Videoüberwachung ist allgegenwärtig. Ob bei Großveranstaltung, an Bahnhöfen, in Schwimmbädern, Cafés oder auf dem Betriebsgelände – begründet wird die Videoüberwachung häufig mit dem Schutz vor Straftaten und der Sicherung von Beweisen. Die Diskussionen beschränken sich hierbei meist auf die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Videoüberwachung. Ebenso interessant und dabei häufig vernachlässigt ist die Frage, in welchem Rahmen die durch die Überwachung gewonnenen Daten anschließend genutzt werden dürfen.
Der Inhalt im Überblick
- Datenschutzkonforme Videoüberwachung nicht automatisch zulässige Verwendung
- Dürfen die Daten zur Strafverfolgung an die Polizei übermittelt werden?
- Dürfen die Videoaufnahmen auch für eine private Fahndung genutzt werden?
- Dürfen Aufnahmen an Dritte, z.B. an Kunden oder Vertragspartner, herausgeben werden?
- Videoüberwachung erfordert in jedem Stadium eine sorgfältige Prüfung
Datenschutzkonforme Videoüberwachung nicht automatisch zulässige Verwendung
Wer nun glaubt, aufgrund einer datenschutzkonformen Videoüberwachung (hierzu haben wir z.B. hier berichtet) die gewonnenen Daten auch beliebig nutzen zu können, der irrt. Jede weitere Verwendung der Videoaufnahmen ist in einem gesonderten Schritt zu prüfen. Für Videoaufnahmen im öffentlich zugänglichen Bereich regelt § 6 b Abs. 3 BDSG die weitere Verarbeitung und Nutzung der Daten. Hierzu heißt es:
„Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.“
Das bedeutet: Auch wenn die Videoüberwachung im Rahmen einer Vorabkontrolle für zulässig befunden wurde, müssen speziell Auswertungen und Datenübermittlungen an die Polizei oder an (private) Dritte in einem gesonderten Schritt geprüft werden.
Dürfen die Daten zur Strafverfolgung an die Polizei übermittelt werden?
Eine Datenübermittlung an die Staatsanwaltschaft oder Polizei erfolgt entweder bereits im Rahmen der Zweckbindung oder ist als ausdrücklich erlaubte Zweckänderung zulässig. Dennoch ist zu beachten, dass die verantwortliche Stelle im Zweifel den Beweis für eine rechtskonforme Datenverarbeitung führen muss. Daher sind konkrete Verdachtsmomente, die Anlass der Datenübermittlung sind, zu dokumentieren. Zudem sollten Videoaufnahmen generell nur nach dem Vier-Augen-Prinzip und unter Einbindung des Datenschutzbeauftragten gesichtet werden.
Dürfen die Videoaufnahmen auch für eine private Fahndung genutzt werden?
Ladendiebstählen werden in vielen Fällen erst im Nachhinein festgestellt. Der Täter ist zu diesem Zeitpunkt schon über alle Berge. Praktisch, wenn in diesen Fällen die Videoaufzeichnung eine scharfe Aufnahme des potentiellen Täters liefert. Da eine Verfolgung durch die Polizei langwierig sein kann, liegt es nahe, die Bilder zur privaten Fahndung zu nutzen. Aufnahmen der Täter werden dann mit der Bitte um Hinweise am schwarzen Brett ausgehängt oder sogar im Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Auch hierbei handelt es sich aus datenschutzrechtlicher Sicht um eine Übermittlung. Dieses Vorgehen schreitet jedoch erheblich in die Rechte der Betroffenen ein und ist unzulässig. Hierzu hat sich die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfale im aktuellen Tätigkeitsbericht deutlich geäußert:
„Jede Art von Öffentlichkeitsfahndung stellt einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Verdächtigen dar und darf daher ausschließlich von Polizei und Staatsanwaltschaft nach der Strafprozessordnung erfolgen.“
Dürfen Aufnahmen an Dritte, z.B. an Kunden oder Vertragspartner, herausgeben werden?
Häufig hat nicht nur die verantwortliche Stelle oder die Polizei ein Interesse an den Aufnahmen. Auch Kunden oder Geschäftspartnern fordern gelegentlich die Herausgabe von Bilddateien an, um eigene zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Das Interesse der Kunden oder Geschäftspartner an den Aufnahmen ist auf den ersten Blick nachvollziehbar, da die Aufnahmen in einem Zivilverfahren den entscheidenden Beweis liefern könnten. Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist hier jedoch Vorsicht geboten: Die in guter Absicht getätigte Übermittlung der Videoaufnahmen dürfte in der Regel einen Datenschutzverstoß darstellen, was im schlimmsten Fall ein Bußgeld für die verantwortliche Stelle mit sich bringt (§ 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG).
Videoüberwachung erfordert in jedem Stadium eine sorgfältige Prüfung
Wie einleitend festgestellt, ist Videoüberwachung zur Verhinderung von Straftaten und zur Beweissicherung allgegenwärtig. Auch der Fakt, dass ein Kamerasystem mittlerweile preislich erschwinglich ist, trägt sicherlich zur Ausweitung bei. Falsch wäre es jedoch, nun vorschnell auf eine rechtliche Akzeptanz zu schließen. Mit zunehmender Kamerazahl steigt auch die Häufigkeit der Beschwerden von Betroffenen bei den Aufsichtsbehörden. Die Landesbeauftragte in NRW hat hier im Jahr 2015 600 Beschwerden gezählt, im Jahr 2016 schon 660. Als Betreiber von Videoüberwachung sollte man sich daher bewusst machen, dass jede Verwendung der Bilder hinterfragt und datenschutzrechtlich geprüft werden muss.