Mit Entscheidung vom 24. Mai 2013 (Az. V ZR 220/12) hat der BGH über die Stilllegung einer Videoüberwachungsanlage im Hauseingang einer Wohnanlage verfügt. Ein Wohnungseigentümer hatte gegen den Beschluss der Eigentümergemeinschaft zum Weiterbetrieb der Überwachungsmaßnahme geklagt.
Der Inhalt im Überblick
Was war passiert?
Nach einem „Farbbeutelanschlag“ hatte sich eine Wohnungseigentümergemeinschaft 2008 dazu entschlossen, den Eingangsbereich ihres Wohnhauses per Video zu überwachen. Im 2010 konnte damit tatsächlich ein Fahrraddiebstahl aufgeklärt werden, bei einem weiteren Fahrraddiebstahl wurden Aufzeichnungen der Kamera an die Polizei weitergereicht. Als 2010 ein Abbau der Anlage diskutiert wurde, entschied sich die WEG-Gemeinschaft für einen Weiterbetrieb, auch um
einen Überblick wegen Prostitution und bordellartigem Betrieb zu haben.
BGH: Videoüberwachung zu ausufernd
Der BGH verfügte nun über die Stilllegung der Anlage, indem er gemäß § 21 Abs. 8 WEG den dafür erforderlichen Beschluss der WEG-Gemeinschaft durch Urteil ersetzte. Dabei orientierte sich der BGH an den gesetzlichen Vorgaben von § 6b BDSG und führte eine entsprechende Interessenabwägung durch. In dem zu entscheidenden Fall seien Zweck und Umfang der Überwachungsmaßnahme nicht mehr bestimmt genug gewesen:
Auch wenn die Gemeinschaft einen Zweck verfolgt, der eine Videoüberwachung an sich rechtfertigt, berechtigt sie dieser Zweck nicht dazu, die Videoüberwachung in beliebigem Umfang und zu beliebigen Bedingungen durchzuführen. Vielmehr muss auch dann der Umfang auf das Notwendige beschränkt werden. So kann eine Überwachung des Eingangsbereichs zur Vermeidung von Straftaten zulässig sein, eine Überwachung des gesamten Treppenhauses einschließlich der Wohnungstüren aber nicht […]. Entsprechende Beschränkungen gelten für den Umfang der Aufzeichnungen, die Dauer ihrer Aufbewahrung und den Zugriff hierauf.
Videokameras im Hausflur in engen Grenzen zulässig
Interessant für weitere Fälle sind vor allem die Ausführungen des BGH, unter welchen Voraussetzungen der Einsatz von Kameras zulässig sein kann. Danach müssen insbesondere folgende Punkte beachtet werden:
- Konkrete Zweckbindung: Überwachungszweck ist konkret zu definieren
- Räumliche Beschränkung: Überwachung des Eingangsbereichs zulässig, gesamte Treppenhäuser und Eingangstüren dürfen nicht erfasst werden; Ausblenden der Aussenbereiche
- Zeitliche Beschränkung: Regelmäßige Überprüfung in WEG-Versammlungen, ob Überwachungszweck noch besteht; sonst Abbau der Anlage
- Zugriffskontrolle: Zugriff auf Aufzeichnungen am besten nur auf Anfrage der WEG-Gemeinschaft durch Polizei und StA; Zugriff durch einzelne Wohnungseigentümer „auf eigene Faust“ muss ausgeschlossen sein
- Bekanntmachung: Hinweisschilder in öffentlich zugänglichen Bereichen (§ 6b BDSG); zudem Festlegung aller Bedingungen und Einstellungen der Anlage per WEG-Beschluss
- Löschung der Aufzeichnungen: Automatisierte Löschung der Aufzeichnungen, solange kein Vorfall gemeldet wird (meist werden 72 Stunden als grundsätzliche Aufbewahrungsdauer empfohlen, allerdings ohne gesetzliche Grundlage)
Zur Videoüberwachung an Klingelanlagen berichtet wir bereits letztes Jahr.