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Mögen die besseren Daten die Bundestagswahl gewinnen!

Mögen die besseren Daten die Bundestagswahl gewinnen!

Das Superwahljahr befindet sich im Endspurt. Nach den drei Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ist am 24. September Bundestageswahl. Welche Spitzenpolitiker dann noch an der Macht sein werden oder eben nicht, ist wohl nur eine Frage der richtigen Daten. Ein ausführlicher, aber nicht abschließender Blick auf die Frage: Welchen Einfluss hat Big Data auf Wahlen?

Shit happens …

Ohne an dieser Stelle jetzt zu politisch zu werden, seien wir doch mal ehrlich: die meisten von uns hatten den Brexit nicht für möglich gehalten. Und noch viel weniger haben wir glauben wollen, dass Trump es tatsächlich in das Amt des amerikanischen Präsidenten schaffen könnte. Nun ja, wie es so schön heißt: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Dass Wahlen und somit ihre Ergebnisse natürlich kein reines Zufallsprodukt sind, dürfte jedem einleuchten. Denn in der Regel ist die eigene Stimmabgabe eine bewusste Entscheidung, ebenso wie nicht wählen zu gehen. Doch was bringt einen dazu, eine gewisse Partei oder Person zu wählen? Welchen Einfluss hat hierbei das Internet? Wie manipulierbar sind wir durch Anzeigen/Videos/Beiträge etwa auf Social Media-Plattformen?

Die Firma, die sich die Wahlerfolge auf die Fahne schreibt

Der Sieg der EU-Gegner in Großbritannien, der Einzug Trumps ins Weiße Haus – beides schreibt sich die Firma Cambridge Analytica auf die eigene Fahne. Die Londoner Datenanalysefirma arbeitet mit riesigen Datensätzen über die Bevölkerung – in den USA befinden sich angeblich 2/3 der Gesamtbevölkerung in den Datenbanken wieder. Die Echtheit dieser Angaben ist allerdings nicht belegt, da auch die Herkunft der Daten nicht transparent ist. Quellen für diese Datenmengen dürften aber unter anderen Auswertungen von Social Media Plattformen wie Facebook und Twitter sein, so dass die Masse an Daten durchaus als realistisch einzustufen ist.

Demographische Analyse 0 : Ocean-Modell 1

Im Vorfeld von Wahlen werden schon seit langer Zeit statistische Werte herangezogen, um Kampagnen auf die Wählerschaft abzustimmen. Dafür werden in der Regel vor allem demographische Werte wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder Bildungsstand den Berechnungen zu Grunde gelegt. Diese Vorgehensweise dürfte aber mittlerweile überholt sein.

„Wir sind begeistert, dass unser revolutionärer Ansatz der datengetriebenen Kommunikation einen derart grundlegenden Beitrag zum Sieg für Donald Trump leistet.“ Alexander Nix, CEO von Cambridge Analytica

In einem auch auf YouTube bereitgestellten Video erklärt der Nix, dass anhand des sogenannten Ocean-Modells, das aus der Psychometrie stammt und in den letzten Jahren vor allem durch Forschungen von Michal Kosinski bekannt geworden ist, die menschliche Persönlichkeit viel genauer analysieren lässt.

Das Ocean-Modell geht davon aus, dass sich jeder Charakterzug eines Menschen anhand von fünf Persönlichkeitsdimensionen messen lässt, den „Big Five“:

O: Openness to experience (Wie aufgeschlossen sind Sie gegenüber Neuem?)
C: Conscientiousness (Wie perfektionistisch sind Sie?)
E: Extraversion (Wie gesellig sind Sie?)
A: Agreeableness (Wie rücksichtsvoll und kooperativ sind Sie?)
N: Neuroticism (Sind Sie leicht verletzlich?).

Das Modell existiert schon etliche Jahre, doch die Datenbeschaffung war das zentrale Problem bei der Anwendung (notwendig war das Ausfüllen eines komplizierten, sehr persönlichen Fragebogens). Doch dann kam das Internet. Und Social Media. Und Datenmassen.

Die Umkehr der Daten – Das Ende der Massenwerbung

Um endlich wieder auf das Thema Big Data und Wahlen zurück zu kommen: Der Clou des Ganzen besteht nun darin, dass man nicht nur mittels der Daten psychologische Profile erstellen kann. Wenn man das Ganze einfach umdreht, ist es so auch möglich, gezielt nach bestimmten Profilen zu suchen. Also etwa: alle besorgten Familienväter, alle wütenden Studentinnen, oder aber alle unentschlossenen Wähler der [denken Sie sich hier einen beliebigen Namen] Partei. Gerade die Unentschlossenen spielen bei Wahlen oft das Zünglein an der Waage. So können für jeden Wähler individuelle Inhalte bereitgestellt werden, die exakt auf seine charakterlichen Eigenschaften zugeschnitten sind. In dem zuvor erwähnten YouTube Video können Sie sich auch konkrete Beispiele aus der amerikanischen Wahl ansehen.

Und die Moral von der Geschichte: Big Data Analysen in Deutschland?

Am Ende lässt sich nicht nachweisen, mit welchen Anteilen Camebridge Analytica wirklich am Erfolg der jeweiligen politischen Sieger beteiligt gewesen ist. Anfang März diesen Jahres erschienen in der Zeit und der New York Times Artikel, in denen die Analyse- und Beeinflussungsmöglichkeiten von Camebridge Analytica – gelinde gesagt – relativiert wurden. Mitarbeiter des britischen Unternehmens selbst hätten demnach öffentlich eingeräumt, dass man eher eine bescheidene Rolle im US-amerikanischen Wahlkampf gespielt habe und dass die Selbstdarstellung der Firma übertrieben sei.

Trotzdem gibt einem diese (potentielle) Analysemöglichkeit zu denken. Alexander Nix bestätigte währenddessen, dass er international auf Kundenakquise sei. Es gebe auch Anfragen aus Deutschland.

Ich möchte wirklich daran glauben, dass derartige Big Data Analysen in Deutschland derzeit nicht möglich sind. Denn anders als in den USA, wo quasi alle persönlichen Daten käuflich zu erwerben sind, gibt es in Deutschland strenge datenschutzrechtliche Bestimmungen. Die Vorstellung, dass eine für den Bürger nicht bemerkbare Manipulation stattfindet, ist – sagen wir mal – sehr gewöhnungsbedürftig. Es macht einfach einen entscheidenden Unterschied, ob Unternehmen solche Analysen durchführen, um ihren Absatz zu steigern, oder ob damit letztlich in das weltpolitische Geschehen eingegriffen wird. Da diese Analysen aber unbemerkt ablaufen, kann man nicht mit Sicherheit sagen, ob die gesetzlichen Regelungen tatsächlich eingehalten werden.

Datenspende für die Wissenschaft

In diesem Zusammenhang sei abschließend auf das Projekt „Datenspende: Google und die Bundestagswahl 2017“ von AlgorithmWatch verwiesen, über das Spiegel Online bereits Ende letzter Woche berichtete. Bei diesem Crowdsourcing-Projekt soll analysiert werden, wie Suchmaschinen ticken. So sollen Antworten auf Fragen wie „Werden meinem Nachbarn andere Suchergebnisse angezeigt als mir? Welche Medien und Themen stehen bei Google News hoch im Kurs?“ gefunden werden. Denn über die Algorithmen, die hinter den Suchergebnissen liegen, ist nur wenig bekannt. Für die Teilnahme muss Plugin für Chrome oder Firefox heruntergeladen und installiert werden. Über das Plugin werden alle vier Stunden über den Browser Suchanfragen an Google und Google News geschickt, natürlich nur wenn der Rechner an ist. Dabei wird nach einschlägigen Begriffen zur Bundestagswahl (Parteien und ihre Kanzlerkandidaten) gesucht. Private Suchanfragen werden nicht gespeichert, sondern folgende Daten:

  • die Identifikationsnummer des Plugins (ID)
  • der ungefährer Standort (Stadt- oder Ortsname)
  • war man während der Suchanfrage bei Google eingeloggt (die Identität wird hierbei nicht gespeichert)
  • pro Suchbegriff die erste Ergebnisliste (Search Engine Result Page, SERP) der klassischen Google-Suche sowie von Google News

Je mehr Nutzer hierbei helfen, desto genauere Ergebnisse werden erzielt. Es lohnt sich also, das Projekt im Auge zu behalten.

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