Beim Prozess um die Auskunft nach Art. 15 DSGVO gilt es für Unternehmen viele Hürden zu meistern. Prozesse, Fristen und Analysen. Der Auskunftsanspruch von Betroffenen kann aus Unternehmenssicht schnell ausufern. Doch zumindest, was die Bestimmtheit des Auskunftsverlangens angeht, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Auskunftsanspruch teilweise eingeschränkt.
Der Inhalt im Überblick
Keine Auskunft zu schwierig
Im Laufe der letzten Jahre konnte der Eindruck entstehen, dass der Auskunftsanspruch für Betroffene und damit auch für Beschäftigte keine Grenzen kennt. Die Betroffenen haben grundsätzlich nicht nur das Recht Kopien über sie gespeicherte Dokumente zu erhalten, welche extern erreichbar sind, zu verlangen. Die Reichweite des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO erstreckt sich vielmehr auch auf interne Dokumente. Insofern tun Unternehmen gut daran, Prozesse für die Auskunftserteilung sowie die Einhaltung der Fristen nach Art. 12 Abs. 3 und 4 DSGVO vorzuhalten.
Beschränkung des Auskunftsanspruches
Auch wenn in der Vergangenheit immer wieder aufgezeigt wurde, wie weit der Auskunftsanspruch ausgelegt werden kann, hat auch dieser seine Grenzen. So zeigte die Rechtsprechung des LAG Sachsen, in welchen Fällen ein Auskunftsanspruch abgelehnt werden kann. Das Gericht nimmt dabei vor allem in folgenden vier Fällen an, dass der Auskunftsanspruch abgelehnt werden kann:
- Auskunftsansprüche dürften nicht funktionswidrig sein und müssten entsprechend vom Schutzzweck der DSGVO gestützt werden,
- Es dürfen nach Art. 12 Abs. 5 S. 2 lit. b DSGVO keine exzessiven Anträge gestellt werden,
- Das Auskunftsersuchen müsse nach Erwägungsgrund 63 Satz 7 DSGVO präzisiert werden,
- Im gerichtlichen Verfahren müsse der Auskunftsanspruch den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügen, also bestimmt genug sein.
Bestimmtheit des Klageantrages bei Anspruch nach Art. 15 DSGVO
Das Erfordernis der Bestimmtheit wurde in dem vom BAG zu entscheidenden Fall nochmals betont. In dem Urteil vom 16.12.2021 (Az.: 2 AZR 235/21) führt das BAG aus:
„Ein Klageantrag, der ergänzend zum Wortlaut von Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO auslegungsbedürftige Begriffe enthält, über deren Inhalt nicht behebbare Zweifel bestehen, ist nicht hinreichend bestimmt.“
Was ist passiert?
Im Rahmen des Gerichtsverfahrens hat der Kläger Ansprüche nach Art. 15 Abs. 1 Halbs. 2 DSGVO geltend gemacht. Der Kläger trug vor, dass es ihm bei dem Auskunftsanspruch im Wesentlichen, aber nicht ausschließlich auf seine personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten ankomme, sofern diese von der Beklagten in bestimmten einzeln benannten IT-Systemen gespeichert würden. Darüber hinaus begehrte er insbesondere Auskunft über seine bzw. eine Kopie seiner personenbezogenen Leistungs- und Verhaltensdaten im E-Mail-Verkehr zwischen einem Mitarbeiter der Beklagten und ihm und für etwaige Performance-Bewertungen der Beklagten betreffend seiner Person. Weiter führte der Kläger aus, dass er den Interessenwiderspruch zwischen dem Schutz von Whistleblowern und dem Auskunftsanspruch nach der DSGVO akzeptiere und gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren aufzuklären sei, ob die Beklagte berechtigt sei, Kopien von Daten zurückzuhalten, weil dies zum Schutz Dritter geboten sei.
Entscheidung des Gerichts
Das BAG wies die Klage insgesamt wegen fehlender Bestimmtheit ab und hob das Urteil der Vorinstanz teilweise auf, da die Urteilsformel nicht hinreichend dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprochen habe. Der sich aus dem Urteil ergebende Titel müsse aus sich heraus einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben. Andernfalls würden Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, dessen Aufgabe es nicht ist zu klären, worin die festgelegte Verpflichtung des Schuldners besteht.
Die Unklarheiten beziehen sich in diesem Fall insbesondere auf die Einschränkung:
„so weit jeweils nicht die in den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 Satz 2 und 34 Abs. 1 BDSG geregelten Ausnahmen vorliegen“
Insbesondere der Vorbehalt des § 29 Abs. 1 S. 2 BDSG, also der „überwiegende berechtigte Interessen eines Dritten“, würde das Vollstreckungsverfahren mit der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe überfrachten. Außerdem sei auch der Antrag des Klägers zu unbestimmt, da dieser auslegungsbedürftige Begriffe verwende, über deren Inhalt bei den Parteien Zweifel bestünden („Leistungs- und Verhaltensdaten“).
Dazu führt das Gericht aus:
„Die Verwendung auslegungsbedürftiger Begriffe kommt nur in Betracht, wenn einerseits für den Kläger eine weitere Konkretisierung nicht möglich oder zumutbar ist, andererseits für die Parteien kein Zweifel an ihrem Inhalt besteht, so dass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht“
Entsprechend ist das allgemeine Abstellen auf Leistungs- und Verhaltensdaten nur möglich, wenn dem Kläger keine weitere Konkretisierung möglich ist. In dem vorliegenden Fall sei es dem Kläger, gerade nachdem er bereits von der Beklagten eine Auskunft erhalten hatte, zumutbar gewesen, seinen Anspruch weiter zu konkretisieren.
Auskunftsrecht, ein Minenfeld
Der Auskunftsanspruch ist nicht umsonst ein regelmäßiges Thema vor Gericht. Das Urteil des BAG zeigt, dass der Anspruch auch seine Grenzen hat. Dennoch ist besondere Vorsicht geboten, da der Anspruch grundsätzlich weit ausgelegt wird und eine Beschränkung nur im Ausnahmefall möglich sein wird.
Für Verantwortliche empfiehlt es sich entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um Auskunftsersuchen schnell und vollständig zu beantworten. Eine unzulässige Weigerung kann nicht nur einen Rechtsstreit nach sich ziehen, sondern auch gemäß Art. 82 Abs. 5 DSGVO zu einem hohen Bußgeld führen.
Was alles beim Auskunftsanspruch berücksichtigt werden sollte, haben wir in unserem Beitrag „Auskunftsrecht: DSGVO-Wissen für Betroffene & Unternehmen“ zusammengefasst.