Künstliche Intelligenz findet zunehmend Anwendung in verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft. Auch die Polizei nutzt KI basierte Technologien in der Verbrechensbekämpfung. Mittels hochauflösender Kameras gelingt es einem System zur Gesichtserkennung, Bilddaten in Echtzeit mit Datenbanken abzugleichen. Der Einsatz dieser Technologie ist jedoch nicht unumstritten. Kritiker argumentieren, dass es an einer notwendigen Rechtsgrundlage fehlt und die Grundrechte unbeteiligter Passanten verletzt werden könnten.
Der Inhalt im Überblick
Gesichtserkennung in Echtzeit
Wie kürzlich bekannt wurde, hat die Polizei in Brandenburg im Rahmen polizeilicher Amtshilfe zur Bekämpfung von Eigentumskriminalität ein System zur Gesichtserkennung eingesetzt. Dieses aus Sachsen stammende System ermöglicht biometrische Videoüberwachung in Echtzeit.
Doch nicht nur in Brandenburg kommt diese Technik zum Einsatz. Auch in mehreren anderen Bundesländer wird sie bereits eingesetzt.
Technologie und Funktionsweise
Die Systeme nutzen hochauflösende Kameras, die fest installiert oder als mobile Variante in Fahrzeuge eingebaut werden. Unauffällig positioniert erfassen sie vorbeifahrende Autos und Passanten, scannen Kennzeichen und Gesichter und vergleichen diese Daten dann in Echtzeit mit Bilddaten der Polizei, die zuvor aufgrund von Gerichtsbeschlüssen in das System eingepflegt wurden. Ein weiterer automatischer Abgleich mit anderen polizeilichen oder europäischen Informationssystemen solle dabei nicht stattfinden.
Im Gegensatz zur bereits umstrittenen KI-gestützten Videoüberwachung öffentlicher Plätze, die Bewegungen auslesen und Menschen als „Strichmännchen“ darstellen kann, geht es hier nicht nur um eine anonymisierte Auswertung der aufgenommenen Personen.
Kritik an fehlenden Rechtsgrundlagen
Laut einer Sprecherin des brandenburgischen Innenministeriums sei der Einsatz richterlich genehmigt worden.
Kritiker wenden ein, dass es für den Einsatz der biometrischen Videoüberwachung an einer notwendigen Rechtsgrundlage fehle.
Insbesondere die Tatsache, dass die Polizei bei diesem Vorgehen auch biometrische Gesichtsdaten unbeteiligter Passanten mit der Datenbank abgleicht, sorgt für Unmut. Denn bei Observationen mittels dieser Technik werden auch sämtliche Personen im Umkreis von den Systemen erfasst. Wie schon der Anwaltsverein in einer Pressemitteilung zum Einsatz dieser Technik darlegte, hat das Bundesverfassungsgericht in Fällen automatisierter Kennzeichenkontrolle einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung angenommen, wenn das Ergebnis des behördlichen Abgleichs zu einem „Nichttreffer“ führt. Auch bei der nun eingesetzten Technik gelte demnach dieselbe Argumentation. Datenschutzrechtlich wird zudem bemängelt, dass diese betroffenen Personen mangels Identifikation auch nicht über die Verarbeitung informiert werden können.
Zudem gibt es Stimmen die befürchten, dass Menschen mit dieser Technologie eingeschüchtert werden könnten und sie so an der Wahrnehmung ihrer Grundrechte gehindert würden. Als Beispiel wird vorgebracht, dass Personen aus Angst vor dieser Technologie daran gehindert werden an Versammlungen teilzunehmen. Auch darin könnte ein Grundrechtseingriff gesehen werden, sollte sich daraus eine Beschränkung des Rechts aus Art. 8 Grundgesetz entfalten.
Abschließende Bewertung ist fraglich
Die am 1. August in Kraft getretene KI-Verordnung erlaubt künftig nur noch unter bestimmten Umständen den Einsatz biometrischer Echtzeit-Fernidentifizierungssysteme im öffentlich zugänglichen Raum zu Strafverfolgungszwecken. Dazu muss der Einsatz zur Erreichung eines der in Art. 5 Abs. 1 lit. h) KI-VO genannten Ziele unbedingt erforderlich sein. So z.B. zum
„Abwenden einer konkreten, erheblichen und unmittelbaren Gefahr für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit natürlicher Personen oder einer tatsächlichen und bestehenden oder tatsächlichen und vorhersehbaren Gefahr eines Terroranschlags“.
Somit wird klar, dass der Einsatz dieser Technik auch nach dieser Norm nur in Ausnahmefällen zulässig wäre. Solange aber, wie im Fall von Brandenburg, von nicht mehr als Eigentumskriminalität die Rede ist, ist hier ein solcher Eingriff auch nach dieser Norm jedenfalls nicht gerechtfertigt. Da die Behörde hier mit Verweis auf noch laufende Ermittlungen keine näheren Angaben zu dem Fall gemacht hat, bleibt abzuwarten, wie sie den Einsatz letztlich rechtlich begründen.
Hinsichtlich Art. 5 Abs. 1 lit. h) KI-VO gibt es bereits politische Stimmen, die diese Norm auf nationaler Ebene sogar noch strenger regulieren wollen als die europaweite Regelung der KI-Verordnung, da sie hier ein Einfallstor für eine zu weitreichende Videoüberwachung fürchten.