Veröffentlichungen und Videos im Internet bedürfen grundsätzlich der Einwilligung der abgebildeten Personen (§ 22 Kunsturhebergesetz – KunstUrhG). Was aber gilt, wenn die Betroffenen Ihre Einwilligung nach der Veröffentlichung widerrufen wollen? Können Sie das und unter welchen Voraussetzungen können Sie das. Dies hatte das OLG Koblenz zu entscheiden, dessen Urteil hier vorgestellt wird.
Der Inhalt im Überblick
Wer hat in die Veröffentlichung von was eingewilligt?
Der Kläger nahm die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung von vier Videos in Anspruch. Die Beklagte betreibt einen Kanal auf der Plattform YouTube. Im Rahmen der B2B-Beziehung zwischen den Parteien veröffentlichte die Beklagte dort vier Videos, in denen unter anderem der Kläger zu sehen war. Dieser hatte im Nachgang eines Seminars der Beklagten folgende Erklärung unterzeichnet.
„Ich willige ein, dass Bildnisse meiner Person (…) verbreitet, vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen, insbesondere zu Zwecken der Werbung im Internet (…). Ich verzichte insoweit auf die mir zustehenden Persönlichkeitsrechte (…). Mir ist bewusst, dass meine Einwilligung nicht widerrufbar ist.“
Später widerrief der Kläger seine Zustimmung und forderte die Beklagte auf, sämtliches Material, das ihn zeigte, von allen Plattformen zu entfernen. Die Beklagte kam dem nicht nach. Auch das OLG Koblenz meinte, dass dem Kläger mangels wirksamen Widerrufs kein Anspruch auf Löschung zustehe.
Woran scheiterte der Widerruf der Einwilligung?
Die Einwilligung nach § 22 KunstUrhG unterläge den für Willenserklärungen geltenden Regeln. Dies bedeute, dass sie nach Zugang grundsätzlich nicht mehr widerrufen werden kann (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Gründe, die eine Ausnahme zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers rechtfertigen könnten, habe dieser nicht vorgetragen. Der Umstand, dass die Parteien sich nach Abschluss der Videoaufnahmen zu Konkurrenten entwickelt hätten reiche nicht aus. Auch die Tatsache, dass der Kläger den Kontakt zum Beklagten abgebrochen habe, bilde für sich keinen wichtigen Widerrufsgrund.
Dem Kläger stehe auch kein Unterlassungsanspruch nach Art. 17 Abs. 1 lit. b DSGVO zu. Nach dieser Vorschrift könne der Betroffene nach Widerruf der Einwilligung die Löschung seiner Daten verlangen, wenn keine andere Rechtsgrundlage die weitere Verarbeitung erlaube. Da die B2B-Beziehung der Parteien jedoch die Berichterstattung über das Unternehmen der jeweils anderen Partei in den sozialen Medien zum Gegenstand gehabt habe, könne die Beklagte die Verarbeitung der Daten des Klägers in den einzelnen Videos auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO stützen. Die Norm sei weit auszulegen und erfasse solche auch lose Kooperationen. Dies gelte zumindest dann, wenn – wie hier – die digitale Präsenz der Firmen durch gegenseitige Berichterstattung erhöht und aufrechterhalten werden solle.
Wieso die Einschränkung zur Einwilligung nach der DSGVO?
Aber wird die Einwilligung nach dem KunstUrhG hier nicht anders behandelt als die frei widerrufliche Einwilligung nach der DSGVO? Natürlich. Der Grund dürfte darin liegen, dass das OLG Koblenz in § 22 KunstUrhG eine Norm sieht, die journalistischen oder künstlerischen Zwecken dient. Für diese können die Mitgliedstaaten abweichende Regelungen treffen (Art. 85 Abs. 2 DSGVO). Dass darunter thematisch auch die werbliche Darstellung von Unternehmen fallen soll, erscheint allerdings etwas befremdlich.
Ist die Einwilligung nach § 22 KUG wirklich nicht widerruflich?
Bedeutet dies, dass Betroffene, die eingewilligt haben, eine dauerhafte Veröffentlichung hinnehmen müssen? Nicht unbedingt. Auch wenn die Einwilligung nach § 22 KunstUrhG nicht widerruflich ist, kann dies für die Einwilligung nach der DSGVO nicht gelten. Leider hat sich das OLG nicht dazu geäußert, ob es § 22 KunstUrhG als Regelung im Sinne von Art. 85 Abs. 2 DSGVO ansieht. Damit bleibt das Verhältnis der Einwilligungstatbestände der DSGVO zum KunstUrhG offen. Was der Fall somit lehrt ist, dass man nicht vorschnell in die Veröffentlichung persönlicher Inhalte in sozialen Medien einwilligen sollte. Jedenfalls sollte man sich bewusst sein, dass diese im Zweifel dauerhaft öffentlich sind.
Aber… im B2B-Bereich wird die datenschutzrechtliche Erlaubnis für Personenabbildungen selten „lit. b“ sein. Weil das ein Vertrag „mit“ der betroffenen Person zu sein hätte. Meistens wäre aber z. B. der Arbeitgeber den Vertrag mit der anderen Partei eingegangen. Die beiden hätten dann einen Vertrag zu Lasten Dritter geschlossen. Wenn es also keine Abbildungen der Inhaber sind, wäre die Rechtsgrundlage allenfalls berechtigtes Interesse; mit zu berücksichtigenden Rechten und Freiheiten der Betroffenen, die sich nicht einfach beiseite bügeln lassen.
D., der lieber das ganze Konstrukt widerrufbar gemacht hätte.
Dann hätte das Gericht die Frage, ob § 22 KunstUrhG eine Regelung im Sinne von Art. 85 Abs. 2 DSGVO ist jedenfalls schwieriger offenlassen können, ob die Norm die Widerruflichkeit der Einwilligung unter der DSGVO beschränken kann.
Ich kann mir Ihnen folgend aber gut vorstellen dass es die Widerruflichkeit bejaht hätte, entweder auf der Basis des Arguments, dass Art. 85 Abs. 2 DSGVO im Arbeitsverhältnis thematisch nicht greife oder die Unwiderruflichkeit unverhältnismäßig in die Rechte der Arbeitnehmer eingreife.
Anderweitig hätte das Gericht die Anrufung des EuGH gemäß Art. 267 AEUV in Erwägung ziehen müssen und das hätte Mehrarbeit bedeutet.