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eScooter-Vermieter müssen vollständige Mieter-Daten erheben

eScooter-Vermieter müssen vollständige Mieter-Daten erheben

Vermieter von eScootern (Elektrokleinstfahrzeug) sind verpflichtet, vollständige Daten der Mieter zu erheben – sonst bleibt er auf den Kosten für Gesetzesverstöße der Mieter sitzen. So zuletzt entschieden vom Amtsgericht Stuttgart, AG Stuttgart, Beschluss vom 03.06.2023 – 20 OWi 1497/23.

eScooter regelwidrig geparkt – Auskunft über Mieter verlangt

Ein Mieter und Nutzer eines eScooters hatte den eScooter regelwidrig in einem Halteverbot auf der Fahrbahn geparkt. Die Stadt konnte die Halterin (=Vermieterin) des falsch geparkten eScooters über eine Halterabfrage ermitteln und übersandte einen Zeugenfragebogen mit Zahlungsangebot. Daraufhin teilte die Vermieterin die gespeicherten Namen, Telefonnummer und E-Mail-Adresse mit und, dass die Vermieterin keine weiteren Daten gespeichert hatte, um den Fahrer weiter ermitteln zu können.

Diese Angaben reichten der Stadt nicht und verlangte Auskunft von der Vermieterin. Da diese keine weiteren Angaben machen konnte, erließ die Stadt einen Kostenbescheid.

Gegen diesen Bescheid wehrte sich die Vermieterin und beantragte gerichtliche Entscheidung nach § 25a Abs. 3 StVG. Die Vermieterin sei nicht „zur Zahlung eines Bußgelds“ verpflichtet, da kein Parkverstoß vorliege. Die Normen §§ 12, 13 StVO seien nicht für ihr betroffenes Fahrzeug anwendbar, sodass kein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 25a StVG ausgelöst worden sei. Außerdem sei eine Abfrage der Telekommunikationsdaten durch die Bußgeldbehörde zur weiteren Ermittlung möglich gewesen, von der sie aber keinen Gebrauch gemacht habe.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Gericht hat entschieden, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zwar zulässig, aber unbegründet sei. Die formellen und materiellen Voraussetzungen des § 25a StVG seien erfüllt. Das Gericht stellte fest, dass es sich bei dem eScooter gemäß § 1 eKFV um ein Kraftfahrzeug i.S.v. § 25a StVG handelt. Es lag auch ein Halt- bzw. Parkverstoß im öffentlichen Straßenverkehr vor.

Die Behörde sei nicht dazu verpflichtet gewesen, den für den Parkverstoß verantwortlichen Führer des Elektrokleinstfahrzeugs selbst zu ermitteln, da dies nur mit einem unangemessenen Aufwand möglich gewesen wäre. Die Vermieterin hätte der Behörde die nach § 111 OWiG notwendigen Personalien

„bzw. zumindest eindeutige Angaben zur Identifizierung einschließlich einer Wohnanschrift oder vergleichbaren Angabe zum ständigen Aufenthalt oder vergleichbaren Erreichbarkeit des Mieters“

mitteilen müssen.

Ein Name, eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse des Mieters seien nicht ausreichend.

Ermittlung durch Behörde ist unverhältnismäßig

Bei Kleinverstößen sei eine Ermittlung des Führers des Kraftfahrzeugs über die Abfrage von Telekommunikationsdaten unverhältnismäßig:

„Die Ermittlungen der Verfolgungsbehörde sind danach bereits gem. § 46 Abs. 4a OWiG nur gezielt möglich über eine Bestandsdatenauskunft bei den jeweiligen Telekommunikations-Dienstanbietern gem. § 46 Abs. 1, 2 OWiG i.V.m. § 100j Abs. 1 Nr. 1 StPO. Diese erfordern namentlich bei internationalen Anbietern von E-Mailpostfächern weiterhin Anfragen im Wege der internationalen Rechtshilfe, sind jedoch auch sonst und bei Auskünften zu Telefonbestandsdaten unter gestaffelter Abfrage bei der Bundesnetzagentur und den dort benannten Telekommunikationsanbietern bei den vorliegenden Kleinverstößen als konkret unverhältnismäßig anzusehen.

Zudem erfordern sie einen erheblich individuellen Aufwand einschließlich der nachfolgenden Überprüfungen der so ermittelten Mieter des Elektrokleinstfahrzeugs und ggf. ihrer weiteren Angaben auch zu den ggf. abweichenden konkreten Nutzern und Führern des Elektrokleinstfahrzeugs, der gegenüber der konkret im Raum stehenden Sanktionierung des hier in Frage stehenden Bagatellverstoßes im ruhenden Verkehr jedenfalls unangemessen ist, wenn er überhaupt regelmäßig während des Laufs der kurzen Verjährungsfrist zu leisten ist.“

Kostentragung ist auch nicht unbillig

Als Vermieterin und Halterin habe sie die Kosten zu tragen und die Kostentragung sei auch nicht unbillig:

„Es ist auch nicht gem. § 25a Abs. 1 S. 3 StVG unbillig, die Betroffene als Halterin mit den Kosten zu belasten. Durch ihr Unternehmenskonzept der gewinnbringenden Vermietung von Elektrokleinstfahrzeugen unter – nach ihren Angaben – Verzicht auf die Identifizierung der Mieter und reduzierte Erhebung von Daten zu deren Identität setzt die Betroffene gewerbsmäßig das Risiko von nicht zuzuordnenden und sanktionierbaren Verkehrsverstößen im öffentlichen Straßenverkehr. Jedenfalls bei Vorhalten dieser weiteren Daten wären die Ermittlungen wesentlich und oft entscheidend erleichtert, es könnte wie sonst bei Mietkraftfahrzeugen eine Ermittlung direkt bei den Mietern erfolgen, auch wenn diese nicht immer zwingend zum Erfolg führen muss, wofür allerdings gängige Kraftfahrzeug-Mietunternehmen weitere Vorkehrungen jedenfalls im Hinblick auf den Kostenregress treffen, welche die Betroffene von vornherein durch ihr Geschäftsmodell nicht eintreten lassen will, um weder die Kosten nach § 25a StVG zu tragen noch diese an ihre Kunden weiterzugeben. Die Betroffene entzieht sich vorwerfbar nach dem Gedanken der omissio libera in causa ihrer Verpflichtung als Halterin und ggf. Zweckveranlasserin und Zustandsstörerin, im erforderlichen und zumutbaren Maß zur Aufklärung beizutragen. Von diesem ist sie auch nicht durch die generelle gesetzgeberische Zulassung und Regelung von Elektrokleinstfahrzeugen entbunden.“

Datenschutzrechtliche Einordnung

Der Grundsatz der Datenminimierung bzw. der Datensparsamkeit nach Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO bedeutet nicht, dass die personenbezogenen Daten, die für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung nach Art. 6 Abs. 1 lit. c) erforderlich sind, unvollständig sein dürfen:

„Zwar sind Unternehmen gem. Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO zum Grundsatz der Datenminimierung bzw. Datensparsamkeit verpflichtet, personenbezogene Daten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt zu erheben und weiter zu verarbeiten. Bei den personenbezogenen Daten zu einer zustellungsfähigen Anschrift und weiteren Identität des Nutzers handelt es sich jedoch um solche Daten, die gerade zur Geltendmachung von Schäden bei Vertragsverletzungen im eigenen berechtigten Interesse der Betroffenen liegen (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO) und diese zudem in die Lage versetzen, gerade sich von ihrer Haftung etwa nach § 25a StVG zu entlasten und ihre gesetzlichen Auskunftspflichten im Sinn von Art. 6 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 S. 1 lit. b) DSGVO zu erfüllen.“

Art. 6 Abs. 3 DSGVO ist eine echte Öffnungsklausel, die dem nationalen Gesetzgeber die Möglichkeit an die Hand gibt, eigenständige Regelungen zu treffen. Die Regelung im Art. 6 Abs. 3 DSGVO sagt daneben auch aus, dass der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 lit. c) nicht abschließend ist.

Hinzu kommt, dass der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 3 S. 1 sehr weit zu verstehen ist. Er umfasst alle Datenverarbeitungen, die für die Erfüllung einer Aufgabe erforderlich sind, die im öffentlichen Interesse liegen oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgen.

Darunter fällt auch die Auskunftspflicht und die Mitteilung von Fahrzeughaltern zu (vollständigen) personenbezogenen Daten der Mieter bzw. Fahrzeugführern, die wie hier nach § 25a StVG notwendig sind, um sich als Halter von der Kostentragungspflicht zu befreien.

Wer also nicht auf den Kosten sitzen bleiben will, sollte relevante Daten der Mieter erheben, damit diese ohne größeren Aufwand im Kostenfall identifiziert werden können.

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