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BVerfG: Eingeschränkte Datenweitergabe für den Verfassungsschutz

BVerfG: Eingeschränkte Datenweitergabe für den Verfassungsschutz

Die Datenweitergabe durch den Verfassungsschutz ist teils verfassungswidrig, so entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bereits am 28. September 2022. Werden Personendaten an Sicherheitsbehörden weitergegeben, steht dies teilweise dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung entgegen. Eine Anpassung der Regeln wird gefordert.

Im Namen der Sicherheit

Immer wieder stellt sich die Frage, wie weit der Staat im Namen der Sicherheit gehen darf und wo die Grenzen seines erlaubten Handlungsrahmen liegen. Die Richter in Karlsruhe kamen bezüglich der Weitergabe von Daten nun zu dem Schluss: Nicht sehr weit.

Mit dem am 03.11.2022 veröffentlichtem Beschluss (Beschl. v. 28.09.2022, Az. 1 BvR 2354/13) entschied der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), dass die Übermittlung heimlich gesammelter Personendaten durch den Verfassungsschutz an die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden nicht gänzlich mit dem Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG vereinbar ist.

Der legitime Zweck diene zwar dem Schutz der Sicherheit des Staats und der Bevölkerung, allerdings, so erklärte das Gericht, verstoßen die Regelungen in ihrer aktuellen Form gegen die Normenklarheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Das Bundesverfassungsschutzgesetz solle demnach bis Ende 2023 überarbeitet werden, wobei die angegriffenen Normen, unter einschränkenden Maßgaben vor allem hinsichtlich der betroffenen Grundrechte, zunächst fortbestehen sollen.

Wie kam es konkret dazu?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG dazu verpflichtet, Informationen, auch unter Einbindung personenbezogener Daten, an die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln, wenn tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung zur Verhinderung und Verfolgung von Staatsschutzdelikten erforderlich ist. An dem Schutz der in § 20 Abs. 1 Satz 2 definierten Staatsschutzdelikte sowie die in Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 lit. b und c GG genannten Schutzgüter besteht nach Auffassung des BVerfG immerhin ein herausragendes öffentliches Interesse. Diese Übermittlungspflichten erstrecken sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 BVerfSchG entsprechend auf die Verfassungsschutzbehörden der Länder.

Auf diese Übermittlungspflichten verweist das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz (RED-G), das der Gesetzgeber schuf um den Informationsaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten in Anbetracht der Bedrohung durch den gewaltbezogenen Rechtsextremismus, zu erleichtern.

„Die Rechtsextremismus-Datei, ist eine der Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus dienende Verbunddatei von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes und der Länder. Die Datei erleichtert und beschleunigt den Informationsaustausch, indem bestimmte Erkenntnisse aus dem Zusammenhang der Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus, über die einzelne Behörden verfügen, für alle beteiligten Behörden schneller auffindbar und leichter zugänglich werden.“

Das RED-G war Grundlage der Entscheidung der bereits 2013 eingereichte Klage des Carsten S., der einige Jahre später als Helfer der Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) rechtskräftig zu einer Jugendstrafe verurteilt wurde. Er sah in dem Datenaustausch zwischen dem Geheimdienst und der Polizei eine Verletzung seines Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung und legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein.

Datenaustausch nur zulässig bei schweren Strafdelikten

Das BVerfG stimmte mit dem Kläger jedoch nur in Bezug auf die „Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln heimlich erhobener personenbezogener Daten“ zu. Begründet liegt dies in dem informationellen Trennungsprinzip, welches sowohl für die Geheimdienste als auch für die Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden unterschiedliche Aufgabenbereiche vorsieht. Die Geheimdienste sind mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet, allerdings müssen sie sich auf die Beobachtung und Aufklärung beschränken. Das direkte Eingreifen und Vorgehen bei Straftaten ist ausschließlich der Polizei vorbehalten.

Die Weitergabe der von Geheimdiensten gesammelten Daten sind nur bei besonders schweren Straftaten und nur „zum Schutz eines Rechtsguts von herausragendem öffentlichem Interesse zulässig“.

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