Die Europäische Sicherheitsbehörde ENISA fordert eine Smart-Grid-Zertifizierung, um Nutzern intelligenter Stromnetze mehr Sicherheit und Datenschutz zu bieten.
Der Inhalt im Überblick
Smart-Grids – die Basics und derzeitiger Stand
Smart-Grids sind „intelligente“ Stromnetze, die sämtliche Nutzer und Anbieter auf dem Strommarkt miteinander verbinden. Dies soll dazu führen, dass Kraft- und Speicherwerke so gesteuert werden können, dass nur so viel Strom produziert wird, wie man benötigt. Bereits 2007 erwähnte das „Eckpunktepapier für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm“ die Idee eines intelligenten mit Informationstechnologie aufgerüsteten Stromnetzes in Deutschland. Tatsache ist jedoch, wie der Spiegel bereits im Herbst diesen Jahres berichtete, dass sich der Aufbau eines intelligenten Stromnetzes in Deutschland wegen eines „Bürokratie-Marathons“ verzögert.
Bis dato werden in deutschen Haushalten kaum intelligente Zähler – sog. Smart Meter – installiert. Diese sollen es ermöglichen, den Verbrauch eines Haushaltes im Minutentakt fernabzulesen und gleichzeitig übermittelt bekommen, wie viel Strom derzeit in den Netzen verfügbar ist. Ziel ist, dass Haushalte von den stetig schwankenden Strompreisen profitieren. Nutzer können aktiv den Stromverbrauch anpassen und so ihre monatlichen Kosten senken.
Problem: Sicherheit und Datenschutz
Warum deutsche Haushalte nur zurückhaltend auf Smart Meter umstellen, könnte an der Technologie selbst liegen, da klassische Stromzähler gegen solche mit Datenfernübertragung ausgetauscht werden müssen.
Bei dem Wort „Datenfernübertragung“ horchen die Meisten bereits auf und haben erhebliche Bedenken im Hinblick auf Datensicherheit und -schutz. Durch die gewonnen Messdaten einzelner Haushalte lässt sich z.B. anhand des Stromverbrauches der Kaffeemaschine erkennen, wann jemand morgens aufsteht. Theoretisch könnten also gezielt Nutzerprofile erstellt werden.
Report zur Smart-Grid-Zertifizierung
Die Europäische Sicherheitsbehörde ENISA veröffentlichte unlängst einen Report zur Smart-Grid-Zertifizierung, um diesen Bedenken entgegen zu treten und über kurz oder lang zur Harmonisierung innerhalb der Mitgliedstaaten beizutragen. Sie empfiehlt, dass Netzanbieter sowohl Sicherheit als auch Datenschutz für sämtliche Smart-Grid-Geräte gewährleisten, von der Inbetriebnahme bis zur Stilllegung. Dies soll mittels einer Smart-Grid-Zertifizierung umgesetzt werden und so das Vertrauen in die gesamte Smart-Grid Lieferkette stärken.
ENISA-Präsident Udo Heimbrecht dazu:
„Smart Grid und erneuerbare Energien sind sehr vielversprechend für die europäische Industrie. Die Sicherheitszertifizierung ist ein wichtiges Instrument, um das Vertrauen der Nutzer in die Energieversorgungskette zu erhöhen“.
Fazit
Die Bedenken von Nutzern oder gerade der bisherigen Nicht-Nutzer insbesondere in Bezug auf den Datenschutz sind verständlich. Die Praktikabilität von Smart-Metern liegt aber auf der Hand: einfache Ablesung des jährlichen Stromverbrauchs per Funk und Kostenersparnis durch Anpassungsverhalten beim Stromverbrauch. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob die Einführung eines Smart-Grid-Zertifikats das Vertrauen deutscher Haushalte in die Sicherheit und den Datenschutz tatsächlich stärkt.
@ Dr. Datenschutz
„Die Praktikabilität von Smart-Metern liegt aber auf der Hand: einfache Ablesung des jährlichen Stromverbrauchs per Funk und Kostenersparnis durch Anpassungsverhalten beim Stromverbrauch.“
Ja das ist natürlich ein Argument! Wenn der gewiefte Kriminelle mein Stromverbrauchsprofil bequem aus der Ferne ablesen kann und sogar eine schöne schlecht gesicherte Funkstrecke angeboten bekommt, dann ist das super praktisch.
Und das Anpassungsverhalten beim Stromverbrauch und die damit einhergehende Kostenersparnis lässt sich nun wahrlich nicht von der Hand weisen. Wir haben alle darauf gewartet, nachts um 3 Uhr die Waschmaschinen laufen zu lassen, weil da der Strom am günstigsten ist. Wenn jetzt Millionen Haushalte nachts um 3 Uhr die Waschmaschine laufen lassen, sinkt der ohnehin schon niedrige Strompreis ganz bestimmt nochmals erheblich. Angebot und Nachfrage ist sowas von Eighties!
Noch praktischer wird es, wenn unsere Haushaltsgeräte selbst und vollautomatisch entscheiden, wann sie sich einschalten. Wir können dann nur dann kochen, wenn der Strom besonders günstig ist – nachts um 3? Warmes Wasser dank Durchlauferhitzer gibt es dann auch nur noch zum Tagestief des Strompreises – nachts um 3?
Viel Spaß in der schönen neuen preis- und verhaltensoptimiertes Stromsparwelt der Smart-Meters!
Sehr informativ!