Die USA sind bekannt als das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Unbegrenzt ist offenbar auch die Haftung für Urheberrechtsverstöße. Eine Frau aus dem Bundesstaat Minnesota wurde von einem US-Gericht verurteilt, für 24 Musikstücke, die sie widerrechtlich über ein File-Sharing-Netzwerk erlangt hatte, 220.000 Dollar Schadensersatz zu zahlen.
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Rekord-Schadensersatz liegt bei 675.000 $
Wie die britische Zeitung „The Guardian“ meldete, wurde das Urteil am vergangenen Dienstag erlassen. Klägerin war die Recording Industry Association of America (RIAA), der Verband der Musikindustrie in den USA, der unter anderem für die Rechte der vier größten Plattenlabels eintritt. Die RIAA lieferte sich mit der Beklagten Jammie Thomas-Rasset seit 2006 einen erbitterten Rechtsstreit. Ursprünglich wurde ihr vorgeworfen, 1.700 Musikdateien illegal heruntergeladen und über das File-Sharing-Netzwerk KaZaA zum Abruf bereitgestellt zu haben. Aus Gründen der Prozessökonomie hatte die RIAA ihre Klage auf 24 Verstöße gegen das Urheberrecht beschränkt.
Mitte des vergangenen Jahrzehnts hatte die RIAA Prozesse gegen 18.000 Einzelpersonen angestrengt. Die meisten Klagen endeten mit einem Vergleich oder wurden abgewiesen. Der prominenteste Fall war die Klage gegen Joel Tenenbaum, der als sechzehnjähriger über dasselbe File-Sharing-Netzwerk 30 Musikstücke verbreitete hatte und im Jahr 2009 zu 675.000 Dollar Schadensersatz verurteilt wurde. Ende August bestätigte ein US-Bundesgericht das Urteil. Bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Urheberrecht können US-Gerichte sogar auf Schadensersatz in Millionenhöhe erkennen.
Fortschrittliche Methoden in den USA?
Die Prozesse gegen Tenenbaum und Thomas-Rasset sind zwar im Sinne der RIAA entschieden worden, doch es waren letzten Endes Pyrrhussiege. Das Echo in der amerikanischen Presse war verheerend und der Ruf der Plattenindustrie hat in der amerikanischen Öffentlichkeit stark gelitten. Die Musik-Piraterie ließ sich auf diese Weise nicht eindämmen.
Daher verfolgt die RIAA seit 2008 andere Strategien, insbesondere in Zusammenarbeit mit Service Providern. Die großen amerikanischen Interprovider (ISPs) wie Comcast, Cablevision, Verizon und Time Warner Cable haben sich mit der Recording Industry Association of America (RIAA) und der Motion Picture Association of America (MPAA) auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Die Provider weisen ihre Kunden zunächst höflich auf mögliche Urheberrechtsverletzungen hin und sperren im Wiederholungsfall den Zugang zum Internet. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass sämtliche Downloads gefiltert werden, um Dateien aus illegalen Quellen auszumachen. Diese Praxis verstößt gegen elementare Grundsätze des Datenschutzes wie wir bereits ausgeführt haben.
Auch das Vorgehen gegen die File-Storing Website Megaupload gehört zu dieser neuen Strategie.
Mittelalterliche Methoden in Deutschland?
Der Pranger oder Schandpfahl war im Mittelalter ein Strafwerkzeug in Form einer Säule, eines Holzpfostens oder einer Plattform, an denen ein Bestrafter gefesselt und öffentlich vorgeführt wurde. Öffentlich vorführen wollte die Kanzlei U + C Rechtsanwälte ihre Prozessgegner, indem sie deren Namen im Internet bekannt macht. Zu den Mandanten der Kanzlei gehören vorwiegend Unternehmen aus der Erotik-Branche, weshalb naheliegt, dass die Prozessgegner – zu Recht oder zu Unrecht – wegen Downloads von Pornofilmen abgemahnt wurden.
Wie wir berichtet haben, stieß das Vorhaben auf erhebliche Kritik – mittlerweile auch von der bayerischen Justizministerin Beate Merk und dem Deutschen Anwaltverein – und wurde vom bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht untersagt. Die Kanzlei U + C wollte Klage gegen das Verbot erheben, allerdings ist es bislang bei der Ankündigung geblieben.
Die Erotik-Branche muss offenbar nicht so auf ihren Ruf bedacht sein wie etwa die Musikindustrie. Die gesamte Urheberrechts-Industrie wäre allerdings gut beraten, sich von den Auswüchsen im deutschen Abmahnwesen zu distanzieren.