Nicht umsonst ist das Auskunftsrecht ein regelmäßiges Thema vor Gericht. Vielfach streiten die Parteien nicht nur um den Umfang dieses Anspruchs, sondern generell um die Erfüllung des Rechts aus Art. 15 DSGVO. Nun entschied das Landgericht München mit Urteil vom 02.09.2021 – Az.: 23 O 10931/20 – dass die Auskunftspflicht des Verantwortlichen bereits durch die Bereitstellung von online abrufbaren Informationen erfüllt werden kann.
Der Inhalt im Überblick
Was war passiert?
Die Beklagte betreibt ein soziales Netzwerk und eine Online Plattform. Unter Verwendung seiner Kanzlei-E-Mail-Adresse legte der Kläger in diesem Netzwerk ein Kundenkonto an. Wegen eines angeblichen Datenschutzvorfalls, von dem nach Angaben des Klägers auch seine E-Mail-Adresse betroffen gewesen sei, machte der Kläger im Juli 2020 neben dem Anspruch auf Auskunft gemäß
Art. 15 DSGVO auch einen Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens in Höhe von 4500 EUR gemäß Art. 82 DSGVO geltend. Im Rahmen dieses Schreibens benannte der Kläger jedoch nicht nur eine andere E-Mail-Adresse, die angeblich von dem Datenschutzvorfall betroffen sei, sondern auch eine andere Webseite, die nicht von der Beklagten betrieben wird.
Mit dem Hinweis, dass die vom Kläger benannte Webseite nicht der Beklagten gehöre, teilte die Beklagte dem Kläger zugleich mit, wie und über welche URL-Links er in seinem Nutzerkonto unter „Einstellungen & Datenschutz“ eine vollständige Kopie, der über ihn innerhalb seines Nutzerkontos gespeicherten Daten einsehen und herunterladen könne.
Der Kläger ist der Ansicht, dass seine Anfrage auf Auskunft von der Beklagten bis heute nicht beantwortet worden sei. Die Einsicht der Daten sei aufgrund einer „Page not found“-Fehlermeldung bei Aufruf der übersandten URL-Links nicht möglich gewesen.
Der Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO
Gemäß Art. 15 DSGVO haben betroffene Personen das Recht von einem verantwortlichen Unternehmen Auskunft über die dort gespeicherten Daten zu verlangen. Bei dem Auskunftsrecht handelt es sich um ein abgestuftes Recht, das von der betroffenen Person jedoch auch mittels einer Anfrage geltend gemacht werden kann. Im Rahmen der ersten Stufe geht es um das Recht, Auskunft darüber zu verlangen, ob der Verantwortliche Daten der betroffenen Person verarbeitet.
Ist dies der Fall, kann die betroffene Person in einem zweiten Schritt Auskunft darüber verlangen, welche personenbezogenen Daten vom Verantwortlichen verarbeitet werden. Gemäß Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO hat der Verantwortliche der betroffenen Person grundsätzlich eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen.
In Erwägungsgrund 63 heißt es zudem:
„Nach Möglichkeit sollte der Verantwortliche den Fernzugang zu einem sicheren System bereitstellen können, der der betroffenen Person direkten Zugang zu ihren personenbezogenen Daten ermöglichen würde.“
Der Auskunftsanspruch der betroffenen Person ist nach Art. 12 Abs. 3 DSGVO innerhalb von einem 1 Monat zu erfüllen und ist als Bringschuld ausgestaltet.
Was hat das Landgericht München entschieden?
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens gemäß Art. 82 DSGVO zu. Nach Ansicht des Landgerichts München hat der Kläger weder einen Verstoß gegen die DSGVO nachvollziehbar dargelegt noch einen ersatzfähigen Schaden.
Bereitstellung der URL-Links ist ausreichend
Bei der elektronischen Bereitstellung der personenbezogenen Daten handelt es sich um ein marktübliches und zertifiziertes Auskunftssystem, insbesondere ist die Bereitstellung aus dem Account heraus von der DSGVO ausdrücklich zugelassen, vgl. Erwägungsgrund 63 der DSGVO. Indem die Beklagte dem Kläger die ständig verfügbaren URL-Links zur Verfügung stellte, erteilte sie dem Kläger demnach die geforderte Auskunft nach Art. 15 DSGVO.
Nach Ansicht des Gerichts treffen die Ausführungen des Klägers, dass die übersandten URL-Links nicht funktionieren würden, nicht zu. Darüber hinaus sei auch bereits die Auskunftsanfrage des Klägers irreführend gewesen. Zum einen hatte der Kläger mit seiner Anfrage vom Juli 2020 Auskunft betreffend einer anderen E-Mail-Adresse angefragt und zudem noch zu einer anderen Webseite, die nicht von der Beklagten betrieben wird. Dennoch sei die Beklagte mit Bereitstellung der Links dem Auskunftsanspruch des Klägers nachgekommen und habe die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.
Art. 82 DSGVO verlangt die Darlegung eines ersatzfähigen Schadens
Grundsätzlich kann nach Art. 82 DSGVO auch ein durch einen Verstoß gegen die Verordnung entstandener immaterieller Schaden ersetzt werden. Der Kläger hat vorliegend jedoch nicht ausreichend vorgetragen, dass aufgrund des Datenschutzvorfalls vertrauliche Mandantendaten abgegriffen worden sein könnten. Der vorgetragene Schaden beschränkte sich im Übrigen auf den Verlust der Kontrolle über seine Daten. Dies genügt jedoch nicht, um einen messbaren, immateriellen Schaden feststellen zu können.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil des Landgerichts München reiht sich ein in eine Vielzahl von Entscheidungen zum Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO. Dieses Mal hat das Gericht bzgl. des wohl praxisrelevantesten Betroffenenrechts zugunsten des Verantwortlichen entschieden. Insbesondere verdeutlicht das Urteil des LG München, wie wichtig es ist, die Erwägungsgründe im Rahmen datenschutzrechtlicher Entscheidungen mit einzubeziehen.