Die Entwicklung eines Arbeitnehmerdatenschutzgesetzes hat diesen Monat überraschend an Dynamik gewonnen: Die schwarz-gelbe Koalition konnte sich auf einen entsprechenden Entwurf einigen. Der zuständige Experte der Unions-Fraktion Michael Fierser (CSU) verlautbarte gegenüber der Financial Times Deutschland (FTD) „Wir sind im Prinzip durch“.
Der Inhalt im Überblick
Langwieriger Prozess vorausgegangen
Das Vorhaben, einen umfassenden und konkreten rechtlichen Rahmen für den Arbeitnehmerdatenschutz zu schaffen, wird in Deutschland rund 30 Millionen Menschen betreffen und ist damit inhaltlich von enormer Relevanz und Sprengkraft. Seit 2009, als erstmals der Entwurf eines Gesetzes für den Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis vorgelegt worden ist, sind die Entwicklungen auf diesem Gebiet zäh und wurden stets von heftigen Diskussionen begleitet – wir berichteten ausführlich.
Heimliche Videoüberwachung verboten
Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz bestätigte gegenüber der FTD die Meldung und gewährte Einblicke in einige der errungenen Kompromisse. So ist von Seiten der Koalition vorgesehen, dass die heimliche Videoüberwachung von Mitarbeitern ausnahmslos verboten sein soll.
Eine Neuerung gegenüber der Regelung im ursprünglichen Entwurf ist, dass gesetzlich geregelt werden soll, dass Mitarbeiterrechte durch Betriebsvereinbarungen oder Einwilligungen eingeschränkt werden dürfen – auch wenn Arbeitnehmern dadurch Nachteile entstehen. Die Praktikabilität dieser Lösung erscheint indes fraglich, da Einwilligungen zum einen grundsätzlich widerruflich sind und zum anderen in Arbeitsverhältnisses nicht immer freiwillig und damit wirksam erteilt werden. Eine heimliche Videoüberwachung soll über diesen Weg aber keinesfalls eingeführt werden dürfen.
Screenings in Verdachtsfällen erlaubt
Darüber hinaus sollen automatische Abgleiche von Mitarbeiterdaten, sog. Screenings, vorgenommen werden dürfen. Dies jedoch nur in konkreten Verdachtsfällen und nur auf Grundlage anonymisierter Daten. Ein Verdachtsfall soll beispielsweise dann vorliegen, wenn um einen etwaigen Betrug aufzudecken, die Kontodaten von Lieferanten mit denen von Mitarbeitern abgeglichen werden. Auch zur Korruptionsbekämpfung sollen Screenings zum Einsatz kommen können. Flächendeckende Screenings sollen hingegen verboten bleiben.
Konzernprivileg
Die Koalition kommt Arbeitgebern zudem darin entgegen, den Datenaustausch innerhalb internationaler Unternehmen erleichtern zu wollen, mithin ein „Konzernprivileg“ zu schaffen. Das dürfte Arbeitgeber erfreuen, da dies ihre Arbeitspraxis erheblich erleichtern würde.
Der geänderte Gesetzesentwurf wird jetzt noch im Bundestags-Innenausschuss beraten und sodann dem Parlament vorgelegt. Es ist nicht damit zu rechnen, dass der weitere Gesetzgebungsprozess ohne Widerstände verlaufen wird. Von gegnerischen politischen Parteien, Gewerkschaften und anderen Interessenverbänden wurden die Regelungstendenzen der vorgeschlagenen Lösungen schon in den vorausgegangenen Verhandlungen kritisiert. Sie befürchten eine zu arbeitgeberfreundliche Ausrichtung des Gesetzes, die eine zunehmende Absenkung des datenschutzrechtlichen Schutzniveaus für Arbeitnehmer befürchten lässt.
Weitere Informationen zum Thema Arbeitnehmerdatenschutz finden Sie auf www.arbeitnehmerdatenschutz.de.
Update 24.02.2012:
Nach Informationen von haufe.de ist die Einigung wohl doch noch nicht fix:
„Auf Nachfrage im Bundesinnenministerium konnte eine Einigung allerdings nicht bestätigt werden. Laut CDU/CSU-Pressestelle sind aber die Gespräche zu dem Gesetzentwurf innerhalb der Koalitionsfraktionen auf gutem Wege.“