In Auseinandersetzungen kommt es immer wieder vor, dass die eine Seite an Informationen gelangt, die der anderen Seite unangenehm sind. Besteht der Verdacht, dass diese Informationen über „dunkle Kanäle“ an die Gegenseite gelangt sind und dass in den eigenen Reihen undichte Stellen bestehen, so ergeben sich schnell Bestrebungen, den drohenden Informationsabfluss durch Beseitigung der undichten Stelle zu verhindern.
Zwingend notwendig ist hierfür jedoch die Kenntnis der undichten Stelle. Gerne wird daher immer wieder versucht, die Gegenseite zur Preisgabe des Informanten zu zwingen, häufig mit eher geringem Erfolg.
Erst kürzlich erließ das Verwaltungsgericht Bremen ein Urteil zum Informantenschutz der Aufsichtsbehörde bei Mitteilungen durch Beschäftigte. In diesem Verfahren hatte ein Arbeitgeber versucht, Einsicht in die Akten der Datenschutzbehörde zu erlangen, um den Mitarbeiter identifizieren zu können, welcher den Stein der Ermittlungen ins Rollen gebracht und die Aufsichtsbehörde über die Datenschutzverstöße in Kenntnis gesetzt hatte. Das Verwaltungsgericht Bremen und wies den Antrag des Arbeitgebers auf Akteneinsicht ab.
Ähnlich erfolgreich nun ein Auskunftsbegehren, über welches aktuell das Kammergerichts Berlin zu entscheiden hatte. Das Skurrile hieran war jedoch, dass Verschwiegenheitspflichten mit Hilfe des Datenschutzes umgangen werden sollten, eigentlich eher ein Paradoxon. In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Rechtsanwalt – Verteidiger in einem Strafverfahren – Briefe zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht, die ein Zeuge, der mit dem Angeklagten in einem Nachbarschaftsstreit lag, an seine Hausverwaltung geschrieben hatte.
„Irgendwie“ erlangte nun der Berliner Datenschutzbeauftragte hiervon Kenntnis. Trotz mehrfacher Aufforderung durch den Berliner Beauftragten für Datenschutz verweigerte der Rechtsanwalt unter Berufung auf seine anwaltliche Verschwiegenheitspflicht die Auskunft, wie er in den Besitz der Briefe gekommen war. Zu Recht, entschied das Kammergericht Berlin und führte hierzu an:
Eine solche Verschwiegenheitsverpflichtung des Rechtsanwalts, die sich auf alles bezieht, was ihm in Ausübung seines Berufes bekannt geworden ist, ergibt sich aus § 43a Abs. 2 Satz 1 und 2 BRAO. Sie gehört, wie die Gesetzesüberschrift zeigt, zu den anwaltlichen Grundpflichten, die nicht nur den individuellen Belangen des Rechtsanwalts und seines Mandanten dienen, sondern auch dem öffentlichen Interesse einer wirksamen und geordneten Rechtspflege Rechnung tragen (…
…) Denn nach § 38 Abs. 3 Satz 1 BDSG, auf den sich die Bußgeldbehörde beruft, haben die der Aufsicht unterliegenden Stellen dem Datenschutzbeauftragten zwar auf Verlangen die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Auskunftspflichtige jedoch die Beantwortung solcher Fragen Verweigern, mit der er sich der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzt. Das ist hier der Fall. Denn § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB stellt für den Rechtsanwalt die Verletzung von Privatgeheimnissen seines Mandanten unter Strafe.
Auch wenn die Entscheidung des Kammergerichts im Hinblick auf Anwälte gefallen ist, so dürfte sie dennoch Auswirkungen auf die sonstigen zur Verschwiegenheit verpflichteten Berufsgruppen haben.