Wegen eines Schufa-Fehleintrags bzw. einer Datenschutzverletzung wurde einem Betroffenen ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.500 Euro zugesprochen. Das OLG Dresden hat in seinem Beschluss vom 29.08.2023 (Az. 4 U 1078/23) das Urteil des LG Leipzig bestätigt.
Der Inhalt im Überblick
Betroffener will (höheren) Schadensersatz
Hintergrund des Verfahrens war ein durch die Wirtschaftsauskunftei Schufa mindestens grob fahrlässig vorgenommener Fehleintrag in dem bisweilen berüchtigten Verzeichnis. Welcher zudem ca. ein halbes Jahr lang dort aufgeführt war. Dieser Eintrag führte unter anderem dazu, dass der Dispositionsrahmen des Betroffenen stufenweise reduziert sowie dessen Girokonto gekündigt wurde.
Da es sich hierbei um einen Verstoß gegen die DSGVO handelte, forderte der Betroffene daraufhin vor dem Landgericht Leipzig Schadensersatz gemäß Art. 82 Abs.1 DSGVO. Das Gericht hat dem Kläger auch tatsächlich einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.500 Euro zugesprochen, doch gab sich dieser damit nicht zufrieden. Er legte Berufung beim OLG Dresden ein und machte einen höheren immateriellen Schaden geltend. Die erlittenen Unannehmlichkeiten, welche sogar die Form von Existenzängsten angenommen hätten, seien durch das Landgericht nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Das OLG weist auf die Erfolglosigkeit der Berufung hin
In seinem Hinweisbeschluss vom 29.08.2023 hat das Gericht dem Kläger noch vor der mündlichen Verhandlung nahegelegt, die Berufung zurückzunehmen. Die erstinstanzlichen Erwägungen des Landgerichts wiesen demnach keine Fehler in der Schadensbemessung auf.
Grundsätze der Bemessung des Schadens wurden eingehalten
Unter Verweis auf den Erwägungsgrund Nr. 146 Satz 3 und im Sinne der neueren Rechtsprechung des EuGH seien dabei Faktoren wie Ängste, Stress, Komfort- und Zeiteinbußen und die potenzielle Stigmatisierung bzw. Rufschädigung korrekt und in äquivalenter Übereinstimmung mit entsprechender nationaler Rechtsprechung berücksichtigt worden.
„Ein Verstoß gegen die unionsrechtlichen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität ist hierbei nicht festzustellen.“
In die Schadensbemessung waren demnach Umstände wie die Rufschädigung gegenüber den Kunden des Klägers, die Unannehmlichkeiten wegen der Kündigung des bisherigen sowie der daraus resultierenden Suche nach einem neuen Konto eingeflossen.
Zeitlicher Aspekt und Bedeutung der Erwerbstätigkeit fließt in die Bemessung ein
Weiterhin hat das Berufungsgericht hervorgehoben, dass die Reduzierung des Dispositionsrahmens von 13.700 Euro in Schritten von 500 Euro mindestens 27 Monate Zeit in Anspruch genommen hätte, um einen Rahmen von 100 Euro zu erreichen. In dieser Zeit hätte der Kläger der Absenkung entgegenwirken können.
Gleichermaßen war danach zu berücksichtigen, dass der Betroffene im Hinblick auf die Kündigung seines Girokontos vom 13.07.2022 bis zu dessen Inkrafttreten am 18.09.2022 ausreichend Zeit gehabt hätte auf diese zu reagieren.
„…hat damit den Kläger aber nicht in existenziellen Druck gebracht, „von heute auf morgen“ seine gesamten Konten umzudisponieren.“
Zudem wirke sich auf das im Rahmen der Schadensbemessung zu bewertende Ausmaß der Unannehmlichkeiten entscheidend aus, dass es sich bei der beeinträchtigten Tätigkeit des Betroffenen um ein Nebengewerbe gehandelt habe.
Generalpräventive Funktion des immateriellen Schadensersatzes
Der Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO soll der gesetzgeberischen Absicht nach, auch weitere Verstöße dieser Art verhindern. Erforderlich für diese Funktion ist, dass der Schadensersatzanspruch eine empfindliche Einbuße für den Verursacher des Schadens bedeutet. Aber auch in dieser Hinsicht war das erstinstanzliche Urteil nach Ansicht des OLG nicht zu beanstanden. Der vorliegende Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.500 Euro entsprach in etwa der Hälfte der noch offenen Restforderung der Schufa gegenüber dem Kläger. Damit war er nach Ansicht beider Gerichte ausreichend hoch.
Verweise auf höhere Schadensersatzansprüche in anderen Verfahren
Der Betroffene hatte im Rahmen der Berufungsbegründung zudem auf andere nationale Gerichtsentscheidungen wegen unberechtigter Schufa-Einträge verwiesen. Darin waren die Schäden im Einzelnen höher bemessen als im vorliegenden Fall. So verwies der Berufungskläger beispielsweise auf eine „massive Beeinträchtigung seines sozialen Ansehens“, welche in einem scheinbar vergleichbaren Fall zu einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.000 Euro geführt hatte. Allerdings versäumte es der Kläger, diesen Vortrag zu konkretisieren. Nach Ansicht des Gerichtes blieb es damit bei einer allgemeinen Behauptung, welche eine Vergleichbarkeit mit der zitierten Entscheidung nicht möglich machte. Der Vergleich mit einem weiteren zitierten Verfahren scheiterte schließlich an der unterschiedlichen Dauer der Beeinträchtigung. In dem zitierten Verfahren hielt diese nämlich mehrere Jahre und nicht wie vorliegend lediglich ein halbes Jahr an.
Beispiel für Schadensbemessung nach neuer EuGH-Rechtsprechung
Das OLG Dresden fasst in seinem Hinweisbeschluss prägnant und übersichtlich die Grundsätze der Schadensbemessung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH zusammen. Die wesentlichen Eckpunkte, wie der Grundsatz der Äquivalenz und Effektivität oder beispielsweise das Erfordernis eines konkret dargelegten Schadenseintritts werden dabei jeweils hervorgehoben und systematisch „durchgeprüft“. Zudem wird anhand der Ausführungen deutlich, wie entscheidend es auch im Rahmen der datenschutzrechtlichen Schadensbemessung auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Pauschale Verweise auf empfundene Beeinträchtigungen gehen vor diesem Hintergrund zunehmend ins Leere. Ein Umstand der sowohl auf Seiten der Verantwortlichen wie auch der Betroffenen immer größere Bedeutung genießen wird.
„Der vorliegende Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.500 Euro entsprach in etwa der Hälfte der noch offenen Restforderung der Schufa gegenüber dem Kläger.“
Wie kam es denn dazu, dass der Kläger der Schufa Geld schuldete?
Das ging aus der gerichtlichen Sachverhaltsschilderung nicht hervor.