Gestern wurde die diesjährige Internationale Automobilausstellung (IAA) in Frankfurt eröffnet, deren Fokus unter anderem auf der Digitalisierung der Autotechnik liegt. Die durch diese Digitalisierung entstehende Datenflut wird von Datenschützern kritisch betrachtet, weil eine erhebliche Missbrauchsgefahr gegeben ist. Auch Verkehrsminister Dobrindt schließt sich dieser Kritik an und fordert eine Verschlüsselungspflicht für Autodaten. Ein entsprechendes Programm hat er auf der IAA vorgestellt.
Der Inhalt im Überblick
Verschiedene Systeme in Planung
Bald sind die vorbei, die Zeiten, in denen die in einem Auto verbaute Technik lediglich der Fahrzeugsteuerung und -bedienung diente. Aktuell sind bei einigen Autoherstellern und Kartendiensten Systeme zur Verkehrslenkung und Warnung in Planung, bei denen das Auto in einem permanenten Datenaustausch mit Dritten steht.
Entwickelt werden dabei verschiedene Systeme. In Planung sind unter anderem Systeme, bei denen das Fahrzeug über eine SIM-Karte verfügt, die permanent seine aktuellen Standortdaten an ein vom Hersteller betriebenes System übermittelt. Zwar werden übermittelten Daten dabei pseudonymisiert, die Erstellung von Bewegungsprofilen ist mithilfe dieser Daten jedoch gleichwohl möglich. Ein Ziel dieser Datensammlung soll, so die Automobilhersteller, die Verbesserung der Fahrzeugtechnik sein.
Ebenfalls in der Entwicklung sind Systeme, bei denen das Auto besondere Vorkommnisse, z.B. das Auslösen des Airbags, an die übrigen im Umkreis des Unfallortes befindlichen Fahrzeuge übermittelt. Der dabei übermittelte Warnhinweis soll zum einen die Versorgung der Unfallopfer beschleunigen, zum anderen aber auch die anderen Verkehrsteilnehmer vor dem möglichen Verkehrshindernis warnen.
Kein Licht ohne Schatten
Auf den ersten Blick sind diese neuen Entwicklungen positiv zu bewerten, dienen sie doch der Optimierung der Fahrzeuge sowie – im Falle der Unfallerkennungssoftware – dem Schutz von Gesundheit, möglicherweise sogar des Lebens der Verkehrsteilnehmer. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass das so gewonnene Datenmaterial zu anderen Zwecken, z.B. zu Erstellung von Bewegungsprofilen oder zur Verhaltenskontrolle, missbraucht wird.
Verbraucher lehnen Datensammlung ab
Verbraucher sehen die Datensammelwut der Automobilhersteller allerdings kritisch, nach einer im Auftrag der Zeitschrift Wirtschaftswoche durchgeführten Studie lehnen 77 Prozent der Befragten die Sammlung von Autodaten ab. Grund dafür ist die Sorge vor einem möglichen Datenmissbrauch.
Verschlüsselungspflicht gefordert
Datenschutzexperten fordern daher bereits seit längerem eine Verschlüsselungspflicht für Autodaten. Dieser Forderung hat sich nun auch Verkehrsminister Dobrindt angeschlossen. Auf der IAA hat er daher sein Strategiepapier zum automatisierten und vernetzten Fahren vorgestellt.
Unterbunden oder eingeschränkt werden soll die Sammlung der Autodaten damit zwar nicht, allerdings sollen Automobilhersteller, Zulieferer und Dienstleister zu einer sicheren Verschlüsselung der Übertragungswege und Daten verpflichtet werden. Außerdem soll geprüft werden, ob es sinnvoll sein, die Systeme durch – im Moment noch nicht näher benannte – „externe Stellen“ abnehmen zu lassen.
Gesetzliche Regelung bleibt abzuwarten
Zunächst handelt es sich dabei nur um ein Strategiepapier. Ob, wann und in welchem Umfang auf Grundlage dieses Strategiepapiers gesetzliche Regelungen erlassen werden, bleibt abzuwarten. Für den Moment kann positiv vermerkt werden, dass auch das Bundesverkehrsministerium den Handlungsbedarf bei Schutz und Sicherheit von Autodaten erkannt hat.
Niemand sollte naiv annehmen, dass die Autoindustrie beim Thema Big Data das Wohl der Autofahrer im Fokus hat. Es geht schlicht um Geld. Verschlüsselung der Autodaten reicht nicht aus. Robuste Anonymisierung, die nicht zurückrechenbar ist, ist genauso wichtig. Big Data mit echter Anonymisierung ist unkritisch. In der Praxis wird das aber nicht angestrebt, weil es technisch schwer realisierbar ist und auch nicht den Profitinteressen der Wirtschaft entspricht. Nur personalisiertes Big Data verspricht neue sprudelnde Geldquellen in einer gesättigten Konsumgesellschaft. Die „Verbraucher“ sollten aufpassen, nicht zum Nutzvieh der Wirtschaft zu werden.