Das allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist in den vergangenen Jahren bereits als Grundlage für gerichtliche Auseinandersetzungen herangezogen worden. Wer sich im Bewerbungsprozess diskrimiert fühlt, kann nach dem AGG (umgesetzt wurden mehrere europäische Richtlinien) klagen.
Der Inhalt im Überblick
Ausgangslage
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19. April hatte den Sachverhalt zugrunde, dass eine Ingenieurin russischer Herkunft, die sich im Alter von 45 Jahren auf eine Stelle als Softwareentwicklerin beworben hatte, nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde. Als die Stellenanzeige nach der Absage noch ein zweites Mal erschien, forderte sie Schadensersatz, weil sie wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt worden sei.
Außerdem verlangte sie die Vorlage der Bewerbungsunterlagen des eingestellten Konkurrenten, um ihre vermeintlich bessere Qualifikation nachweisen zu können. In den ersten beiden Instanzen hatte die Frau verloren; das nunmehr angerufene Bundesarbeitsgericht legte dem EuGH dann die Frage (…) vor, ob der Arbeitgeber darüber Auskunft erteilen muss.
Ergebnis
Im Ergebnis kommt das Gericht dazu, im Regelfall die Auskunftsverplichtung zu verneinen – also ob der Arbeitgeber am Ende des Einstellungsverfahren einen anderen Bewerber eingestellt hat und auf Grundlage welcher Kriterien.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber aber jedwede Auskunft verweigert. Hierin sah das Gericht einen möglichen Anhaltspunkt, der im Rahmen des Nachweises von Tatsachen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, heranzuziehen ist. Die EU-Richter werteten es überdies als Verdachtsmoment, dass die Bewerberin nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war, obwohl sie die geforderte Qualifikation erfülle.
Ausblick
Der Fall ist an das BAG zurückverwiesen worden, dessen Entscheidung also noch aussteht. Dennoch hat das Urteil für die Unternehmen erste Konsequenzen, denn eine neutrale, nichtssagende Absage könnte als „zu wenig Information“ ausgelegt werden, was dann zu einer Umkehrung der Beweislast führen könnte.
Das Urteil ist aus Datenschutzsicht durchaus relevant, denn die personenbezogenen Daten des Konkurrenz-Bewerbers sind natürlich geschützt und dürfen nicht an Dritte herausgegeben werden. Wie die Unternehmen das Urteil umsetzen sollen, bleibt alsweilen offen.