Tags sind Geräte zur Ortung verlorener Gegenstände. Sie können aber auch zur Ortung von Personen eingesetzt werden. So nützlich dies sein mag, erleichtern AirTags damit auch die heimliche Ortung durch Dritte. Dieser Beitrag untersucht am Beispiel der AirTags von Apple, ob die heimliche Ortung von Personen im privaten Umfeld datenschutzwidrig und strafrechtlich relevant ist.
Der Inhalt im Überblick
Wie funktionieren AirTags?
Apple AirTags sind Geräte, die über Bluetooth geortet werden können. Ihr Signal wird über andere in der Nähe befindliche Apple-Geräte an das mit dem AirTag verbundene Endgerät gesendet. Je nach Entfernung des verlorenen Geräts können auch auditive oder visuelle Signale abgegeben werden. Auf diesem wird der Standort des Tags angezeigt werden. Auch kann der Standort mit anderen Geräten geteilt werden. Die Kommunikation soll durch Public-Key-Verschlüsselung für Dritte anonym erfolgen.
So nützlich die AirTags von Apple sind können Sie jedoch auch missbräuchlich verwendet werden. So werfen USA-Betroffene Apple in einer Sammelklage vor, dass die Tags Nachstellern nützlich seien. Zwar hat Apple im Zuge der Kritik Funktionen integriert, durch die Betroffene vor in der Nähe befindlichen Airtags gewarnt und solche aufgespürt werden können, ein Grundrisiko bleibt dennoch.
Anlässlich der US-Klage berieten im Jahr 2023 auch die Justizminister von Bund und Ländern, ob es gesetzlicher Nachschärfungen in Deutschland bedarf. Aber wie beschützt sind Betroffene denn nun?
Privates Tracking unter der DSGVO und dem BDSG
Aus Datenschutzsicht kommt ein Schutz Betroffener über die DSGVO und das BDSG in Betracht.
Ob die DSGVO anwendbar ist, hängt davon ab, ob die Ortung durch Tags ausschließlich familiären oder persönlichen Zwecken dient (Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO). Das dürfte jedenfalls bei den kritischen Fällen zutreffen, bei denen nach außen hin heimlich der Standort der gesuchten Person ermittelt werden soll. Sofern man diesen eher privaten Zweck betont, könnte die DSGVO insofern nicht anwendbar sein.
Wie wir schon andernorts berichtet haben, ist dieses Ergebnis aber nicht in Stein gemeißelt. So verhängte das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) 2023 ein Bußgeld für AirTag-Tracking. Der Betroffene soll den AirTag an den PKW angebracht haben, um die geliebte Person zu tracken. Hierin sah das BayLDA unter Abkehr von seiner vorherigen Meinung, die DSGVO sei unanwendbar, einen Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung (Art. 5 Abs. 1 lit. c) DSGVO) sowie eine Erhebung der PKW-Standortdaten ohne Erlaubnis (Art. 6 DSGVO).
Neben dem Bauchgefühl mag für das BayLDA auch der Umstand ausschlaggebend gewesen sein, dass die Ortung nicht im privaten, sondern öffentlichen Raum stattfand. Analog dazu hat auch das AG Hamburg im Zusammenhang mit Fotos die Auffassung vertreten, dass dann die DSGVO anwendbar sei. Ähnliche Verfahren sind beim Landesbeauftragten für den Datenschutz in Niedersachen anhängig.
Letztlich wird es methodisch darauf ankommen, ob stärker auf den subjektiven Zweck der Datenerhebung oder auf den räumlichen Kontext abgestellt wird. Beides sind methodisch valide Wege.
Folgt man der Ansicht des BayLDA können Betroffene dann nach Art. 82 f. DSGVO vorgehen. Folgt man ihr nicht, ist die DSGVO nicht anwendbar und es besteht kein Rechtsschutz unter der DSGVO.
Privates Tracking als Straftat nach dem BDSG?
Nach § 42 Abs. 1 BDSG macht sich zusammengefasst strafbar wer, ohne dazu berechtigt zu sein, gewerbsmäßig nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten einer großen Anzahl von Personen Dritten übermittelt oder sonst zugänglich macht (§ 42 Abs. 1 BDSG). Wie schon unter der DSGVO wird es in den meisten Fällen am gewerbsmäßigen Handeln des Ortenden fehlen.
Ebenso wird bestraft, wer personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, in der Absicht verarbeitet, einem anderen einen Nachteil zuzufügen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 BDSG). Allgemein zugänglich sind Daten, wenn der Zugang keinen rechtlichen Schranken unterliegt. Eine Schranke könnte hier das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sein. Dieses schützt vor der ungewollten Erhebung von Informationen, wie Daten über den Standort. Indes fallen rein familiäre oder persönliche Tätigkeiten nicht unter das BDSG (§ 1 Abs. 1 S. 2 BDSG), sodass bei privaten Tracking kein Schutz bestehen könnte. Hier greifen dieselben Gedanken, wie oben zu Art. 2 Abs. 2 lit. c) DSGVO. Folgt man auch hier dem BayLDA kommt bei Bejahung der sonstigen Merkmale eine Strafe nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 BDSG in Betracht.
Schutz vor AirTags durch das StGB?
§ 238 StGB stellt das unbefugte Nachstellen unter Strafe, wenn es geeignet ist, das Leben der Betroffenen erheblich zu beeinträchtigen. Dazu zählt die Norm in acht Ziffern abschließend auf, was unter Nachstellung zu verstehen ist. Tenor aller Ziffern ist, dass der Täter durch wiederholte Kontaktaufnahme das Leben der Betroffenen unmittelbar oder mittelbar negativ beeinflusst. Die Ortung zum Zwecke des Nachstellens mittels AirTags dürfte allerdings zu weit im Vorfeld liegen und daher als solche nicht erfasst sein. Auch der Versuch der Kontaktaufnahme ist mangels gesetzlicher Anordnung nicht strafbar (§ 23 Abs. 1 2. Alt. StGB). Insoweit ist die Nutzung von AirTags nicht kriminell.
Tracking als strafbewehrter Eingriff in die Privatsphäre?
Im 15. Abschnitt des StGB werden zum Schutz der Privatsphäre das heimliche Anfertigen von Aufnahmen teils unter Strafe gestellt. Besonders gilt das für das unbefugte Aufnehmen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (§ 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB) und das unbefugte Herstellen von Bildaufnahmen von Personen in ihrer räumlichen Privatsphäre (§ 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB).AirTags verfügen jedoch über keine Funktionen um Aufnahmen zu machen. Hieran scheitert die Strafbarkeit nach diesen Normen. Aus demselben Grund scheitert auch die Verfolgung wegen Missbrauchs von Telekommunikationsanlagen (§ 8 Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz – TDDDG)
Tracking durch AirTags als Hacking?
Als Teil des Computerstrafrechts stellt § 202a Abs. 1 StGB das Verschaffen von gegen unbefugten Zugriff gesicherten Daten unter Strafe. Ebenso ist das Abfangen gesicherter Daten im Transit strafbar (§ 202b Abs. 1 StGB). Es genügt unter beiden Normen, wenn der Zugriff auf die Daten durch technische Sicherungen für unbefugte Dritte wesentlich erschwert wird. Die Erhebung von Standortdaten durch AirTags dürfte aber nicht erfasst sein. Es fehlt an der technischer Sicherung gegen unbefugten Zugriff.
Tracking durch AirTags – Lücke oder nicht?
Das Tracking von Personen zu privaten Zwecken wird somit vom geltenden Datenschutz- und Strafrecht kaum erfasst, was im Hinblick auf den Schutz vor Belästigung und den Schutz der Privatsphäre kritisch zu sehen ist. Dort, wo Tracking durch AirTags mittels der DSGVO erfasst wird, muss der Einzelne Rechtsschutz suchen, was faktisch und rechtlich nicht stets leicht ist. Die Justizministerinnen und Justizminister des Bundes und der Länder haben sich in Anerkennung der strafrechtlichen Lücken bzw. Unklarheiten auf ihrer Konferenz 2023 für eine Reform des Strafrechts ausgesprochen, ob und in welcher Form diese kommt, bleibt abzuwarten. Hoffen wir, dass sie sich nicht im politischen Klein-Klein verliert.
Es gibt verschiedene technische Geräte zum Tracken: die hier beschriebene AirTags von Apple, aber mit vergleichbarer Technologie von anderen Anbietern. Weiterhin gibt es Tracker, die per GPS den Standort erfassen und diesen per Mobilfunktechnik übermitteln.
Alle diese Techniken werden gerne von einem Eigentümer genutzt, um sein (wertvolles) Fahrrad im Falle eines Diebstahles orten zu können. Wie sieht dann die Rechtsgrundlage aus?
Regelmäßig ist – unterstellt die DSGVO ist anwendbar – die Rechtsgrundlage zum Tracking von Privateigentum Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO.
Das gilt unabhängig davon, welche Technik das jeweilige Gerät zur Ortung nutzt. Insoweit verfolgt die DSGVO einen weitgehend technikneutralen Ansatz.
Wenn man aber von einem fremden Airtag „begleitet“ wird, so warnt das eigene Handy davor und zeigt eine Meldung, dass ein ihm unbekannter Airtag in Deiner Umgebung ist. Passiert meistens, wenn man beispielsweise eine Fahrgemeinschaft bildet und die Mitfahrer dann quasi „fremde“ Airtags bei sich führen, in meiner unmittelbaren Nähe. Also Airtags würde ich für den geschilderten Fall nicht einsetzen. ;-)