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EU-Urheberrechtsreform: Upload-Filter und Datenschutz

EU-Urheberrechtsreform: Upload-Filter und Datenschutz

Der Widerstand gegen Teile der geplanten EU-Urheberrechtsreform ist dieser Tage groß. Was genau treibt viele Bürger dazu, für einen Stopp der Reform auf die Straße zu gehen und was hat das Ganze eigentlich mit Datenschutz zu tun?

Die Wut der Digital Natives

Kanzlerin Merkel wird sich in den letzten Wochen öfter verwundert die Augen gerieben haben. Denn anscheinend ist nicht für alle Bürger dieses Landes das Internet „Neuland“. Gut zu erkennen an wiederholt stattfindenden, über Land und Kontinent verteilte Demonstrationen gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform. Denn nicht nur ist mittlerweile eine ganze Generation mit dem Internet aufgewachsen, zahlreiche Menschen verdienen auch ihren Lebensunterhalt damit. Und den sehen viele Medien- und Kreativschaffende durch die Reform bedroht.

Hintergrund der Reform

Namentlich verantwortlich für den zivilen Widerstand ist der Entwurf einer „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ (COM/2016/0593 final – 2016/0280 (COD)). Diese ist seinerzeit von der Europäischen Kommission angestoßen worden. Kernanliegen der Richtlinie sollte es demnach sein, große Internet-Plattformen, auf denen nutzergenerierte Inhalte veröffentlicht werden, stärker zu regulieren. Hierdurch soll den Plattformen zum Beispiel die Haftung für Urheberrechtsverstöße auferlegt werden, damit nicht die Nutzer dafür Sorge tragen müssen (Artikel 13 der Richtlinie). Zudem soll durch die Richtlinie ein europäisches Leistungsschutzrecht für verlegerische Leistungen eingeführt werden, welches eine ungewollte Nutzung von Textausschnitten aus Presseartikeln z.B. in Suchmaschinen-Ergebnissen verhindern soll (Artikel 11).

Warum die Aufregung?

Hört sich doch gar nicht so schlecht an, möchte man meinen. Und tatsächlich findet der Richtlinienentwurf auch viel Zustimmung vor allem von Seiten der Verleger- und anderer Berufsverbände aus der Kreativ- und Medienlandschaft. Kritik kommt vor allem von Bürgerrechtsorganisationen, selbständigen Kreativ- und Medienschaffenden sowie auch aus der Politik.

Die Kritik entzündet sich allem voran an Artikel 13 der Richtlinie. Denn diese sieht neben der Tatsache, dass die Plattformen selbst dafür sorgen müssen, dass die Veröffentlichung von Inhalten im Einklang mit den urheberrechtlichen Vorschriften geschieht auch vor, dass die Diensteanbieter

„…beispielsweise wirksame Inhaltserkennungstechniken…“

vorsehen.

Auch wenn es wortwörtlich nicht so genannt wird, läuft genau das auf die so viel gescholtenen Upload-Filter für jegliche von Nutzern hochgeladenen Inhalten hinaus. Denn anders ist momentan eine umfassende Sicherstellung der Wahrung von Urheberrechten nicht möglich. Die Diensteanbieter sind angehalten, jeglichen Inhalt auf das Vorliegen einer Lizenz zu überprüfen. Nicht nur, dass nach Meinung vieler Kritiker eigentlich vorliegende Probleme des Urheberrechts durch die Reform ungelöst bleiben. Es kommen also auch noch weitere hinzu.

Beschränkung der Meinungsfreiheit?

Die Gefahr, welche die Kritiker hier sehen, liegt in einer drohenden Beschränkung von Inhalten. Denn bisher ist eine fehlerfreie Anwendung von solchen Upload-Filtern nicht wirklich möglich. So ist es den bisher entwickelten Programmen zum Beispiel nicht möglich, eine Parodie zu erkennen oder die Programme schlagen schon an, wenn auf Videos von Demonstrationen urheberrechtlich geschützte Musik im Hintergrund läuft.

Gefahr für den Datenschutz

Eine weitere große Gefahr besteht in weiteren ausufernden Datensammlungen der großen Internet-Konzerne. Denn die Google-Tochter Youtube hat bereits seit Jahren Upload-Filter in Form der Content-ID im Einsatz. Hier haben sich in den Jahren die Bedenken bestätigt, dass ein Einsatz dieser Technik nicht fehlerfrei möglich ist.

Die Entwicklung einer funktionierenden Software, die Unmengen an hochgeladenen Daten jeden Tag mit Lizenzdatenbanken abgleichen und Urheberrechtsverletzungen erkennen kann, kostet eben auch Unmengen an Ressourcen, zeitlicher und finanzieller Art. Diese Ressourcen mögen die großen Internet-Anbieter haben, kleine Start-Ups oder Benutzer-Foren haben sie mit Sicherheit nicht. Das hat zur Folge, dass die kleinen Anbieter gezwungen sind die erforderliche Technik von den Internetgiganten zu kaufen.

Im Ergebnis besteht für die Anbieter dieser Techniken die Möglichkeit, die Uploads einer nicht mehr überschaubaren Anzahl von Internet-Nutzern mit den eigenen zentralen Lizenzdatenbanken abzugleichen. Hierdurch entsteht eine riesige Datensammlung über die geposteten Inhalte der Nutzer an zentraler Stelle. Dementsprechend hängt auch die finale Entscheidung, ob etwas gepostet oder aus vermeintlichen Lizenzgründen herausgefiltert wird, von einigen wenigen großen Anbietern ab.

Datenoligopol

Kleinere Portale stehen unter Umständen vor einem Dilemma. Sie müssen entweder teure Lizenzen einkaufen, was bei der Menge und schwierig nachzuverfolgenden Urhebern unmöglich erscheint. Die Alternative wäre das Erstehen einer teuren Software wie Content-ID. Kleine Anbieter werden dabei vor erhebliche finanzielle Probleme gestellt und im schlimmsten Fall aus dem Wettbewerb gedrängt.

Diese Gefahr eines Datenoligopols sieht auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Herr Kelber.

Auch ist denkbar, dass die großen Anbieter wie Google ihren „Filter-Service“ kostenlos im Austausch gegen Daten der Nutzer anbieten. Gestützt könnte diese Datenerhebung dann u.U. auf Art. 6 Abs. 1 lit. c) DSGVO zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung. Vergleichbare Geschäftsmodelle Service gegen Daten sind bereits hinlänglich bekannt. Im Ergebnis ändert die Art und Weise des Vorgehens nichts. Die Daten landen umfassend alle an zentraler Stelle bei den Internet-Konzernen.

Wird die Reform noch gestoppt?

Nachdem für den 23. März europaweite Proteste gegen die Reform angekündigt worden sind, hatte die EVP-Fraktion im Europaparlament zunächst versucht, die Abstimmung über die Richtlinie vorzuziehen. Davon wurde wieder Abstand genommen und die Abstimmung findet nun Ende März statt.

Auch aus der Politik, vor allem von der CDU bzw. EVP, die man durchaus als Initiatoren der Richtlinie bezeichnen darf, kamen zuletzt Änderungsvorschläge und Rufe nach nationalen Alleingängen. Ob diese den Kritikern weit genug gehen, ist eher zu bezweifeln.

Entschieden wird im Europaparlament. Dort wird sich zeigen, ob und wer gewillt ist die Reform doch noch zu stoppen. Die Vorgänge verdeutlichen aber, wieso die am 26. Mai anstehende Wahl zum Europäischen Parlament in Deutschland unbedingt ernst genommen werden sollte. Die Wahlbeteiligung der letzten Jahre (2014: 48,1 %) ließ stark zu wünschen übrig.

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