Seit dem 2. Februar 2025 sind erste Teile der KI-Verordnung anwendbar. Die derzeitige Bundesregierung hat zwar schon verkündet, dass die Bundesnetzagentur die Marktüberwachung übernehmen soll. Das ist aber noch nicht in die Tat umgesetzt worden. Der Artikel beleuchtet, welchen zeitlichen Rahmen die KI-Verordnung steckt und geht auf Kritik an den Plänen der Bundesregierung ein.
Der Inhalt im Überblick
Noch ist Deutschland im Zeitplan
Die gute Nachricht vorab: Es ist noch Zeit. Das mag paradox erscheinen, weil die KI-Verordnung in Teilen bereits seit dem 2. Februar 2025 Anwendung findet. Aber die Mitgliedsstaaten müssen erst bis zum 2. August 2025 ihre Marktüberwachungsbehörden benennen. Das folgt aus Art. 113 Abs. 3 lit. b) KI-Verordnung i.V.m. Art. 70 Abs. 1 KI-Verordnung. Obwohl damit noch ein knappes halbes Jahr Zeit ist, gibt es mehrere Hürden zu bewältigen. Denn das vorgesehene Gesetz zur Durchführung der KI-Verordnung wird in dieser Legislaturperiode nicht mehr verabschiedet werden. Außerdem gibt es an dem Entwurf dieses Gesetzes inhaltliche Kritik. Diese ist auch aus Sicht des Datenschutzes interessant.
Kein Durchführungsgesetz mehr in dieser Legislaturperiode
Im September 2024 hatte die Bundesregierung verlauten lassen, dass die Bundesnetzagentur als Marktüberwachungsbehörde für die Zwecke der KI-Verordnung zuständig sein wird. Deren Einsetzung erfolgt über ein Gesetz zur Durchführung der KI-Verordnung. Was allerdings bemerkenswert ist: Bis dato liegt hierzu lediglich ein im Januar bekanntgewordener Referentenentwurf vor.
Die Bundesregierung hatte, ebenfalls im September 2024, in der Antwort auf eine kleine Anfrage zur nationalen Umsetzung der KI-Verordnung in Deutschland angegeben:
„Die Kabinettbefassung für ein Durchführungsgesetz zur Umsetzung der KI- Verordnung ist für das erste Quartal 2025 vorgesehen.“
Bisher hat aber eine solche Kabinettsbefassung nicht stattgefunden. Das Gesetzgebungsverfahren steckt also noch in den Kinderschuhen. In dieser Legislaturperiode wird kein Gesetz zur Durchführung der KI-Verordnung mehr verabschiedet werden.
Kritik des HmbBfDI an der Verfassungs- und Europarechtsmäßigkeit
Theoretisch könnte die nächste Bundesregierung den bestehenden Referentenentwurf übernehmen und durch das Kabinett winken, der Bundestag könnte das Gesetz dann verabschieden. Es ist aber zweifelhaft, ob das ratsam ist.
Prominente Kritik an dem vorliegenden Gesetzesentwurf übt der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Thomas Fuchs. In einem Statement auf LinkedIn sagte er:
„ (…) der Entwurf [ist] m.E. sowohl verfassungs- als auch europarechtswidrig.“
Dabei bezieht er sich auf zwei Kritikpunkte an dem Entwurf:
- Die Bundesregierung hat die Bundesnetzagentur als zentrale Behörde für die Zwecke der KI-Verordnung benannt und die Wünsche der Datenschutzbehörden, diese Rolle zu übernehmen, nicht erhört. Was dabei untergegangen zu sein scheint: Art. 74 Abs. 8 KI-Verordnung schränkt für gewisse Fälle die Auswahl an Marktüberwachungsbehörden ein. Die Vorschrift sieht vor, dass für Hochrisiko-KI in bestimmten Bereichen (u.a. Strafverfolgung und Justiz) entweder die Datenschutzaufsichtsbehörden zuständig sein müssen, oder eine Behörde, die die Anwendung der Richtlinie zum Datenschutz für Justiz und Inneres (Richtlinie (EU) 2016/680) überwacht hat. Hier kommt die Bundesnetzagentur zwar ganz periphär vor (vgl. Art. 89 Nr. 6 Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU). Fuchs bezieht sich aber darauf, dass es im Wesentlichen um die Expertise der Datenschutzbehörden gehe.
- Das Grundgesetz schützt in Art. 30 die sogenannte „Eigenstaatlichkeit der Länder“. Wenn eine Bundesbehörde (hier die Bundesnetzagentur) durch ihre Befugnis zur Marktüberwachung Landesverwaltungen beaufsichtige (z. B. Hochschulen, Landespolizei), dann berühre das diese Eigenstaatlichkeit.
Die neue Bundesregierung muss zügig handeln
Die Kritik an dem vorliegenden Durchführungsgesetz zur KI-Verordnung ist nicht von der Hand zu weisen. Unklar ist, wie schnell und wie weit die neue Bundesregierung den bestehenden Entwurf übernehmen bzw. abändern wird und wie schnell das Gesetz dann auf den Weg gebracht werden kann. Es ist wichtig, dass Deutschland eine ordnungsgemäße KI-Marktüberwachung sicherstellt und zeitlich nicht in Verzug gerät. Bei allen anderen, drängenden Themen sollte die neue Bundesregierung auch dieses To-Do unbedingt auf dem Plan haben.