „private Modus“ im Firefox-Browser bald eine Nutzung des Tor-Dienstes beinhalten würde.
Auch hier gilt: Eigentlich gibt es den Tor-Browser bereits, aber eben nur als Nischenprodukt. Eine Implementierung Tors in den aktuellen Marktführer unter den Browsern könnte der entscheidende Schritt zum Standard sein. Zeit Online nennt dazu interessante Zahlen:
Knapp zweieinhalb Millionen Menschen weltweit nutzen die Open-Source-Software Tor, um sich anonym im Internet zu bewegen. Geht es nach Andrew Lewman (Executive Director des Tor-Projekts, die Red.), könnten es in Zukunft 500 Millionen sein. […] Der Browser, um den es geht, habe […] grob geschätzt 2,8 Milliarden Internetnutzer […]. Bekäme er einen Tor-Modus, der sich einfach per Button aktivieren lässt, wäre eines der mächtigsten Programme zum Schutz der Privatsphäre plötzlich ein Mainstream-Produkt.
Fazit: Mit den richtigen Ansätzen kann effektiver Datenschutz auch ohne großen Aufwand funktionieren.
Dazu müsste aber für meinen Geschmack noch massiv an TORs Infrastruktur gearbeitet werden. Unbequem ist die Installation des TOR-Browsers ja nicht, das Surfen ist schlicht laaangsam.
Wann haben Sie das letzte Mail Tor genutzt? (Es heißt Tor, nicht TOR!)
Tor ist heutzutage recht flott nutzbar, sofern Sie damit surfen und kein Filesharing machen (Filesharing ist ohnehin nicht sicher über Tor). Wenn Sie noch mehr Speed wollen, braucht Tor noch mehr leistungsstarke Relays. Spenden Sie an torservers.net, die kümmern sich darum. Jeder Euro hilft.
Sie müssen sich auch fragen, wo Ihre Prioritäten liegen. Sie können 1 € im Monat für einen datenschutzfreundlichen E-Mail-Dienst bezahlen, oder für 0 € Google Mail mit allen negativen Konsequenzen für Ihre Privatsphäre nutzen. Genauso können Sie für ein paar Sekunden längere Ladezeit mehr Sicherheit mit Tor erreichen, oder mit High-End-Speed über ungesicherte Datenleitungen surfen.
Sie haben die Wahl – noch immerhin.
Bevor jetzt die Sicherheitsextremisten und Überwachungsfanatiker aus ihren Löchern kriechen:
1. Tor macht legitime Strafverfolgung nicht unmöglich. Jedoch wird die illegitime, anlasslose und permanente Massenüberwachung von 99 % unbescholtener Menschen sehr viel aufwändiger. Das FBI konnte trotz Tor (echte) Kriminelle aufspüren. Tor ist kein nachhaltiger und dauerhafter Schutz für Kriminelle.
2. Tor gehört zu den besten derzeit verfügbaren Mitteln für unbescholtene Menschen, die eigene Privatsphäre zu schützen und die persönliche Sicherheit zu gewährleisten.
3. Staatliche Behörden nutzen Tor selbst, um Operationen und Ermittlungen verdeckt durchzuführen. Das ist ein wichtiger Anhaltspunkt anzunehmen, dass Tor ein hinreichend hohes Sicherheitsniveau bietet.
4. Wer Tor nicht nutzen will, weil es nicht 100 % sicher ist, der soll sich daran erinnern: im Leben ist nur eins 100 % sicher – der Tod. Tor ist ein wirksames Mittel zu Risiko- und Schadenreduktion.
5. Wer Tor unterstützen will, kann Geld spenden. Das ist wichtig, um Tor unabhängiger von regierungsnahen Geldquellen zu machen.
Spenden in Deutschland
– an das Tor Project über die Wau Holland Stiftung (steuerabzugsfähig!) (wauland.de) oder
– an torservers.net, eine internationale Organisation von nicht-kommerziellen Tor-Relay/Node-Betreibern (torservers.net)
Mal abgesehen von der langsamen Verbindung über Tor, muss für einigermaßen anonymes Surfen auch Java/Flash abgestellt werden, sonst ist man über Canvas Fingerprintig und Flash Cookies wieder recht schnell zu identifizieren.
Schaut mal über TOR ein Youtube-Video ohne Java/Flash. Wenn überhaupt möglich, dann kommt direkt Nostalgie auf, weil man sich an die alten 56k-Modems erinnert. Fehlt nur noch die Melodie.
Wann haben Sie das letzte Mal Tor genutzt? Tor ist nicht mehr so langsam wie noch vor ein paar Jahren. Natürlich ist es immer noch nicht so schnell wie aktuelle High-Speed-Internetanschlüsse. Aber was wollen Sie? Sicherheit gibt es nicht umsonst! Wenn Sie Komfort wollen, dann bleiben Sie in Ihrer heilen bunten Welt mit rosaroten Fassaden. Raucher sterben früher. Just in case you missed it.
Im Übrigen empfehle ich Ihnen, das technische Design-Dokument von Tor durchzulesen. Sie finden es auf der Projektseite mittels der Suchmaschine Ihrer Wahl. Dort ist genau erklärt, wie das Threat Model von Tor aussieht und welche Counter Measures im Einsatz sind. Java und Flash z.B. sind im TorBrowser nicht enthalten.
Dass Sie TOR schreiben, zeigt darüber hinaus, dass Sie keine Ahnung haben, wovon Sie reden.