VG Berlin zu besonderen Arten personenbezogener Daten

Urteil

In der vergangenen Woche entschied das Verwaltungsgericht Berlin im Eilverfahren, dass der Betreiber eines Online-Vermietungsportals die Daten einiger Mitglieder an das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg herausgeben muss. Eine Zweckentfremdung der zur Kurzmiete angebotenen Wohnungen stand im Raum. Der Betreiber wollte die Daten nicht herausgeben, weil es sich um besondere personenbezogene Daten handele.

Weshalb verlangte das Bezirksamt die Herausgabe der Daten?

In Berlin herrscht Wohnungsmangel. Ein Zweckentfremdungsverbot soll in Innenstadtlagen sicherstellen, dass Wohnungen nicht illegal als Ferienwohnungen genutzt werden. Da Ferienwohnungen oftmals im Internet ohne genaue Angabe der Adresse inseriert werden, erlaubt das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz dem zuständigen Bezirksamt in Verdachtsfällen Auskünfte über Vermieter bei Webseitenbetreibern einzuholen.

Warum besondere personenbezogene Daten?

Als besonders schützenswert stufte der Betreiber des Online-Portals die Daten ein, weil sich das Angebot ausdrücklich an Homosexuelle richtet. Damit würden Daten zur sexuellen Orientierung der Betroffenen übermittelt werden.

Angaben zum Sexualleben zählen wie auch Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit und Gesundheit zu den besonderen Arten personenbezogener Daten. Die Erhebung und Verarbeitung solcher Daten unterliegt besonders strengen Regelungen.

Was hat das Gericht entschieden?

Das VG Berlin hat die Einordnung als Daten zum Sexualleben verneint, weil die Vermietung von Wohnungen über das Portal keinen zwingenden Schluss auf die Homosexualität der Vermieter zulasse.

Folgerichtig stufte das Gericht die auf § 5 Zweckentfremdungsverbot-Gesetz gestützte Datenerhebung als rechtmäßig ein.

Unsicherheit im Umgang mit besonderen Arten personenbezogener Daten

Der Fall zeigt, dass schon die Zuordnung von Daten zu den besonderen Arten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG zu Unsicherheiten führt. Macht die Differenzierung zwischen personenbezogenen Daten (schützenswert) und besonderen Arten personenbezogener Daten (besonders schützenswert) überhaupt Sinn, wenn schon die Grenzen der Zuordnung nicht klar sind?

Nicht nur die Einordnung der Daten macht Probleme. In der Literatur wird die Aufzählung in § 3 Abs. 9 BDSG schon mal als „willkürlich, antiquiert und unvollständig“ bezeichnet (Simitis: BDSG, § 3, Rn. 258). Sollte man Ihrer Meinung nach deshalb dazu übergehen, die Kategorien abzuschaffen und die Zulässigkeit der Verarbeitung an einer Abwägung der Interessen der Betroffenen und der verarbeitenden Stelle festmachen? Dann würde zumindest die Streitfrage über die Einordnung der Daten entfallen.

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2 Kommentare zu diesem Beitrag

  1. Es ist zwar zutreffend, dass es grundsätzlich kein belangloses Datum geben kann, weil es primär auf den Verwendungszusammenhang ankommt (siehe Volkszählungsurteil). Bei den im Gesetz genannten „besonderen Arten personenbezogerner Daten“ wird allerdings berücksichtigt, dass diese mit einem erhöhten Diskriminierungsrisiko verbunden bzw. besonders sensibel sind. Durch die Hervorhebung wird erreicht, dass in diesen Fällen eine besonders gründliche Prüfung der Zulässigkeit der Verarbeitung erfolgt, was m. E. zu begrüßen ist. Es bleibt aber die Frage nach der Vollständigkeit der Aufzählung im Gesetz bzw. warum diese Aufzählung abschließend sein soll. Wäre es letztlich nicht sinnvoll diese Sensitivitätsliste noch weiter zu ergänzen?

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