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ULD vs. Facebook 0:2 – keine Pflicht zur Abschaltung von Fanpages

ULD vs. Facebook 0:2 – keine Pflicht zur Abschaltung von Fanpages

In seinem Kampf gegen Facebook musste das ULD (Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein) erneut eine Niederlage einstecken. Diesmal vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig. Wie das OVG Schleswig in seinem Urteil (OVG Schleswig, Urt. v. 04.09.2014, Az.: 4 LB 20/13) mitteilte, wurde die durch das ULD eingelegte Berufung gegen die zuvor ergangenen Urteile zurückgewiesen.

Die Begründung aus der Pressemitteilung

Die Urteilsbegründung liegt noch nicht im Volltext vor, dafür ist die Pressemitteilung schon sehr aussagekräftig. Im Wesentlichen scheiterte die Berufung an zwei Aspekten:

1. fehlende datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Seitenbetreibers

Die Untersagungsverfügung an die Seitenbetreiber war an den falschen Adressaten gerichtet. Richtigerweise hätte zuerst Facebook in Anspruch genommen werden müssen, schließlich ist das die verantwortliche Stelle und nicht etwa ein Auftragsdatenverarbeiter des Seitenbetreibers. Der Seitenbetreiber sieht in seinen Statistiken keine Daten der Nutzer mit Personenbezug. In der Presseerklärung wird ausgeführt:

…der Betreiber einer Facebook-Fanpage ist für die allein von Facebook vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten von Besuchern der Fanpage datenschutzrechtlich nicht verantwortlich, denn er hat keinen Einfluss auf die technische und rechtliche Ausgestaltung der Datenverarbeitung durch Facebook. Dass er von Facebook anonyme Statistikdaten über Nutzer erhält, begründet keine datenschutzrechtliche Mitverantwortung.

Die fehlende Widerspruchsmöglichkeit der Nutzer ändert an der Bewertung durch das OVG nichts.

2. manchmal schießen die Preußen doch zu schnell

Die Unternehmen als Seitenbetreiber direkt mit einer Untersagungsverfügung zu überziehen war laut Presseerklärung auch nicht der rechtlich zulässige Weg:

…nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts war diese Anordnung des ULD auch bereits deshalb rechtswidrig, weil vor einer Untersagungsverfügung an einen datenschutzrechtlich Verantwortlichen erst ein abgestuftes Verfahren einzuhalten ist, in dem zunächst eine Umgestaltung der Datenverarbeitung angeordnet und ein Zwangsgeld verhängt werden muss. Eine rechtlich grundsätzlich denkbare Ausnahmesituation hiervon lag nicht vor.

ULD – Unheimlich Lustiges Datenschutzzentrum

Warum eigentlich eine Facebook Fanpage betreiben, wenn man als Unternehmen doch keine Userdaten erhält? Nun, zum einen kann nur so verhindert werden, dass sagen wir mal andere „Fans“ in Eigeninitiative eine Seite erstellen, siehe das unheimlich lustige Datenschutzzentrum und zum anderen führt das ULD dazu in seiner Berufungsbegründung für Facebook werbewirksam selbst aus:

…aber auch die Fanpagebetreiber profitieren von der Fanpage und setzen diese ein, obwohl sie wissen, dass dadurch Profildaten der Nutzer zu Werbezwecken erhoben werden. Die Fanpage bietet ihnen eine leistungsstarke Infrastruktur für die Vermarktung von Inhalten im Internet. Sie zeichnet sich durch umfangreiche Serverkapazitäten, eine hohe Erreichbarkeit der Seiten und ein gutes Google-Ranking aus. Mit dem Einsatz der Fanpage spart die Berufungsbeklagte zudem weitere Kosten, die für vergleichbare herkömmliche Webhosting-Dienste entstehen würden, da sie diese Ressourcen kostenlos erhält. Auch an den im Rahmen des Netzwerkes erhobenen Nutzungsdaten partizipiert die Berufungsbeklagte als Fanpagebetreiber unmittelbar. Über die Funktion „Facebook-Insight“ werden ihr diese Daten in aggregierter Form aufbereitet, sodass sie aussagekräftige Statistiken über die Besucher ihrer Fanpage erhält und so die Wirksamkeit ihres Werbeauftritts in der Öffentlichkeit messen kann. Mit dem Betrieb der Fanpage nutzt die Berufungsbeklagte diese Vorteile und nimmt zugleich in Kauf, dass sie auf diese Weise weitere Besucher auf die von Facebook betriebene Infrastruktur lockt und damit einen wichtigen Beitrag leistet, damit deren Surfverhalten erfasst wird.

Kostenersparnis, Medienwirksamkeit und -reichweite, wie soll da Unternehmen die Nichtnutzung einer Fanpage geraten werden, wenn doch auch die Kunden der Unternehmen gerade den direkten Kontakt und Kommunikation wünschen. Gerade große Unternehmen haben auch durch Social Media Guidelines und Policies verstanden, dass das Web 2.0 von einer Kommunikation auch mit den Kunden geprägt ist. Seien es letzte Informationen zu Sportveranstaltungen, Serviceanfragen zu Produkten oder auch die Hilfe und Ratschläge von Kunden untereinander.

Der Untergang des Datenschutzes im Abendland?

Das Urteil kann noch mit der Revision angefochten werden, doch ist es

…eine Katastrophe und ein Rückschlag für den Datenschutz. Hat dieses Urteil Bestand, so bleibt der Verantwortungslosigkeit im Internet Tür und Tor geöffnet.

so wie es Herr Weichert in seiner Stellungnahme zu dem Urteil sieht? Letztlich entscheidet der Nutzer wann er welche Daten von sich preisgibt. Die Aufgabe der Behörde sollte es dabei gerade sein, Medienkompetenz und eine Sensibilisierung der Internetnutzer zu verbessern und zu schulen und nicht diejenigen in Anspruch zu nehmen, welche gerade auf die Wünsche einer Vielzahl von Kunden und Internetnutzern eingehen. Die Mitgliedschaft bei Facebook ist freiwillig und auch wenn die Angabe von „falschen“ Daten bei der Anmeldung ein Verstoß gegen die Richtlinien darstellt, entscheidet jeder Internetnutzer über die Preisgabe seiner Daten selbst.

Auch unser Blog versucht den Internetnutzer mit Tipps und Hinweisen z.B. zum anonymen Surfen oder dem Löschen von Tracking Cookies zu unterstützen. Letztlich sollte das Internet so frei von Regularien bleiben wie es rechtlich möglich und angemessen ist, denn das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beinhaltet gerade auch das Recht, selbst Daten über sich preiszugeben. Gerade auch durch die Arbeit des ULD wird auch jedem Nutzer soweit und hinreichend klar sein, dass die Rechtskonformität der Datenverarbeitung durch Facebook durchaus fragwürdig ist.

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    Mal eine andere Frage:
    Immer wieder gibt es Diskussionen um das Recht auf Anonymität, z.B. anonym im Internet, aber auch anonym in der „realen“ Welt. Im Grundgesetz und auch in den durch das BVerfG abgeleiteten Grundrechten findet sich ein Grundrecht auf Anonymität mit Verfassungsrang nicht wieder.

    Kann man denn nicht einfach das Grund auf Anonymität aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ableiten? Selbstbestimmung heißt auch, gar keine Daten preiszugeben, also anonym zu bleiben. Es wäre ja sonst keine Selbstbestimmung, wenn man immer gezwungen wäre, nur den Umfang der Datenpreisgabe auszuwählen.

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