Wegen Datenschutzverstößen soll der Elektronikhändler notebooksbilliger ein Bußgeld in zweistelliger Millionenhöhe zahlen. Was vorgefallen ist und wie sich notebooksbilliger dazu äußert lesen Sie hier.
Der Inhalt im Überblick
Was ist passiert?
notebooksbilliger hatte über mindestens zwei Jahre seine Beschäftigten per Video überwacht, ohne dass dafür eine Rechtsgrundlage vorlag. Die unzulässigen Kameras erfassten unter anderem Arbeitsplätze, Verkaufsräume, Lager und Aufenthaltsbereiche. Die Videoüberwachung war dabei weder auf einen bestimmten Zeitraum noch auf konkrete Beschäftigte beschränkt. Auch Kundinnen und Kunden waren von der unzulässigen Videoüberwachung betroffen, da einige Kameras auf Sitzgelegenheiten im Verkaufsraum gerichtet waren. In diesem Bereich haben die Betroffenen hohe schutzwürdige Interessen, da sie sich dort typischerweise länger aufhalten. Die Aufzeichnungen wurden in vielen Fällen 60 Tage gespeichert und damit deutlich länger als erforderlich.
Generalverdacht nicht ausreichend
Ziel der installierten Videokameras war es, laut dem Unternehmen, Straftaten zu verhindern und aufzuklären sowie den Warenfluss in den Lagern nachzuverfolgen. Die Überwachung von Warenflüssen mittels Kameras gehört, nach Ansicht von notebooksbilliger, bei Versand- und Logistikunternehmen seit Jahrzehnten zum Standard. Diese Auffassung teilte die Landesdatenschutzbeauftrage von Niedersachsen Barbara Thiel nicht.
„Wir haben es hier mit einem schwerwiegenden Fall der Videoüberwachung im Betrieb zu tun. Unternehmen müssen verstehen, dass sie mit einer solch intensiven Videoüberwachung massiv gegen die Rechte ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstoßen. Videoüberwachung ist ein besonders intensiver Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, da damit theoretisch das gesamte Verhalten eines Menschen beobachtet und analysiert werden kann. Das kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dazu führen, dass die Betroffenen den Druck empfinden, sich möglichst unauffällig zu benehmen, um nicht wegen abweichender Verhaltensweisen kritisiert oder sanktioniert zu werden.“
Auch die immer wieder vorgebrachte, angeblich abschreckende Wirkung der Videoüberwachung rechtfertigt einen dauerhaften und anlasslosen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten nicht.
„Wenn das so wäre, könnten Unternehmen die Überwachung grenzenlos ausdehnen. Die Beschäftigten müssen aber ihre Persönlichkeitsrechte nicht aufgeben, nur weil ihr Arbeitgeber sie unter Generalverdacht stellt“, so Barbara Thiel.
Zur Verhinderung von Diebstählen hat ein Unternehmen zunächst mildere Mittel zu prüfen, beispielsweise die Möglichkeit stichprobenartiger Taschenkontrollen beim Verlassen der Betriebsstätte. Eine Videoüberwachung zur Aufdeckung von Straftaten ist zudem nur rechtmäßig, wenn sich ein begründeter Verdacht gegen konkrete Personen richtet. Ist dies der Fall, kann es zulässig sein, diese zeitlich begrenzt mit Kameras zu überwachen.
Äußerungen von notebooksbilliger
Das Unternehmen hat auf seiner Website Fragen und Antworten zum Verfahren der Landesdatenschutzbehörde veröffentlicht. Darin äußert notebooksbilliger erhebliche Zweifel am fairen Umgang mit dem Unternehmen. Das Bußgeld in Höhe von 10,4 Millionen Euro stehe in keinem Verhältnis zur Größe und Finanzkraft des Unternehmens sowie zur Schwere des vermeintlichen Verstoßes. Daneben wehrt sich das Unternehmen auch vehement gegen die Ansicht der Datenschutzbeauftragten, der Onlinehändler habe systematisch Leistung und Verhalten seiner Mitarbeiter überwacht:
„Zu keinem Zeitpunkt war das Videosystem darauf ausgerichtet, das Verhalten der Mitarbeiter oder deren Leistungen zu überwachen. Das von der Datenschutzbeauftragten suggerierte Klima der Furcht ist eine haltlose Unterstellung und gefährdet unseren Ruf.“
Weiter bemängelt das Unternehmen, dass trotz mehrmaliger Einladung seitens notebooksbilliger kein Mitarbeiter der Behörde in den Lagern oder Versandzentren des Unternehmens mit Mitarbeitern gesprochen hat. Die Behörde habe sich daher weder ein Bild von den Kameras gemacht noch sich über Arbeitsprozesse und die Unternehmenskultur informiert. Folglich habe sich die Behörde nicht wie gesetzlich vorgeschrieben darum bemüht, entlastende Hinweise zu ermitteln, welche eventuell zu einer anderen Beurteilung hätten führen können.
notebooksbilliger betont, dass es voll und ganz hinter der DSGVO steht:
„Datenschutz ist für uns als Online-Händler besonders wichtig. Unsere Kunden können sich darauf verlassen, dass ihre Daten bei uns sicher sind. Wir schätzen und unterstützen daher auch die Arbeit der Aufsichtsbehörden und haben im Laufe des Verfahrens praktisch alle Forderungen der Behörde umgesetzt. Der aktuelle Umgang mit der DSGVO selbst bei geringsten Verstößen verursacht jedoch eine nicht akzeptable Rechtsunsicherheit für Unternehmen und gefährdet somit Arbeitsplätze, den Wirtschaftsstandort Deutschland und die Leistungsfähigkeit des Mittelstands.“
Bußgeldhöhe gerechtfertigt?
10,4 Millionen Euro sind das bisher höchste Bußgeld, welches die Landesdatenschutzbehörde in Niedersachsen unter der DSGVO ausgesprochen hat. Die DSGVO sieht Geldbußen von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes eines Unternehmens vor. Im Jahr 2019 war notebooksbilliger einer der umsatzstärksten Online-Elektronikhändler in Deutschland, mit einem Umsatz von rund 870 Millionen Euro. Die 10,4 Millionen wären also lediglich etwas mehr als 1 Prozent davon.
notebooksbilliger kritisiert jedoch, dass der Umsatz eines Unternehmens nicht die entscheidende Bemessungsgrundlage sein könne. Dieser Ansicht ist auch Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder:
„Das gegen notebooksbilliger verhängte Bußgeld ist nach allem, was sich derzeit sagen lässt, absolut unverhältnismäßig. Dies ist nun der zweite Fall innerhalb kurzer Zeit, in dem einer Datenschutzbehörde offenkundig das rechte Maß bei der Ahndung von Verstößen gegen die DS-GVO abhandenkam. Erst kürzlich ist ein durch den Bundesdatenschutzbeauftragten verhängtes Bußgeld vor Gericht auf ein Zehntel reduziert worden. Die Datenschutzbehörden müssen bei der Verhängung von Bußgeldern mehr Augenmaß entwickeln. Dazu gehören in jedem Fall auch eine Bewertung der Kooperationsbereitschaft des Unternehmens und die Bereitschaft, entdeckte Missstände abzustellen, ebenso wie ein stärkerer Blick auf die wirtschaftliche Leistungskraft des betroffenen Unternehmens. Ein bloßes Abstellen auf den Umsatz birgt die Gefahr, Unternehmen mit geringen Margen über Gebühr zu belasten. Das unter den deutschen Aufsichtsbehörden abgesprochene Bußgeldkonzept hat einen Konstruktionsfehler, weil der Umsatz und nicht die Ertragslage eines Unternehmens als Bemessungsgrundlage eines Bußgeldes herangezogen wird.“
Es bleibt abzuwarten
Die anstehende gerichtliche Auseinandersetzung und Entscheidung bleiben abzuwarten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Entscheidung weitere hilfreiche Informationen hinsichtlich der Möglichkeiten und Grenzen einer Videoüberwachung enthalten wird. Aussagen zur Bußgeldbemessung durch Behörden wären aufgrund der herrschenden Unklarheiten ebenfalls wünschenswert. Unternehmen sollten jedoch bereits jetzt ihre Videoüberwachung so ausgestalten, dass es zu keiner Dauerüberwachung von Beschäftigten kommt und im Vorfeld mildere Mittel dokumentiert prüfen.
Das Bussgeld ist schmerzhaft. Und Umsatz sagt nichts über Ertrag aus. Alles richtig, ABER ein Unternehmen dieser Größe hat einen Darenschutzbeauftragten verpflichtend bestellt. Und es hat ein Verzeichnis der Verarbeitungstätgkeit zu führen. Dort wird die Rechtsgrundlage defeniert. Und bereits da hätte dem Verantwortlichen und dem Datenschutzbeauftragten klar sein müssen, dass es an der Rechtsgrundlage fehlt. Alle Aussagen zur Absicht der Videoaufnahmen seitens des Unternehmens sind in meinen Augen dummes Geschwätz eines „bei der tat überführten“. – Warum sollte sich die Behörde die Kameras anschauen? Was ändert es am Tatbestand. Und wenn die Konsequenz den Standort Deutschland gefährdet, ist auch die Aussage falsch, denn es ist eine europäische Verordnung. Viel Spaß in China…..
Die oft übermäßige Höhe der Bußgelder wurzelt im Datenschutzkonzept der DSK. Eine Zusammenfassung mit Kritik im Hinblick auf das Datenschutzkonzept der DSK findet man hier auf S. 14 und 15 in brak-mitteilungen.de/flipbook/magazin/
die so genannten Datenschutzbeauftragten des LfD Niedersachsen sind keine Amtsträger, weil sie ihre Anzeigepflicht gegen die Bundesregierung verletzen ( §§ 138, 129 a Abs. 5 StGB; Beispiel: CIA Folterreport des US- Senats ) Amträger müssen verfassungs- und gesetzestreu sein – dienstlich wie außerdienstlich (( BsVerfG v. 22.05.1975, Az.: 2 BvL 13/73; für Beamte: 2 BvR 1738/12, 2 BvR 1395/13, 2 BvR 1068/14, 2 BvR 646/15 vom 12.06.18 ( Verbot des ‚Rosinenpickens‘ )). Art. 41 GRCh
Die momentane Praxis bei der Verhängung von Bußgeldern (sehr hohe Strafgelder, die in der nächsten Instanz tw. deutlich reduziert werden) führt zu einer erheblichen Unsicherheit. Insbesondere eine valide Risikobewertung der Prozesse und Verfahren ist ja kaum noch möglich. Der Worst Case führt zwangsläufig zu Risiken, die in den Risiko-Matrizen „rot“ werden, einen Credible Worst Case zu ermitteln ist derzeit schwierig.