Der französische Internet-Provider Free.fr hat Online-Werbung über den Router abgefangen. Ein reklamefreies Internet klingt zunächst nach paradiesischen Zuständen.
Doch die Blockade wurde nach heftiger Kritik – zu Recht – wieder eingestellt.
Der Inhalt im Überblick
Die renitenten Gallier
Wir befinden uns im Jahre 2013 n.Chr. In ganz Gallien sind die Rechner von Google besetzt… In ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten…
Es ist zu verlockend, die berühmte Einleitung der „Asterix & Obelix“ Comic-Bände zu übernehmen, obschon der Vergleich etwas hinkt. Widerstand leistet nicht ein renitentes Dorf, sondern der zweitgrößte französische Netz-Provider mit rund 5,5 Millionen Kunden. Free.fr veröffentlichte unlängst ein Firmwareupdate für den Router Freebox, das einen AdBlocker enthielt. Jedes Gerät, das sich über den Router mit dem Netz verbindet, ermöglichte reklamefreies Surfen im Internet. Die Werbung von bekannten Anbietern wie Google AdSense wurde einfach blockiert, ohne dass Einstellungen im Browser geändert werden mussten.
Kritik von unerwarteter Seite
Zu den Kritikern gehörten aber nicht nur die betroffenen Werbeplattformen. Vor allem die Internet-Gemeinde sparte nicht mit Kritik.
Für Aufregung sorgte das Fehlen einer Whitelist. In einer Whitelist können Ausnahmen eingetragen werden, für den Fall, dass ein Nutzer an bestimmter Werbung interessiert ist. Einige Websites können überhaupt nicht aufgerufen werden, wenn die Werbung abgeblockt wird.
Außerdem wurde beanstandet, dass es sich bei der AdBlock-Funktion um eine Standard-Einstellung handelt. Die Nutzer seien nicht ausreichend darauf hingewiesen worden, wie die Funktion abzustellen ist.
Unbestätigten Berichten zufolge habe der Router nicht störungfrei gearbeitet und auch nicht sämtliche Werbung gefiltert. Ausgerechnet Werbung auf der Webseite der Tageszeitung „Le Monde“ sei nicht blockiert worden. Free.fr-Gründer Xavier Niel ist einer der Inhaber der Tageszeitung.
Nachdem sich die französische Regierung eingeschaltet hatte, hat Free.fr den Werbeblocker Anfang der Woche deaktiviert.
Maut auf der Datenautobahn
Warum Frnch.fr die Online-Werbung so rigoros einschränken wollte, ist nicht bekannt. Von allen Seiten – auch der „Neuen Zürcher Zeitung“ – wird aber vermutet, dass es um die Frage geht, ob Netz-Provider und Telekommunikationsunternehmen an den Gewinnen der Online-Werbung teilhaben sollen. Schließlich müssen sie enorme Summen in den Ausbau der Netze investieren, wovon Google Adsense und andere Anbieter profitieren, die immer größere Datenmengen durch das Netz schicken.
Auf der Welt-Telekommunikations-Konferenz WCIT, die im vergangenen Dezember in Dubai stattfand, wurden Strategien diskutiert, wie man die Gewinne der Anbieter von Inhalten abschöpfen kann. Viele Telekommunikationsunternehmen sähen es gerne, wenn sie Inhalte, deren Versender eine Gebühr entrichtet haben, schneller über die Datenautobahn schicken könnten als andere Inhalte. Wenn ein Nutzer auf Youtube ein Video abruft, müsste Google demnach zwar dafür bezahlen. Unabhängig von der Datenmenge würde das Video dann aber schneller beim Nutzer ankommen als eine E-Mail, die ihm ein Freund über ein kostenloses Portal geschickt hat.
Unheilvolle Allianzen gegen die Netzneutralität
Um das Internet in zwei Klassen unterteilen zu können, müssten Zugangsprovider die Inhalte der versendeten Informationspakete analysieren, was technisch mittels „Deep Packet Inspection“ möglich ist. Und wenn man schon einmal beim Analysieren ist, könnte man gewisse Inhalte auch gleich aussortieren, was Staaten wie Russland, China, Saudi-Arabien und dem Iran wiederum sehr gelegen käme.
Glücklicherweise ist die unheilvolle Allianz von Telekommunikationsunternehmen und den genannten Staaten auf der WCIT gescheitert, wie unter anderem die „TAZ“ berichtet hat. Die Mehrheit der Konferenzteilnehmer und Staaten hält an der sog. Netzneutralität fest. Derzeit gilt, dass Netze neutral sind, also alle Daten gleich behandelt werden – egal ob es sich um eine kurze E-Mail handelt oder um einen langen Film auf der zu Google gehörenden Videoplattform Youtube.
Ein Router, der Werbung blockiert, ist zwar ein vergleichsweise harmloser Eingriff in die Netzneutralität, aber auf diese Weise werden Begehrlichkeiten geweckt. Die Hauptkritik der Internetgemeinde, wie etwa der Aktivisten von „Public Knowledge“ lautet daher auch,
wehret den Anfängen …
Bei der Auflistung der Staaten fehlt Deutschland. Deutschland ist auf der Liste der Staaten, die Löschanträge stellen (also Zensur betreiben) auf Platz 2 weltweit. Wer im Glashaus sitzt…