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Behörde öffne dich: Informationsfreiheit vs. Datenschutzrecht

Behörde öffne dich: Informationsfreiheit vs. Datenschutzrecht

Informationszugangsrechte gegenüber einer Behörde können einen Eingriff in personenbezogene Daten Dritter darstellen. Wie der Gesetzgeber diesen Konflikt löst, zeigt dieser Artikel auf.

Datenschutz und Informationsfreiheit

Die meisten der Aufsichtsbehörden für Datenschutz tragen in irgendeiner Form die Wendung „…beauftragte(r) für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“ im Namen.

Eine der wenigen Ausnahmen ist die brandenburgische Aufsichtsbehörde. Diese nennt sich „die Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg“. Hier wird der Begriff „Akteneinsicht“ anstelle von „Informationsfreiheit“ verwendet. Dies macht deutlich, dass beide Begriffe eng miteinander zusammenhängen.

Das Akteneinsichtsrecht ist eine Ausprägung des Informationszugangsrechts. Das Recht auf Informationszugang dient dazu, die Kontrolle und Transparenz der Staatstätigkeiten einerseits und dem Bürger die Teilnahme an der politischen Willensbildung anderseits zu gewährleisten.

Verlangt eine Person gegenüber einer öffentlichen Stelle Akteneinsicht, besteht jedoch die Gefahr, das informationelle Selbstbestimmungsrecht all derjenigen Personen zu verletzen, die in den offengelegten Dokumenten auftauchen.

Natürliches Spannungsverhältnis

Informationsfreiheit und Datenschutz stehen daher in einem natürlichen Spannungsverhältnis:

Während die Informationsfreiheit darauf abzielt das öffentliche Informationsinteresse durch Offenlegung von Daten zu befriedigen, verfolgt der Datenschutz das Gegenteil: Eine Offenlegung soll verhindert werden. Der Inhaber des Persönlichkeitsrechts soll selbst darüber bestimmen, wer wann was über ihn weiß.

Die Informationsfreiheit wird in diesem Zusammenhang als das „komplementäre Gegenstück des Datenschutzes“ bezeichnet: Beide sind zwei Seiten derselben Medaille.

Die wichtigsten Vorschriften zur Informationsfreiheit ergeben sich auf Bundesebene aus dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) von 2006, dem Umweltinformationsgesetz (UIG) von 1994 und dem Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG) von 1997. Auf Landesebene gibt es zudem verschiedene Informationsfreiheitsgesetze, welche bei den jeweiligen Landesbehörden zur Anwendung kommen. Flankiert werden diese Normen durch spezialgesetzliche Auskunftspflichten wie etwa der aus dem Grundbuchamt (§12 GBO) oder den Landespressegesetzen. In der Gesamtschau fällt auf, dass das Informationsfreiheitsrecht in Deutschland zum Teil deutlich jünger ist als das Datenschutzrecht. Beide Rechtsgebiete haben im Laufe der Jahre eine Aufwertung erhalten, das Datenschutzrecht zuletzt durch die DSGVO.

Wie bringt man Informationsfreiheit und Datenschutz in Einklang?

Das Verfahren zur Auskunftserteilung beginnt in den meisten Fällen mit einem Antrag gegenüber der jeweiligen Behörde, von der die Auskunft begehrt wird. Regelmäßig ist ein solcher Antrag an keine besonderen Eigenschaften des Antragstellers geknüpft. § 1 Abs. 1 IFG stellt hier unmissverständlich fest:

„Jeder hat […] einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.“

Bei der Bewertung, ob die begehrte Information zu erteilen ist, erhält weder der Datenschutz noch die Informationsfreiheit generell Vorrang. Vielmehr gilt ein sogenannter „Abwägungsvorbehalt“.

Enthalten Dokumente, zu denen Zugang gewährt wird, personenbezogene Daten, ist eine Abwägung zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu der begehrten Information einerseits und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der hierdurch möglichen Betroffenen andererseits abzuwägen.

Werden Dokumente mit personenbezogenen Daten gegenüber Dritten (hier: den Antragstellern) offengelegt, handelt es sich bei dem Vorgang aus datenschutzrechtlicher Sicht um eine Datenübermittlung an eine nichtöffentliche Stelle.

Die Rechtsgrundlage für die Übermittlung ist dann Art. 6 Abs. 1 lit. c) DSGVO (Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung) in Verbindung mit der Anspruchsgrundlage auf Informationsgewährung aus dem jeweiligen Informationsfreiheitsgesetz.

Der Zweckbindungsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO) dürfte durch die Entscheidung der Behörde, das Dokument zu veröffentlichen, aufgehoben sein.

Erforderliche Rechtsgüterabwägung

Bei der vorzunehmenden Rechtsgüterabwägung kann der Teufel im Detail stecken:

Das Umweltinformationsgesetz hat etwa mit § 9 Abs.1 Nr.1 UIG die gesetzgeberische Wertung getroffen, dass personenbezogene Daten erst dann nicht veröffentlicht werden dürfen, wenn hierdurch Interessen der Betroffenen erheblich beeinträchtigt würden. Hier zeigt sich, dass im Bereich der Umweltinformationen dem öffentlichen Informationsinteresse ein besonderes Gewicht eingeräumt wird.

Das Informationsfreiheitsgesetz sieht in § 5 Abs.1 IFG hingegen lediglich eine allgemeine Abwägung vor. Eine vergleichbare Regelung findet sich auch in § 3 S. 2 Alt. 2 VIG, wonach der Zugang zu personenbezogenen Daten sich nicht als einer Veröffentlichung entgegenstehender privater Belang qualifiziert, wenn das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

Wann Schwärzungen helfen

Es darf nicht vergessen werden, dass im Einzelfall nicht nur das Datenschutzrecht, sondern auch andere Gründe einer Veröffentlichung entgegenstehen können. Solche können insbesondere sein:

  • Öffentliche Belange (§ 3 IFG, § 8 UIG).
  • Schutz des behördlichen Entscheidungsprozesses (§ 4 IFG; § 8 Abs.1 Nr.2 UIG)
  • Schutz sonstiger Belange (§§ 5,6  IFG, § 9 UIG), wie etwa Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse

Wenn nach einer Rechtsgüterabwägung eines dieser Belange das öffentliche Informationsinteresse überwiegt, ist es mit der Versagung der Informationserteilung jedoch nicht getan. Hier ist dann weiter zu prüfen, ob das Hindernis durch Schwärzungen beseitigt werden kann.

So hatte etwa das Bundesverwaltungsgericht in einer Entscheidung festgestellt, dass die Versagung der Informationserteilung einer Standortverwaltung der Bundeswehr gegenüber dem Kläger unzulässig gewesen sei. Dessen begehrte Auskunft über die Mitbenutzung eines Übungsplatzes durch einen privaten Fallschirm-Sportspringerclub wurde von dem Beklagten aus datenschutzrechtlichen Erwägungen abgelehnt. Das Gericht war der Auffassung, dass der Antrag nicht schlechthin abgelehnt hätte werden dürfen. Vielmehr hätten die Stellen mit problematischen personenbezogenen Angaben geschwärzt werden müssen.

Informationsfreiheit als Grundpfeiler der demokratischen Gesellschaft

Wer nun Lust bekommen hat sein Grundrecht auf Informationsfreiheit wahrzunehmen, kann dies mit Hilfe von zwei Einrichtungen in Deutschland ganz einfach tun. Die erste ist der gemeinnützige Verein „Parlamentwatch e.V.“, welcher das Portal abgeordnetenwatch.de betreibt. Mit deren Leiterin des Bereichs Wahlen & Parlamente hatten wir in der Vergangenheit bereits ein Interview geführt. Die zweite Einrichtung ist die „Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.“, welche für das Projekt FragDenStaat verantwortlich ist. Einen guten Überblick über deren Arbeit gab es in einem Vortrag auf dem 35C3. Das Video dazu ist hier abrufbar.

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