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Schweigepflicht: Umfang, Berufsgruppen & Besonderheiten des § 203 StGB

Schweigepflicht: Umfang, Berufsgruppen & Besonderheiten des § 203 StGB

Einige besondere Berufsgruppen wie z.B. Berufsgeheimnisträger, Amtsinhaber oder sonstige bei diesen mitwirkenden Personen haben im Rahmen ihrer Tätigkeit beim Umgang mit Informationen und Daten die gesetzliche Schweigepflicht des § 203 StGB zu beachten. Dieser schützt vor der Offenbarung von Privatgeheimnissen. Die Norm geht weiter als das Datenschutzrecht und kann daher grundsätzlich auch bei datenschutzkonformen Verarbeitungen einschlägig sein. Deshalb schauen wir sie uns in diesem Beitrag genauer an.

Von der Schweigepflicht geschütztes Rechtsgut

Von der Schweigepflicht des § 203 StGB geschützt sind zunächst Informationen, die den persönlichen Lebens- und Geheimnisbereich einer Person betreffen. Es handelt sich dabei um einen Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Im Ergebnis soll der Einzelne selbst entscheiden, wann, wem und in welchem Maße er Geheimnisse offenbart.

Ein Privatgeheimnis gem. § 203 Abs.1 und 2 StGB liegt vor bei:

  • Tatsachen, die sich auf vergangene oder bestehende persönliche Lebensverhältnisse der betroffenen Person beziehen
  • Werturteilen und Meinungen, die die betroffene Person über andere hat
  • Identifikationsmerkmalen über die betroffene Person, die diese zu einem bestimmten Geschehen zuordenbar machen
  • Einem nach außen tretenden Geheimhaltungswille der betroffenen Person in Bezug auf die Tatsache (dieser Wille ist auch konkludent möglich)
  • Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungswillens. Dieser ergibt sich aus dem Standpunkt und der persönlichen Lage der betroffenen Person (unabhängig davon, ob die Tatsache rechtlich oder sittlich billigenswert ist)
  • Auch wenn einzelne Dritte die Tatsache schon kennen, kann diese noch geheim sein
  • Tatsachen über Dritte, die ein Mitglied der Berufsgruppe (s.u.) in direktem untrennbaren Zusammenhang mit der Ausübung der berufsgruppenspezifischen Tätigkeit erfährt

Kein Geheimnis sind offenkundige Tatsachen und Daten, die jedem Verständigen bekannt oder leicht feststellbar sind. Ein Geheimnis liegt vor, wenn dies dem Inhalt, Form und Umfang nach Dritten nicht bekannt ist.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind einem Geheimnis gem. § 203 Abs. 2 S. 2 StGB Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse anderer Personen gleichgestellt, die für die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfasst sind.

Zu beachten ist, dass nicht nur die Individualgeheimnisse einer natürlichen Person, sondern auch die von juristischen Personen und Personenverbänden von der Schweigepflicht geschützt sind. Somit fallen auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse unter den Anwendungsbereich des § 203 StGB.

Nur besondere Berufsgruppen sind mögliche Täter

Da es sich bei § 203 StGB um ein Sonderdelikt handelt, kommen als Täter nur besondere Berufsgruppen in Betracht.

  • Berufsständisch der Schweigepflicht unterliegende Personengruppen gem. § 203 Abs. 1 Nr. 1-7 StGB, wie z.B. Ärzte, Rechtsanwälte oder Angehörige eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle.
  • Personen mit speziellen Funktionen, die in der öffentlichen Verwaltung tätig sind gem. § 203 Abs. 2 Nr. 1-6 StGB, wie z.B. Amtsträger, für den öffentlichen Dienst besonders verpflichteten Personen oder Personen, die zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflichten bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben aufgrund Gesetz förmlich verpflichtet wurden.
  • Sonstige mitwirkende Personen nach § 203 Abs. 3 StGB. Also solche, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit der unter § 203 Abs. 1 und 2 Genannten erforderlich mitwirken und keine berufsmäßigen Gehilfen (z.B. Sekretärin) oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen (z.B. Referendare) sind.
  • Der Datenschutzbeauftragter der Personengruppen aus § 203 Abs. 1 und 2 StGB.

Berufsmäßige Gehilfen oder zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen

Bei den berufsmäßigen Gehilfen handelt es sich um befugte Mitwisser, sodass ihnen gegenüber kein Bruch der Schweigepflicht erfolgen kann und damit auch die Strafbarkeit entfällt. Dafür muss der berufsmäßige Gehilfe aber organisatorisch ein- und weisungsgebunden und mit der Teilhabe an dem Geheimnis berufsmäßig befasst sein. Nicht notwendig ist es hingegen, dass der berufsmäßige Gehilfe seine Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt. Vielmehr kann dies auch nur gelegentlich, innerhalb der Familie oder ehrenamtlich erfolgen. Zur Vorbereitung auf den Beruf tätige Personen müssen nicht unbedingt an der konkreten Berufsausübung der o.a. Berufsgruppen mitwirken.

Externe Personen, d.h. Dienstleister, scheiden daher als Gehilfen immer aus, so dass die Offenlegung eines Geheimnisses oder die Zugänglichmachung dazu eine Strafbarkeit nach § 203 StGB begründet. Aufgrund dieses Umstandes wurde nach langem Hinwirken der betroffenen Berufsgruppen der § 203 StGB im Jahr 2017 neugeregelt.

Sonstige mitwirkende Personen

Der dabei geschaffene § 203 Abs. 3 S. 2 2. HS StGB begründet die mögliche Legitimation im Rahmen einer arbeitsteiligen Organisation – wie dies heute üblich ist – Daten an sonstige mitwirkende Personen weiterzugeben, die die o.a. Berufsgruppen bei deren Aufgabenerfüllung gegenüber dem Geheimnisberechtigten erforderlich unterstützen. Mit andern Worten dürfen IT-Dienstleister, Serverbetreiber und andere in einer arbeitsteiligen Gesellschaft notwendigerweise zur Erfüllung der übernommenen Aufgaben eingesetzte Dienstleister, sofern sie mit Bedacht ausgewählt und zur Vertraulichkeit verpflichtet wurden, nunmehr von den oben angeführten Berufsgruppen beauftragt werden, ohne dass Letztere Gefahr laufen, sich wegen eines Bruchs der Schweigepflicht strafbar zu machen. § 203 Abs. 3 StGB stellt klar, dass diese mitwirkenden Personen, wenn diese in Ausübung ihrer beauftragten Tätigkeit oder bei Gelegenheit Kenntnis von dem Privatgeheimnis erlangen, keine Strafbarkeit bei demjenigen begründen, der diese für seine Berufs- oder Dienstausübung nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB einsetzt.

Diese sonstige mitwirkende Person, darf sogar selbst auch wieder weitere, mitwirkende Personen für die eigene Aufgabenerfüllung, die ursprünglich von einem Träger der Berufsgruppe nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB übernommen wurde, beauftragen, wenn dies zur übernommenen Aufgabenerfüllung erforderlich ist. Damit auch diese nachgelagerte Beauftragung straffrei bleibt, muss die erste mitwirkende Person ihrerseits, dafür Sorge tragen, dass die nachgelagerte mitwirkende Person von ihr zur Geheimhaltung verpflichtet wurde, es sei denn, die mitwirkende Person ist selber Mitglied einer Personengruppe nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB.

Alle anderen Personen (Dritte)

Alle anderen Personen, also auch Gehilfen, die nicht berufsmäßig für die o.a. Berufsgruppen tätig sind, sind Dritte. Dritter kann auch ein Mitglied einer der o.a. Berufsgruppe sein, wenn dieser nicht befugt ist und die Mitteilung an diesen auch nicht in Ausübung des Berufes des Geheimnisträgers (Täters) geboten war bzw. dies nicht mit Einverständnis des Geheimnisberechtigten erfolgt. In diesem Fall begründet die Offenlegung des Geheimnisses eine Strafbarkeit nach § 203 StGB.

Verstoß gegen Schweigepflicht durch unbefugte Offenbarung

Das Geheimnis oder die Einzelangabe muss der Berufsgruppe nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB berufs- und funktionsbezogen anvertraut oder sonst wie bekannt geworden sein. Entscheidend ist, dass dies kraft Berufsausübung erfolgt. In Abgrenzung zur Privatsphäre der oben angeführten Berufsgruppen kann man darauf abstellen, ob die Tätigkeit im Rahmen einer Honorarforderung beglichen wird.

Wie oben dargelegt, kann ein Offenbaren, d.h. ein irgendwie geartetes Mitteilen, nicht gegenüber berufsmäßigen Gehilfen bzw. den zur Vorbereitung auf den Beruf tätigen Personen erfolgen, da diese zu dem organisatorischen internen Bereich eines Mitgliedes der Berufsgruppen nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB gehören. Im Übrigen ist der Anvertrauende nicht zwingend der Geheimnisinhaber.

Ein Offenbaren gegenüber einer sonstigen mitwirkenden Person s.o., liegt dann vor, wenn deren Mitwirken nicht für die Berufs- oder Dienstausübung erforderlich ist bzw. die mitwirkende Person nicht zur Geheimhaltung verpflichtet wurde, gleichwohl aber bei der Erbringung der vereinbarten Dienstleistung mit dem Geheimnis in Berührung kommt bzw. hiervon Kenntnis erlangt. Dies gilt nicht, wenn die sonstige mitwirkende Person ebenfalls ein Mitglied der Berufsgruppe nach § 230 Abs. 1 und 2 StGB ist und mit dem Vorgang kraft Berufsausübung befasst ist. Entsprechendes gilt für die nachgelagerte Mitwirkung der Personen bzw. Dienstleister, die von der sonstigen mitwirkenden Person zur Erfüllung der eigens übernommenen Dienstleistung beauftragt wurden.

Der Offenbarende darf nicht befugt sein, das Geheimnis zu offenbaren, d.h. es darf keine Einwilligung der Person gegeben sein, die über das Geheimnis verfügen darf, das kann auch eine Dritte Person sein. Es dürfen zudem keine gesetzlichen Offenbarungspflichten bestehen oder ein rechtfertigender Notstand nach § 34 StGB vorliegen. Eine grobe Leitlinie für den Umgang mit den Erlaubnistatbeständen hatten wir anhand eines Beispiels im Beitrag Mord im Krankenhaus – Gilt die Schweigepflicht? erörtert.

Der Täter muss zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt haben, d.h. er muss sich dessen bewusst sein, dass es sich um ein Geheimnis oder eine Einzelangabe handelt, die ihm im Rahmen seiner Berufsausübung anvertraut wurde und dass der Anvertrauende die Geheimhaltung will und billigend in Kauf nehmen, dass er das Geheimnis offenbart.

Besonderheiten der Schweigepflicht in Bezug auf den Datenschutzbeauftragten

Der persönliche Anwendungsbereich der Schweigepflicht des § 203 StGB und die damit verbundene Strafbarkeit, grenzt sich in Bezug auf den Datenschutzbeauftragten wie folgt ein:

Soweit der Datenschutzbeauftragte bei Erfüllung seiner Aufgaben, für die er von Mitgliedern der Berufsgruppen nach § 203 Abs. 1 und 2 StGB beauftragt wurde oder bei Gelegenheit im Rahmen dieser Aufgabenerfüllung, Kenntnis von einem Geheimnis erlangt hat, z.B. in Folge von Zugriffs- oder Zutrittsrechten, macht er sich strafbar, wenn er dieses Geheimnis unbefugt Dritten offenbart.

Im Rahmen seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter bei den Mitgliedern der o.a. Berufsgruppen, erstreckt sich seine Kontrolle auch auf persönliche Geheimnisse, die dem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen würden. Soweit diesen Berufsgruppen ein Zeugnisverweigerungsrecht oder ein Beschlagnahmeverbot zusteht, gilt dies auch für Datenschutzbeauftragte, wenn diese nicht selbst unter die Berufsgruppen des § 203 Abs. 1 und 2 StGB fallen, weil sie selbst Rechtsanwälte sind.

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