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Informationelle Selbstbestimmung – was ist das eigentlich?

Informationelle Selbstbestimmung – was ist das eigentlich?

Wer sich mit Datenschutz beschäftigt, stolpert früher oder später über den Begriff der informationellen Selbstbestimmung. Aber was ist unter dem Begriff eigentlich zu verstehen und warum wird er auch gern als Schutzgut der DSGVO bezeichnet?

Wie ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung entstanden?

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist keine Modeerscheinung, die durch den Einsatz neuer Medien entstanden ist, sondern bereits im Jahr 1983. Damals hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im sog. „Volkszählungsurteil“ dieses Recht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art 1 Abs. 1 GG abgeleitet – geschützt ist das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen als Teil der freien Entfaltung der Persönlichkeit und Menschenwürde. Dennoch stand diese Entwicklung im Zusammenhang mit der voranschreitenden elektronischen Datenverarbeitung.

Was wird heute darunter gefasst?

Mittlerweile wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung auch als Datenschutzgrundrecht bezeichnet. Generell ist der Schutzbereich weit zu verstehen. Erfasst werden sowohl Erhebung, Speicherung, Verwendung als auch Weitergabe persönlicher Daten. Das BVerfG machte darüber hinaus auch deutlich, dass ein scheinbar belangloses Datum durch z. Bsp. Verarbeitungs- und Verknüpfungsmöglichkeiten der Informationstechnologien einen erheblichen Wert haben kann.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist nach Meinung des Europäischen Parlaments zudem in Art. 8 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert. Dieses garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, der Wohnung und der Korrespondenz einer jeden Person.

Welche Grenzen hat die informationelle Selbstbestimmung?

Grundsätzlich sind alle Grundrechte (mit Ausnahme der Menschenwürde) einschränkbar. Die Grenzen der informationellen Selbstbestimmung wurden durch das BVerfG wie folgt umrissen:

„Einschränkungen dieses Rechts auf ‚informationelle Selbstbestimmung‘ sind nur im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig. Sie bedürfen einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss. Bei seinen Regelungen hat der Gesetzgeber ferner den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch hat er organisatorische und verfahrensrechtliche Vorkehrungen zu treffen, welche der Gefahr einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts entgegenwirken.“

Einschränkungen des Grundrechts bedürften folglich einer gesetzlichen Grundlage. Diese Einschränkungen sind laut BVerfG nur statthaft, wenn sie im überwiegenden Allgemeininteressen erfolgen und dem Gebot der Normenklarheit entsprechen.

Der Gesetzgeber muss zudem zwischen dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen und dem öffentlichen Informationsinteresse der verarbeitenden Stellen nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit abwägen.

Im Datenschutz spielt hierbei zudem eine wichtige Rolle, welche Art von Daten verarbeitet werden. Es wird differenziert zwischen Maßnahmen, die ohne oder gegen den Willen des Betroffenen vorgenommen werden, und solchen, die freiwillig erfolgen. Für erstere muss die gesetzliche Ermächtigung auch „bereichsspezifisch, präzise und amtshilfefest“ sein.

Zudem muss man unterscheiden zwischen anonymisierten Daten, die keinen Rückschluss auf den Betroffenen zulassen (z.B. für statistische Erhebungen, die zu einem Ausschluss der Anwendbarkeit der DSGVO führen), und zwischen Daten, die personalisierbar sind. Bei anonymisierten Daten ist die Zweckbindung gelockert, für Daten, die personalisierbar sind, gilt eine strenge Zweckbindung. Der Gesetzgeber muss Vorkehrungen treffen, um Datenmissbrauch zu verhindern (Verfahrensvorschriften, Datenschutzbeauftragte, …).

Zukunftsaufgabe: informationelle Selbstbestimmung

Das Volkszählungsurteil ist der mit Abstand der wichtigste Beitrag der Rechtsprechung, um das Datenschutzrecht fortzuentwickeln, so der Bundesdatenschutzbeauftragte.

Als „Recht auf informationelle Selbstbestimmung“ bekommt der Schutz personenbezogener Daten die Qualität eines Grundrechts. Die DSGVO schafft in diesem Zusammenhang einen Rechtsrahmen, um einen Ausgleich zwischen den datenverarbeitenden Verantwortlichen und den individuellen Rechten jedes Einzelnen zu erzielen. Um dem Gebot der Datensparsamkeit und Transparenz nachzukommen, benötigt es innovativer Modelle, damit in einer zunehmend vernetzten Welt die Grundrechte weiterhin geschützt bleiben können. Denn auch wenn der Datenschutz für den ein oder anderen als „unbequem“ daherkommt, bleibt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eine demokratische Errungenschaft, die es sich lohnt zu verteidigen.

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  • Was meint denn die Autorin mit: „Bei anonymisierten Daten ist die Zweckbindung gelockert,…“?

    • Vielen Dank für Ihre Nachfrage. Die Formulierung ist bei zweiter Betrachtung mehrdeutig, was nicht beachsichtig war. Handelt es sich bei der Anonymisierung um die Datenverarbeitung an sich oder handelt es sich bei der Anonymisierung um eine Zweckänderung, ist selbstverständlich der Grundsatz der Zweckbindung und Art. 6 Abs. 4 DSGVO uneingeschränkt zu beachten. Werden bereits anonyme Daten verwendet, fallen diese aus dem Anwendungsbereich der DSGVO und folglich besteht auch keine Zweckbindung, da der Datenschutz nur personenbezogene Daten schütz. Mehr dazu gern in unserem Beitrag zu anonymen Daten.

  • Kann mich meine Schulleitung dann als nicht verbeamtete Lehrkraft an einer Privatschule dazu verpflichten meinen Unterricht über z.B. MS Teams live in Bild und Ton zu streamen?

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