Zum Inhalt springen Zur Navigation springen
Behördliche Anordnung einer Kamerademontage ist rechtswidrig

Behördliche Anordnung einer Kamerademontage ist rechtswidrig

Im Rahmen einer Klage musste sich das Verwaltungsgericht Mainz in seinem Urteil vom 24.09.2020- Az.: 1 K 584/19 MZ unter anderem damit befassen, ob auf Grundlage von Art. 58 Absatz 2 Buchstabe f DSGVO die Demontage einer Verarbeitungsanlage angeordnet werden kann oder nicht.

Zum Sachverhalt

Der Eigentümer eines Grundstücks hatte mehrere Videokameras zum Schutz seiner Reklametafel aufgestellt (Wert: 200.000 Euro). Auf dem Grundstück befindet sich ein Einkaufszentrum sowie ein Parkplatz. Die Kameras sind so installiert, dass sie den Parkplatz, das anliegende Einkaufszentrum und den Einmündungsbereich der anliegenden Straße aufnehmen. Der Kläger hat ausgeführt, die Videokameras angebracht zu haben, um sein Eigentum an der Reklametafel zu schützen sowie Straftaten zu verhindern und bei Bedarf verfolgen zu können. In der Vergangenheit sei es auf dem beschriebenen Grundstück immer wieder zu Straftaten gekommen. Die Videoaufzeichnung erfolgt ständig und das Videomaterial wird nach 48 Stunden gelöscht.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (im Folgenden, der Beklagte), hat die jeweiligen Videoaufzeichnungen aufgrund der Kameraausrichtung als DSGVO-Verletzung angesehen und untersagte in der Folge somit den Betrieb der Kameras in der jeweils bestehenden Ausrichtung. Zudem ordnete er für eine der installierten Kameras, dessen Abbau und die Erbringung einer Nachweispflicht für die Demontage an.

Der Kläger hat gegen den Bescheid Klage erhoben. Die in dem Bescheid angeordneten Maßnahmen seien rechtswidrig und verletzen ihn, in seinen Rechten.

Im Folgenden konzentrieren wir uns auf die Anordnung der Aufsichtsbehörde, eine der streitgegenständlichen Kameras abzubauen und der damit einhergehenden Anordnung einen Nachweis für den Kameraabbau zu erbringen.

Konkret hatte der Beklagte den Kläger in seinem Bescheid unter anderem aufgefordert, eine der Kameras abzubauen und einen entsprechenden Nachweis für den Abbau darzulegen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass eine Abschaltung der Kamera nicht genüge, da dadurch eine faktische Attrappe generiert werden würde. Dies hätte einen unzulässigen Überwachungsdruck auf Dritte zur Folge.

Die Entscheidungsgründe

Die Ermächtigungsgrundlage für die Verwarnung ist Art.58 Absatz 2 Buchstabe b DSGVO. Demnach verfügt die Aufsichtsbehörde über sämtliche Abhilfebefugnisse, die es ihr gestatten, einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter zu warnen, dass beabsichtigte Verarbeitungsvorgänge voraussichtlich gegen die DSGVO verstoßen.

Im vorliegenden Fall ist die Datenverarbeitung durch die installierten Videokameras, insbesondere durch deren Ausrichtung nicht rechtmäßig. Die Videoüberwachung verstößt gegen die Datenschutz-Grundverordnung, da sie nicht nach Art.6 DSGVO gerechtfertigt ist. Somit ist der Bescheid der Beklagten hinsichtlich der Verwarnung rechtmäßig. Bezüglich weiterer Ausführung zur Rechtswidrigkeit der Videoaufzeichnungen im konkreten Fall, wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Hingegen sieht das Gericht aber in der DSGVO keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage, um den Abbau der Kamera durch die Aufsichtsbehörde anzuordnen. Die Behörde sei vielmehr nur berechtigt, die weitere Datenverarbeitung zu untersagen.

Anordnung zur Demontage der Videokamera

Die in dem Bescheid enthaltene Verfügung, die Kamera abzubauen sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten.

Als Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung des Kameraabbaus wurde Art. 58 Absatz 2 Buchstabe f DSGVO in Betracht gezogen. Nach dieser Norm verfügt eine Aufsichtsbehörde die Befugnis, eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung einschließlich eines Verbots zu verhängen. Hiermit stellt sich die Frage, ob diese Norm der Aufsichtsbehörde gestattet, den Abbau der streitgegenständlichen Kamera anzuordnen.

„Auf Grundlage von Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DSGVO kann die Demontage der Verarbeitungsanlage (z.B. Kamera) nicht angeordnet werden.“

Nach Auffassung des Gerichts umfasst diese Rechtsgrundlage in keiner Weise die Demontage der streitgegenständlichen Videokamera. Diesbezüglich hat das VG Mainz Folgendes ausgeführt:

„Von dieser Rechtsgrundlage ist jedoch die Anordnung der Demontage der Verarbeitungsanlage nicht mitumfasst. Das Verbot der Datenverarbeitung bezieht sich auf eine bestimmte Handlung, nicht aber das Vorhandensein einer – ausgeschalteten – Datenverarbeitungsanlage.“

„Zwar ist es für die Kammer nachvollziehbar, dass der Beklagte ohne einen Abbau von Kamera 1 nur in beschränktem Maße überprüfen kann, ob die Kamera tatsächlich ausgeschaltet ist, und dadurch Schwierigkeiten für eine effektive Rechtsdurchsetzung entstehen können. Insofern ist es jedoch Aufgabe des (deutschen) Gesetzgebers, die Aufsichtsbehörde gemäß Art. 58 Abs. 6 Satz 1 DSGVO durch Rechtsvorschriften mit zusätzlichen Befugnissen auszustatten.“

Der Anwendungsbereich der DSGVO ist nicht eröffnet

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass ausgeschaltete Videokameras keine Daten verarbeiten. Somit ist der Anwendungsbereich der DSGVO überhaupt nicht eröffnet. Das VG Mainz verweist Dritte, die sich durch die Attrappe einem Überwachungsdruck ausgesetzt fühlen, zur Wahrung ihres Persönlichkeitsrechts, dem Zivilrechtsweg.

Anordnung einer Nachweiserbringung über die Demontage der Kamera

Aus der rechtswidrigen Anordnung die Kamera abzubauen, folgt im Umkehrschluss auch die Rechtswidrigkeit der Anordnung einen Nachweis über die Demontage der Kamera zu erbringen. Die Ermächtigungsgrundlage für diese Anweisung ist Art.58 Absatz 1 Buchstabe a DSGVO. Demnach verfügt jede Aufsichtsbehörde über sämtliche folgenden Untersuchungsbefugnisse, die es ihr gestatten, den Verantwortlichen, den Auftragsverarbeiter und gegebenenfalls den Vertreter des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters anzuweisen, alle Informationen bereitzustellen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind.

Da wie bereits erläutert die Abbauverfügung rechtswidrig ist, folgt daraus auch die Rechtswidrigkeit der Anordnung einen Nachweis über den Abbau zu erbringen.

Konsequenz der Entscheidung

Das Urteil sorgt für Rechtsklarheit dahingehend, welche Anordnungsbefugnis die jeweilige Behörde hat und welche nicht. Beruhigend ist, dass teuer erstandene Kameras nach Auffassung des Gerichts nicht ohne weiteres abgebaut werden müssen.

Informieren Sie sich über unsere praxisnahen Webinare
  • »Microsoft 365 sicher gestalten«
  • »Informationspflichten nach DSGVO«
  • »Auftragsverarbeitung in der Praxis«
  • »DSGVO-konformes Löschen«
  • »IT-Notfall Ransomware«
  • »Bewerber- und Beschäftigtendatenschutz«
Webinare entdecken
Mit dem Code „Webinar2024B“ erhalten Sie 10% Rabatt, gültig bis zum 30.06.2024.
Beitrag kommentieren
Fehler entdeckt oder Themenvorschlag? Kontaktieren Sie uns anonym hier.
  • Link funktioniert nicht: Der Link in dem Satz: „Bezüglich weiterer Ausführung zur Rechtswidrigkeit der Videoaufzeichnungen im konkreten Fall, wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.“ funktioniert leider nicht. [Link gelöscht] und die Seite zeigt folgender Fehlermeldung: „Leider kann die angeforderte Ausgabe nicht durchgeführt werden, da Ihre letzte Sitzung bereits beendet wurde. Zur Ausgabe des gewünschten Dokumentes muss die Recherche erneut durchgeführt werden.“

Die von Ihnen verfassten Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern erst nach Prüfung und Freigabe durch unseren Administrator. Bitte beachten Sie auch unsere Nutzungsbedingungen und unsere Datenschutzerklärung.